Kommission veröffentlicht Empfehlungen zur Wettbewerbsfähigkeit des Einzelhandels

Die EU-Kommission hat den Abschlussbericht der Hochrangigen Gruppe für Wettbewerbsfähigkeit im Einzelhandel veröffentlicht. Er beinhaltet Empfehlungen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in den Bereichen E-Commerce, KMU, Innovation und Beschäftigungsbedingungen.

Brüssel, 07.08.2015 — Nach zwei Jahren hat die Hochrangige Gruppe für Wettbewerbsfähigkeit ihren Abschlussbericht vorgelegt. Die Experten formulieren darin ihre Empfehlungen an die EU-Kommission zu künftigen europäischen Gesetzen, die den Einzelhandel betreffen. Für den MITTELSTANDSVERBUND wurde Günter Althaus, Vorsitzender des Vorstandes der ANWR Group eG und Präsidiumsmitglied des Verbandes, in den Expertenkreis berufen.

Die Gruppe wurde von der EU-Kommission Ende 2013 besetzt. Anfang des gleichen Jahres verabschiedete hatte sie ihren Aktionsplan für den Einzelhandel verabschiedet. Darin identifizierte sie die "Knackpunkte" für den Einzelhandel in Europa. Diese sollten in die politische Agenda in Brüssel aufgenommen werden. Teil des Aktionsplans war aber auch die Schaffung eines Expertengremiums. Dieses sollte daran arbeiten, dass "das Thema Einzelhandel verstärkt auf der politischen Tagesordnung berücksichtigt und das Bewusstsein für den Einzelhandel betreffende Anliegen und Probleme geschärft wird", heißt es in dem Papier. Neben Vertretern des Einzelhandels wurde die "Hochrangige Gruppe für Wettbewerbsfähigkeit im Einzelhandel" durch Wissenschaftler und Privatpersonen ergänzt.

Im Ergebnis sind sich die Experten nach zwei Jahren einig, dass die Kommission teilweise an den Bedürfnissen des Einzelhandels vorbei agiert. In ihrem Abschlussbericht fordert sie in vielen Bereichen Nachbesserungen.

Der Abschlussbericht enthält folgende Themenschwerpunkte, die in einzelnen Untergruppen bearbeitet wurden:
  • E-Commerce
  • KMU
  • Innovation sowie
  • Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen

Einzelhandel ist Mittelstand

Gleich zu Beginn des Berichts wird auf die Bedeutung des Einzelhandels und auf seinen Anteil an der gesamteuropäischen Wertschöpfung hingewiesen. Gleichzeitig wird ein klarer Bezug zum unternehmerischen Mittelstand hergestellt, aus dem der größte Teil des Einzelhandels stammt.

Echter Binnenmarkt

Dieser europäische Mittelstand stößt nach Ansicht der Experten aber auf zahlreiche Hindernisse sowohl im Europäischen Binnenmarkt als auch im internationalen Handel. So erschweren unterschiedliche Regelungen in den Mitgliedstaaten die Erweiterung des Geschäftsfeldes. Gerade die Einrichtung einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat kann zu einer unüberwindbaren Hürde werden.

Über unterschiedliche Produktstandards und Sicherheitsanforderungen wird derzeit lediglich im Rahmen von TTIP gesprochen. Die Hochrangige Gruppe betont jedoch, dass unterschiedliche Regelungen auch zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. Ein Handel über die Grenze hinaus kann so erheblich erschwert werden.

Schließlich kann das Handelsrecht als solches – Grenzen bei der Preisfestlegung, bei Sonderaktionen aber auch unterschiedliches Steuerrecht - in einigen Fällen die unternehmerische Freiheit beeinträchtigen.

Deswegen fordert die Hochrangige Gruppe einheitliche und klare Regeln, die einen echten Binnenmarkt für den Einzelhandel schaffen. Die Kommission müsse vor allem stärker auf die Einhaltung und Umsetzung der gemeinsamen europäischen Regeln achten. Neue Regelungen dürfen darüber hinaus nur aufgestellt werden, wenn diese keine zu hohen bürokratischen Lasten auferlegen.

