Kartellverfahren: EU geht gegen VISA und MasterCard vor

Die Gebührenpolitik von MasterCard und Visa schadet dem Einzelhandel. Nun startet die Europäische Kommission ein Kartellverfahren. Verbundgruppen können dabei helfen.

Brüssel, 09.09.2016 - Unrechtmäßige Absprachen von MasterCard und VISA haben erheblichen Einfluss auf den Einzelhandel. Die Generaldirektion (GD) Wettbewerb der Europäischen Kommission befasst sich deshalb erneut mit den Bankgebühren, die Einzelhändlern bei Kreditkartenzahlungen (z. B. mit einer MasterCard) entstehen.

Mit einem neuen Kartellrechtsverfahren prüft die Behörde nun die Absprachen der Kartensysteme. Auch Unternehmer können dabei helfen. Der europäische Dachverband der Verbundgruppen, Independent Retail Europe, dem auch DER MITTELSTANDSVERBUND angehört, bittet deshalb um Mithilfe.

Hintergrund

Zuletzt endeten die Ermittlungen der GD Wettbewerb in einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dieser befasste sich 2014 mit den Kartengebühren, die MasterCard und VISA beim Einkauf im EU-Ausland erheben. Die Kreditkartenanbieter stehen dabei im Verdacht, unrechtmäßige Absprachen mit den an ihrem System teilnehmenden Banken getroffen zu haben – eine typische verbotene Vorgehensweise aus kartellrechtlicher Sicht.

Auch der EU-Gesetzgeber hat auf diese vormals bestehende Lage reagiert. So bestehen hinsichtlich der Interbankentgelte im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr feste Obergrenzen, die durch die Verordnung 2015/751 im letzten Jahr festgesetzt wurden.

Nicht-EU-Kunden kommen Einzelhandel teuer

Im Fokus der europäischen Wettbewerbsbehörde stehen aktuell die interregionalen Interbankenentgelten und das grenzüberschreitende Annehmen und Abrechnen („Acquiring“). Als Interbankenentgelte gelten Gebühren, die zwischen dem annehmenden und abrechnenden sowie ausgebenden Zahlungsdienstleister, der einem bestimmten System angehört (z.B. MasterCard), vereinbart werden. Die Interbankenentgelte machen einen guten Teil der Händlergebühren aus. Doch von der Verordnung 2015/751 sind sie bisher ausgenommen.

Es handelt sich um (häufig besonders hohe) Gebühren, die bei Zahlungen mit Kreditkarten aus Nicht-EU-Ländern fällig werden. Ein typisches Beispiel ist ein japanischer Tourist, der im Berliner Einzelhandel mit seiner MasterCard bezahlt. Häufig betroffen von den interregionalen Interbankenentgelten sind auch Einzelhändler in Grenzregionen der EU, beispielsweise der Schweiz.

Die Mehrausgaben, die dem Einzelhandel durch interregionale Interbankenentgelte entstehen, hält die Kommission für gravierend. Von einer weiteren Senkung der Interbankenentgelte verspricht sich die Europäische Kommission nicht zuletzt eine niedrigere Kartengebühr für die Verbraucher.

Wettbewerbseinschränkung schafft Mehrausgaben

Das grenzüberschreitende Annehmen und Abrechnen (Acquiring) bezeichnet wiederum die Möglichkeit für Einzelhändler, Kreditkartenzahlungen von Banken in anderen EU-Mitgliedstaaten bearbeiten zu lassen – etwa denjenigen, in denen die Interbankenentgelte am niedrigsten sind. Kreditkartengesellschaften wie MasterCard wissen dies aber bislang zu unterbinden. Der EU-weite Wettbewerb zwischen Banken ist dadurch eingeschränkt – und dem Einzelhandel entstehen Mehrausgaben.

In dem aktuellen Kartellverfahren fehlt es nun an Informationen des Einzelhandels. Unklar ist, inwieweit sich interregionale Interbankenentgelte auf die Preisgestaltung auswirken. Bleibt es dabei, ist es weniger wahrscheinlich, dass die Kreditkartengesellschaften gezwungen werden,

  • die interregionalen Interbankenentgelte zu senken und
  • grenzüberschreitendes Acquiring zu ermöglichen.

Deshalb sind im Zuge des Verfahrens auch mittelständische Unternehmen gefragt. Denn die Untersuchung der Kommission schafft eine wichtige Chance, die Ausgaben des Einzelhandels im Zusammenhang mit Kreditkartenzahlungen weiter zu reduzieren. Schafft es die Kommission nicht, unrechtmäßige Absprachen aufzudecken, könnte das Potential also ungenutzt bleiben.

Independent Retail Europe und DER MITTELSTANDSVERBUND bitten daher um Ihre Mithilfe bei der Tatsachenfindung. Hat Ihre Verbundgruppe oder Anschlusshäuser ihrer Kooperation Beispiele für interregionale Kartenzahlungen und deren Kosten, dann senden Sie diese bitte zu. Die Antworten der europäischen Unternehmen werden im Anschluss durch Independent Retail Europe gebündelt und an die Europäische Kommission übermittelt. DER MITTELSTANDSVERBUND wird über die weiteren Entwicklungen informieren.

Seite drucken

Ansprechpartner

Tim GeierDER MITTELSTANDSVERBUND
Tim Geier Geschäftsführer Büro Brüssel Mehr Infos
DER MITTELSTANDSVERBUND
E-Mail schreiben
Zurück zur Übersicht