EU-Parlament legt Jahreswettbewerbsbericht vor

Das Fazit ist eindeutig: Alles muss gerechter werden. So sieht es jedenfalls das Europäische Parlament im neuen Jahreswettbewerbsbericht. Für den kooperierenden Mittelstand stehen viele Themen auf der Agenda.

Brüssel, 21.02.2016 – Freier Wettbewerb, gerechte Vergabe durch öffentliche Verwaltung, Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen: Die Bewertung der EU-Wettbewerbspolitik, die das Europäische Parlament am 14. Februar bei der Vorstellung des diesjährigen Jahreswettbewerbsberichts vornahm, scheint wenig überraschend. Trotzdem scheinen die Europaabgeordneten eines verstanden zu haben: Die Herausforderungen des digitalen Binnenmarktes und deren Auswirkungen auch auf den Handel mit Drittländern sind nicht mehr wegzudenken, auch für den kooperierenden Mittelstand.

Das Europäische Parlament bewertet und kommentiert jährlich den Status Quo der EU-Wettbewerbspolitik. Regelmäßig verstehen die Abgeordneten den Begriff „Wettbewerb“ dabei sehr weit: von Vergabe- über Beihilfen- bis hin zum Kartellrecht stellt der Jahreswettbewerbsbericht dabei einen Querschnitt durch die gesamte Brüsseler Politik dar.

Öffentliche Aufträge für Mittelständler bald schwieriger

Neben den „Klassikern“ finden sich in diesem Jahr neue Themenfelder auf der Agenda des Berichts. Stärker als sonst kamen Aspekte wie Umweltschutz, Energieeffizienz und Schutz der Arbeitnehmer zur Geltung. Die Wettbewerbspolitik der EU weise dabei ein großes Potential auf, wenn es um die Förderung dieser Standards ginge – so die Einschätzung der Europaabgeordneten.

Die Forderungen zielen vor allem auf eine entsprechende Ausrichtung der Ausschreibungs-Strategien der öffentlichen Verwaltungen ab. Die Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge wurden unlängst auf EU-Ebene angepasst und sehen nunmehr auch Mechanismen vor, die eingangs erwähnten Faktoren stärker zu berücksichtigen.

Allerdings ist zu befürchten, dass Bewerbungen auf öffentliche Aufträge zukünftig schwieriger werden – gerade für mittelständische Unternehmen. Eine abschließende Bewertung ist hingegen erst mit vollständiger Umsetzung der EU-Vorschriften möglich.

Digitalisierung

Als „Quasi-Klassiker“ hat sich die Digitalisierung als festes Thema in den Jahreswettbewerbsbericht etabliert. Die Erkenntnis: Niedrigere Verbraucherpreise sollten nicht alleine Zielsetzung europäischer Wettbewerbspolitik sein. Vielmehr sollte die Brüsseler Politik auch die Innovationsfähigkeit und Innovationstätigkeit der europäischen Wirtschaft im Fokus behalten.

DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt diese Einsicht des Parlaments und weist gleichzeitig darauf hin, dass mit einer Öffnung der Möglichkeiten mittelständischer Kooperationen bezüglich ihrer internen Koordinierung beides geschaffen werden kann: ein Mehrwert für Verbraucher und innovative Unternehmen.

Weiterhin spricht der Bericht das Thema Geoblocking an. Die Europäische Kommission solle ehrgeizige Schritte zur Beseitigung von nicht gerechtfertigten Hindernissen im Onlinewettbewerb setzen, um den europäischen Verbrauchern ungehinderte Onlineeinkäufe bei Händlern in einem anderen Mitgliedstaat zu ermöglichen. Dem Bericht nach bestehen im Binnenmarkt nach wie vor ungelöste Barrieren, die es abzubauen gilt.

DER MITTELSTANDSVERBUND plädiert daher für eine Bearbeitung bzw. einen Abbau zunächst der bestehenden Hindernisse und erst anschließend die Befassung mit dem Thema Geoblocking. Mittelständische Kooperationen können zwar den Eintritt in den E-Commerce für ihre Mitglieder erleichtern, sie können jedoch nicht die Risiken eines Verkaufs in andere EU-Mitgliedstaaten, allen voran die unterschiedlichen Rechtsordnungen, lindern. Hier muss die EU mutiger werden, um eine Stagnation auch des digitalen Binnenmarkts zu verhindern.

Handelspolitik

Schließlich setzen sich die Europaabgeordneten für ambitioniertere Handelsabkommen ein, die auch das Thema Wettbewerbsrecht umfassen sollen. DER MITTELSTANDSVERBUND hatte dies bereits seit langem gefordert. Gerade in Zeiten von E-Commerce stehen sich Unternehmer aus unterschiedlichen Rechtssystemen – und damit auch unterschiedlichen Möglichkeiten der Unternehmensgestaltung und des Marketings – im Internet direkt gegenüber. Vorteile werden daher längerfristig Unternehmen haben, die Regime aus liberaleren Rechtstraditionen haben. Hier gilt es, einen möglichst umfassenden Konsens zu finden.

Fazit

Neben Allgemeinplätzen sprechen die Europaabgeordneten auch für den kooperierenden Mittelstand wichtige Themen an. Die Diskussion um neue Regeln gerade für den E-Commerce werden noch dieses Jahr an Fahrt aufnehmen. Zunächst in Form der im Frühjahr erwarteten Halbzeitbewertung der Digitalen Agenda der Kommission. Zudem zeigt der Bericht sehr deutlich, dass die Abgeordneten mehrheitlich für neue Regelungen im Bereich unlauterer Geschäftspraktiken stehen.

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