Rechtliche Fragmentierung

Laut Bericht ist der Anteil des grenzüberschreitenden Handels am europaweiten Gesamtumsatz immer noch zu gering. Das gilt besonders für den Online-Handel. Schuld seien besonders die rechtlichen Unterschiede in den einzelnen Mitgliedstaaten. Diese müssten vereinheitlicht werden. Wichtig sei dabei auch, dass bei jeder zukünftigen Gesetzgebung auf europäischer Ebene der Bereich "Online" denknotwendig mit behandelt werde. Gleichzeitig müsse der gesetzliche Rahmen so ausgestaltet sein, dass es nicht zu Ungleichgewichten – gerade mit Blick auf große Online-Plattformen – komme. Daher müssten Vorschriften im Bereich Datenschutz, Vergaberecht und Beihilferecht stets auf die Wahrung des Gleichgewichts zwischen den einzelnen Unternehmenskonzepten achten.

KMU in Europa

Die Hochrangige Gruppe stellt in ihrem Bericht fest, dass kleine und mittlere in einigen Bereichen strukturell benachteiligt sind. Deswegen müssten gerade bei der KMU-Finanzierung handhabbare Instrumente geschaffen werden. Diese müssten auch bei den richtigen Empfängern ankommen. Nach Ansicht der Experten, sollte die Kommission darüber hinaus beim Aufbau von KMU-Plattformen im Internet aktiv unterstützen.

Ein weiteres Hindernis für den grenzüberschreitenden Handel von kleinen und mittleren Unternehmen sei das Problem der Preisbindung in Verbundgruppen. Denn diesen ist es kartellrechtlich untersagt, einheitliche Preise zu kommunizieren. Gerade im E-Commerce ist das für mittelständische Kooperationen ein großes Problem. Hier fordern die Experten die Kommission auf, für gleiche Bedingungen im Wettbewerb zu sorgen.

Und schließlich beklagt die Gruppe die wachsenden Belastungen durch Bürokratie. Verwaltungslasten müssten zügig abgebaut und durch vereinfachte Verfahren ersetzt werden.

Innovation

Großes Potenzial bestehe bei den Innovationen im Einzelhandel. Um dieses auch heben zu können, müsste die Kommission aber die Möglichkeiten von Innovationsförderungen besser kommunizieren. Außerdem müsste der Mittelstand bei der Enzwicklung von Strategien noch mehr beteiligt werden.

Nächte Schritte

Die Empfehlungen der Hochrangigen Gruppe dienen der EU-Kommission als Orientierungshilfe für ihre weiteren Schritte. Einige Empfehlungen der Einzelhandels-Experten haben bereits Eingang in die Digitale Agenda der EU gefunden.

Spannend wird es sein, ob und in wie weit die Kommission die Arbeit der Hochrangigen Gruppe darüber hinaus berücksichtigt. Gerade bei der Binnenmarktstrategie, die für den Herbst dieses Jahres angekündigt ist, gäbe es wohl viele Möglichkeiten die Kritikpunkte und Forderungen aus dem Bericht umzusetzen. " DER MITTELSTANDSVERBUND wird sich in Brüssel dafür einsetzen, dass möglichst viele Empfehlungen der Hochrangigen Gruppe für Wettbewerbsfähigkeit keine solchen bleiben, sondern zu konkreten Verbesserungen der Wettbewerbsfähigkeit des kooperierenden Mittelstandes werden", betont der Leiter des Verbandsbüros in Brüssel, Tim Geier.


Weitere Informationen:

Abschlussbericht der Hochrangigen Gruppe für Wettbewerbsfähigkeit im Einzelhandel (in englischer Sprache)
Digitale Agenda: So will die EU den Anschluss behalten
Einzelhandel im Fokus

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