EU legt Aktionsplan gegen Steuerflucht von Konzernen vor

Die EU-Kommission verstärkt ihre Bemühungen gegen die Steuerflucht von Konzernen. Am 18. Juni stellte sie einen "Aktionsplan für eine faireres System der Konzernbesteuerung in der EU" vor. Der Plan sieht eine einheitliche Unternehmensbesteuerung vor.

Brüssel, 19.06.2015 — Nach der sogenannten Luxemburg-Leaks-Affäre verstärkt Brüssel seine Bemühungen gegen die Steuerflucht von Konzernen. Künftig sollen in der EU die gleichen Regeln gelten, was Konzerne als Kosten in den Steuererklärungen absetzen dürfen und was nicht. Die Kommission wird außerdem erstmals eine offizielle Liste mit 30 Steueroasen veröffentlichen. Sie umfasst nur Länder, die nicht in der EU sind.

Steueroase Europäische Union?

"Es ist wie die Quadratur des Kreises: Der Binnenmarkt bietet in einer nie da gewesenen Art und Weise die Möglichkeit für Unternehmen, frei im europäischen Binnenmarkt zu agieren. Diese Freiheit wird jedoch teilweise dazu ausgenutzt, Geschäftsmodelle und die damit verbundene Frage der Niederlassung von den Steuersätzen und –praktiken in den einzelnen Mitgliedstaaten abhängig zu machen", erklärt Tim Geier, Leiter des MITTELSTANDSVERBUND-Büros in Brüssel die schwierige Situation.

Denn es geht auf der anderen Seite auch darum, Unternehmen durch Vereinfachungen und Klarstellungen von nationalen und europäischen Vorschriften zu entlasten. So sind viele Unternehmen von einer unnötigen Doppelbesteuerung sowie hohem bürokratischem Aufwand betroffen.

Damit soll jetzt Schluss sein: Die Kommission stellte am 18. Juni ein Maßnahmenpaket vor, mit dem sie gleiche Ausgangsbedingungen für alle Unternehmen in den Mitgliedstaaten schaffen will.

Gemeinsame Bemessungsgrundlage für Körperschaftsteuer

Schon 2011 hatte die EU-Kommission einen Vorschlag zu einem gemeinsamen System zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage für Unternehmen vorgelegt. Die Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) umfasst einheitliche Regeln, die in der Europäischen Union tätige Unternehmen zur Berechnung ihrer steuerpflichtigen Gewinne anwenden können. Der Rat der EU konnte sich bislang allerdings nicht auf einen Kompromiss einigen. Die Kommission will deshalb einen neuen Vorschlag ausarbeiten, der die Kritikpunkte des Rates berücksichtigt.

Der neue Vorschlag soll die gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer verpflichtend einführen – bislang sollte dies nur auf freiwilliger Basis geschehen. Außerdem sollen detaillierte Regelungen zur Verlustrechnung grenzüberschreitend tätiger Unternehmen eingeführt werden.

Gewinne da besteuern, wo sie anfallen

Wie die Kommission erklärt, bestehen aktuell zu viele Schlupflöcher für Unternehmen, die durch das Verschieben von Vermögen zwischen grenzüberschreitend tätigen Unternehmen, ihre Gesamtsteuerlast drücken. Durch sogenannte "Patentboxen" übertragen Unternehmen etwa Nutzungsrechte auf Unternehmensteile in einen Mitgliedstaat mit geringer Steuerlast. Dieses Prozedere kann nach geltendem Recht legal zu einer erheblich niedrigen Steuerlast führen.

Mit der Anpassung des seit 1997 zwischen den Mitgliedstaaten ausgehandelten Kodex zur Unternehmensbesteuerung, sowie einer Verstärkung und Verbesserung der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten untereinander, sollen ähnliche Praktiken künftig nicht mehr möglich sein. Im besten Fall sollen Gewinne in dem Mitgliedstaat versteuert werden, in dem die tatsächliche Wertschöpfung erfolgt.

Vermeidung von Doppelbesteuerung

Laut EU-Kommission haben aggressive Steuervermeidungsstrategien auch Gegenspieler: viele Unternehmen bezahlen für die gleiche Wertschöpfung in mehreren Mitgliedstaaten Steuern – werden also doppelt besteuert. Um das zu vermeiden, haben einige Mitgliedstaaten bereits bilaterale Abkommen geschlossen. Die Verfahren, die in diesen Fällen angewendet werden, sind aber komplex und langwierig. Deswegen will die EU-Kommission im Sommer 2016 einen Vorschlag zur Überarbeitung dieser Systeme präsentieren.

Gemeinsamer Ansatz für Drittstaaten

Viele Unternehmen sind nicht nur im EU-Binnenmarkt aktiv. Deswegen will die Kommission auch die internationale Komponente der Steuerpolitik in den Vordergrund rücken. Sie fordert die Mitgliedstaaten auf, enger zusammenzuarbeiten, um eine Austrocknung der Steuereinnahmen in der EU zu vermeiden.

Nach dem Motto "Naming and Shaming" hat die Kommission eine Plattform eingerichtet, auf der die Mitgliedstaaten vermeintliche Steueroasen aufdecken können.

"Der Erfolg des Maßnahmenpakets hängt von der Reaktion der Mitgliedstaaten ab", so der EU-Experte Geier. So hatte sich auch Deutschland etwa kritisch zur gemeinsamen Bemessung der Körperschaftsteuer geäußert.


Weitere Informationen:

EU-Kommission will Steuerschlupflöcher schließen

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