EU: Gesundheitsschutz gilt auch im B2B-Bereich

Gesundheit steht an erster Stelle – auch beim Europäischen Gerichtshof. In einem neuen Urteil stellt der EuGH klar, dass gesundheitsbezogene Vorschriften auch im Unternehmer-Bereich gelten.

Brüssel, 06.09.2016 – Das europäische Recht ergänzt die Verbraucherrechte – auch in Deutschland. Im Jahre 2007 trat die sogenannte Health-Claims-Verordnung in Kraft. Ein Regelwerk, das auf gesundheitsbezogene Aussagen auf Produkten („Health-Claims“) angewandt wird. Seitdem bestehen strenge Vorschriften hinsichtlich der Werbung und Kennzeichnung von Lebensmitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln.

Vom Verbraucher zum Unternehmen

Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben kann ein Hersteller nur treffen, wenn sie durch die Health-Claims-Verordnung ausdrücklich zugelassen sind und den Nährwertprofilen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) entsprechen.Dass die Verbraucherrechte auch im Verhältnis zwischen Unternehmern ihre Gültigkeit haben, stellte nun der EuGH in einer seiner jüngsten Entscheidungen klar.

Schutzrichtung der Verordnung ist vor allem der Verbraucher. Dieser soll vor unzutreffenden Produktaussagen geschützt werden. Deshalb wird in den darauffolgenden Vorschriften immer wieder auf den Verständnishorizont des Verbrauchers abgestellt. Unternehmer werden an keiner Stelle explizit erwähnt. Grundsätzlich könnte man die Verordnung daher als reine verbraucherschützende Regelung verstehen. Doch weit gefehlt, wie der EuGH feststellte.

Der Fall

Im Ausgangsfall wandte sich der Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln, die Innova Vital, persönlich an eine Reihe von Ärzten. In einem Schreiben stellte das Unternehmen eines seiner Produkte vor – ein Nahrungsergänzungsmittel mit einem hohen Vitamin D3 Gehalt. Auch der gesunde Nutzen von Vitamin D3 war Bestandteil der Werbeaktion.

Was in den Fachkreisen zur Kenntnis genommen wurde, wollte ein Verbraucherschutzverband nicht hinnehmen. Der Verband für sozialen Wettbewerb sah im Produkt eine unzulässige Angabe nach der Health-Claims-Verordnung. Im Rechtsstreit erklärte Innova Vital vor dem zuständigen deutschen Gericht, dass die Vorschriften der Health-Claims-Verordnung nicht anwendbar seien. Vielmehr sei das Schreiben an Ärzte – also Fachkreise – gerichtet worden. Deshalb seien verbraucherschützende Vorschriften auch nicht zur Anwendung gekommen.

EuGH bekräftigt Gesundheitsschutz

Das mit dem Verfahren im Ausgangsfall betraute Gericht wandte sich mit der Frage der Anwendbarkeit der Health-Claims-Verordnung an den EuGH. Dieser bestätigte die Beschwerde des klagenden Verbandes. So sei Hauptschutzzweck der Verordnung der Gesundheitsschutz.

Zwar spreche der Geltungsbereich der Verordnung, welcher „kommerzielle Mitteilungen“ aber eben keine Mitteilungen an Fachkreise nennt, gegen die Anwendbarkeit im vorliegenden Fall. Dennoch bestünde die Gefahr, dass die Ärzte als Adressaten des in Frage stehenden Schreibens nicht über ausreichende Sachkenntnis verfügen, die gesundheitsbezogene Angabe zu prüfen. Auch Ärzte könnten somit in die Irre geleitet werden.

Dies hätte auch Auswirkungen auf den Verbraucher, da die Ärzte im Anschluss zu den falschen gesundheitsbezogenen Aussagen „völlig gutgläubig“ an die Verbraucher weitergeben könnten. Da Ärzte ein gewisses Vertrauen beanspruchten, würde die Gefahr der Irreführung der Verbraucher gleichviel größer wiegen. In kommerziellen Mitteilungen an Fachkreise müssten also auch die Regeln der Health-Claims-Verordnung angewandt werden.

Fazit

Nicht einmal verklausuliert bringt der EuGH zum Ausdruck, dass auch fachlich vorgebildete Adressaten von gesundheitsbezogenen Aussagen „hinters Licht“ geführt werden können, wenn die Aussagen nicht vorab durch die zuständige EU-Zulassungsstelle geprüft und genehmigt wurde. Die Vorschriften der Health-Claims Verordnung müssten daher auch im B2B Bereich Anwendung finden – zumindest, wenn die in Frage stehenden Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel letztendlich beim Verbraucher landen sollen.

Dieser grundsätzliche Verdacht könnte darüber hinaus auch erheblichen Einfluss auf Verbandsmedien haben, in denen gesundheitsbezogene Aussagen getroffen werden. Ein Blick in die einschlägigen Vorschriften der Health-Claims-Verordnung sowie eine Rückfrage beim Lieferanten könnte daher bereits die notwendige Aufklärung verschaffen.

In Zweifelsfällen steht Ihnen DER MITTELSTANDSVERBUND gerne mit weitergehenden Informationen zur Seite.

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