EuGH sagt Kunden-Hotlines den Kampf an

Dürfen die Kosten der Kundendienstnummern höher sein, als die eines gewöhnlichen Anrufs? Nein, sagt nun ein Generalanwalt vor dem Europäischen Gerichtshof.

Brüssel, 23.11.2016 - Wir kennen das alle: kostenpflichtige Hotlines. Wenn eine Nummer mit 0180 beginnt, wissen wir, dass man sich besser kurz fassen sollte. Denn ansonsten drohen hohe Kosten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) beschäftigt sich aktuell mit der Frage, ob für Anrufe eines Verbrauchers bei Service-Hotlines im Zusammenhang mit einem geschlossenen Verbrauchervertrag erhöhte Gebühren verlangt werden können.

Hintergrund

Im Ausgangsverfahren verwendete das Unternehmen comtech eine Service-Hotline, bei der Kosten anfallen, die höher liegen, als die gewöhnlichen Kosten aus dem Festnetz- oder Mubilfunknetz. Dagegen klagte die „Zentrale zur Bekämpfung von unlauterem Wettbewerb“ Frankfurt am Main auf Unterlassung dieser vermeintlich unlauteren Geschäftspraktik. Das angerufene Landgericht hat dem Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher der Anwendung eines derartigen Tarifs entgegensteht.

Die Auffassung der Antragstellerin teilt auch der Generalanwalt Maciej Szpunar, wie aus seinen nun veröffentlichten Schlussanträgen hervorgeht. Der EuGH wird bei seiner Arbeit von acht Generalanwälten unterstützt. Diese erstellen unabhängig und unparteilich Rechtsgutachten ("Schlussanträge"), an die der EuGH nicht gebunden ist, denen er aber meist folgt.

Grundtarif ist zu beachten

Szpunar weist darauf hin, dass in diesem Zusammenhang die Richtlinie über die Rechte von Verbrauchern beachtet werden müsse. Nach der Richtlinie müssten die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass ein Verbraucher nicht verpflichtet ist, mehr als den „Grundtarif“ zu zahlen, wenn der Unternehmer eine Telefonleitung für die Kontaktaufnahme im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag eingerichtet hat.

Problematisch: Das EU-Recht definiert den Begriff des „Grundtarifs“ bisher nicht weiter. Eine Auslegung ist deshalb schwierig. Der Generalanwalt ist aber der Auffassung, dass das dem Verbraucher in Rechnung gestellte Entgelt nicht höher sein darf als das Entgelt für einen gewöhnlichen Anruf zum marktüblichen Preis. Daher dürfen dem Verbraucher keine höheren Kosten entstehen als die üblichen Kosten, die ihm für einen Anruf zu einer gewöhnlichen (geografischen) Festnetz- oder Mobilfunk-Nummer entstanden wären.

Der Unternehmer habe es regelmäßig in der Hand, zu bestimmen, welche Telefonverbindung er zur Abwicklung von Verbraucherverträgen bereitstellt. Grundsätzlich entstünden dem Unternehmer für eine Telekommunikation mit dem Verbraucher keine Kosten. Es zahlt zunächst nur der Verbraucher.

Abschreckungsmodell Service-Hotline?

Wählt der Unternehmer dagegen eine besondere Telefonleitung aus, für deren Nutzung höhere als die marktüblichen Verbindungsentgelte anfallen, so bestünde hingegen die Gefahr, dass der Verbraucher aus Gründen der Sparsamkeit zum eigenen Nachteil den telefonischen Kontakt mit dem Unternehmer meide, da ihm hierdurch zusätzliche Kosten entstehen würden.

Kostenpflichtige Service-Hotlines hätten daher einen gewissen Abschreckungseffekt. Hingegen folge aus der Systematik der Richtlinie über Verbraucherrechte, dass für telefonische Service-Dienste die unwiderlegbare Vermutung gelte, dass diese bereits im Kaufpreis enthalten seien. Eine weitere Abrechnung durch hohe Telefongebühren stelle daher eine doppelte Abrechnung einer Leistung dar.

MITTELSTANDSVERBUND empfiehlt Vorbereitung

Der Generalanwalt stellte außerdem fest, dass die Frage, ob der Unternehmer einen Teil des vom Verbraucher entrichteten Entgelts erhält oder nicht, für die von ihm vorgeschlagene Antwort ohne Bedeutung ist.

Der EuGH wird in Kürze sein Urteil fällen. Es ist zu erwarten, dass er sich der Auffassung des Generalanwalts anschließen wird. Damit könnten bald alle Service-Hotlines, die der Abwicklung eines Verbraucher-Vertrags dienen, unzulässig sein. DER MITTELSTANDSVERBUND empfiehlt Verbundgruppen deshalb, sich auf die bevorstehende Neuerung vorzubereiten.

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