EU-Kommission stellt Pakt zur besseren Rechtsetzung vor

EU-Recht soll Wirtschaft und Bürger eigentlich nicht zusätzlich belasten. Eine Binsenwahrheit, die leider häufig allerdings nicht der Realität entspricht. EU-Kommissionspräsident Juncker will es besser machen und stellte am 27. Mai seinen Fahrplan vor.

Brüssel, 27.05.2015 — "Diese Kommission ist entschlossen, das zu ändern, was die Union tut und wie sie es tut. Bessere Rechtsetzung gehört deswegen zu unseren Hauptprioritäten. Wir nehmen die Sorgen von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Unternehmen, insbesondere KMU, ernst, dass Brüssel nicht immer Vorschriften erlässt, die sie verstehen oder anwenden können." Große Worte des ersten Kommissions-Vizepräsidenten, Frans Timmermanns.

Der Niederländer Timmermanns ist der Dirigent für bessere Rechtsetzung. Seit seinem Amtsantritt im vergangenen Jahr überprüfen seine Untergebenen alle Rechtsbereiche der Europäischen Union auf mögliche Verbesserungen, Kürzungen oder gar Streichungen. Auf seine Initiative hin könnte auch noch vor dem Sommer der Vorschlag für eine Richtlinie über den Mutterschutz, die derzeit noch im Rat diskutiert wird, zurückgenommen werden.

Als Kommissar für bessere Rechtsetzung muss zudem jeder neue Vorschlag über seinen Schreibtisch. Doch damit nicht genug: Timmermanns sieht auch Optimierungspotential in dem Rechtsetzungsverfahren an sich. Aus diesem Grund stellte er am 19. Mai die neue Strategie der Kommission zur besseren Rechtsetzung vor.

Ein wichtiger Punkt ist die bessere Einbindung der Öffentlichkeit in den europäischen Gesetzgebungsprozess. So soll neben den Konsultationen, die bereits jetzt vor jedem Gesetzgebungsverfahren stehen, auch nach der Präsentation neuer Rechtsakte die Öffentlichkeit befragt werden müssen.

Gleichzeitig wird der Anwendungsbereich auf Durchführungsrechtsakte der Kommission erweitert. Diese sind mit den deutschen Rechtsverordnungen vergleichbar. Sie werden meist alleine von der Kommission erlassen und enthalten Detailregelungen zu einzelnen Europäischen Rechtsakten. Gerade in diesem Bereich möchte die Kommission zukünftig von der Expertise der jeweiligen Interessenvertreter profitieren.

Zudem hat die Kommission eine Art "Kummerkasten" eingerichtet; Auf einer eigens erstellten Homepage kann jedermann zukünftig zu jedem Gesetz oder Gesetzesvorhaben seine Meinung äußern.

Auch die Zusammenarbeit mit den anderen EU-Institutionen soll neu gestaltet werden. So möchte sich die Kommission zukünftig dazu verpflichten, Aufforderungen von Rat und EP zum Erlass bestimmter Gesetze ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Rechtlich ist die Kommission derzeit nicht verpflichtet, auf entsprechende Eingaben zu reagieren.

Rat und EP sollen zudem eigene Folgenabschätzungen durchführen, wenn sie wesentliche Änderungen an einem Kommissionsvorschlag vornehmen. Wo das Personal hierzu herkommen soll, verschweigt die Mitteilung hingegen.

Konkrete Vorschläge für bessere Rechtsetzung enthält die Strategie entgegen nicht. Auch die oftmals bemängelten informellen Verhandlungen von Rat, Kommission und EP – der sogenannte Trilog – wurde in dem Papier nicht abgehandelt. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Nun sollen Rat und EP diese im besten Fall bis Ende des Jahres annehmen.


Weitere Informationen:

Download: Bessere Ergebnisse durch bessere Rechtsetzung - Eine Agenda der EU
EuGH zur Rücknahme von EU-Rechtsakten

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