Recht auf Reparatur: EU-Gesetzgeber auf der Zielgeraden

Kurz vor der Europawahl im kommenden Jahr arbeiten die europäischen Gesetzgeber mit Hochdruck an der Finalisierung unterschiedlicher Rechtsakte. So haben sowohl Rat als auch Europaparlament nunmehr ihre Standpunkte zum Vorschlag auf ein Recht auf Reparatur verabschiedet.

Brüssel, 27.11.2023 – Im März dieses Jahres stellte die Europäische Kommission ihren Vorschlag für ein neues Verbraucherrecht auf Reparatur vor. Ungewöhnlich dabei war ein bis dahin völlig unbekanntes Rechtsinstrument: Parallel zum bestehenden Gewährleistungsrecht, welches der Käufer/die Käuferin gegenüber einem Verkäufer/einer Verkäuferin hat, sollen Verbraucher:innen zukünftig einen direkten Anspruch auf Reparatur einer Kaufsache gegenüber den Herstellern haben. Der Hersteller muss – abhängig von dem Produkt – bis zu 10 Jahre nach dem Verkauf eine Reparatur der Kaufsache anbieten müssen. Die Reparatur kann dabei entgeltlich oder kostenfrei erfolgen. Zudem soll sich der Hersteller externer Dienstleister für die Erfüllung der Verpflichtung bedienen dürfen. Reparatur-Werkstätten sollen nach der Vorstellung der EU-Kommission von einem verbesserten Zugang zu Ersatzteilen und Informationen über die Reparierbarkeit von Produkten profitieren können.

DER MITTELSTANDSVERBUND hatte das Thema Reparturen im Handel in einem entsprechenden Initiativkreis mit unterschiedlichen Verbundgruppen diskutiert. Neben der Frage, ob eine Reparatur im Sinne der Nachhaltigkeit immer die beste Alternative ist, diskutierten die Verbundgruppen-Expert:innen insbesondere die Frage, wie die zukünftige Zusammenarbeit zwischen Industrie und Handel ausgestaltet sein wird. Insgesamt wurden mehr Chancen in dem Vorschlag gesehen, sodass der Spitzenverband des kooperierenden Mittelstands das Dossier positiv in dem Gesetzgebungsverfahren begleiten konnte.

Europäisches Parlament: Mehr Nachbesserung als Nachschärfung

Die Europaabgeordneten stimmten in einer der letzten Plenarsitzungen für einen Ansatz, welcher sich weitestgehend mit dem der Europäischen Kommission deckt: Das Recht auf Reparatur gegenüber den Herstellern soll auch nach den Vorstellungen der Abgeordneten bestehen. Nachbesserung wurde jedoch insbesondere bei dem Zusammenspiel von Gewährleistungsrecht und Recht auf Reparatur gesehen: Zunächst wurde klargestellt, dass von Herstellern reparierte Produkte auch für das Verhältnis Verkäufer – Käufer (also: innerhalb des Gewährleistungsrechts) gelten sollen. Die Hersteller-Reparatur stellt somit eine für und gegen den Verkäufer wirkende Nachbesserung dar. Dafür verlängert sich das Gewährleistungsrecht des Kunden auf ein Jahr ab der Reparatur einer Kaufsache.

Strittig war im Vorfeld die Frage der bereitzustellenden Kundeninformationen einer Reparatur: Nach der Vorstellung der Kommission sollten Hersteller aber auch Werkstätten folgende Informationen bereitstellen:

  • Identität des Dienstleisters
  • Zu reparierende Sache,
  • Ursache des Schadens und vorgeschlagene Reparatur,
  • Geschätzte Ausführung des Vertrags,
  • Preis oder preisbildende Faktoren und ein entsprechendes Berechnungs-Modell,
  • Bereitstellung einer Ersatzsache und entsprechender Preis,
  • Ort der Übergabe der zu reparierenden Sache,
  • Zusatzdienstleistungen im Zusammenhang mit der Reparatur (Anfahrt zum Verbraucher, Abholung der Sache etc.).

Streitig war insbesondere die Frage, ob für die Ermittlung der notwendigen Reparatur-Kosten auch ein Entgelt verlangt werden kann. Abhängig von der Branche wurden solche Kosten gegenüber dem Kunden im Rahmen des Kostenvoranschlags geltend gemacht. Die Abgeordneten einigten sich darauf, dass solche Kosten verlangt werden können, wenn die Art des Schadens eine genauere Inspektion der Sache notwendig macht.

Rat: Informationspflicht als Ausnahmefall

Die Ratsvertreter einigten sich auf einen Vorschlag, welcher die wesentlichen Regelungen des ursprünglichen Kommissions-Vorschlags unberührt lässt. Wichtig war den Vertreter:innen der Mitgliedstaaten hingegen die Klarstellung, dass die Informationspflichten bei der Reparatur nur im Falle einer Hersteller-Reparatur gelten sollen. Freiwillige Reparatur-Leistungen sollten nicht den klar definierten Vorschriften des Vorschlags unterfallen und können formlos erfolgen.

Wie geht es weiter?

Aufgrund der nahen Positionierung beider europäischen Gesetzgeber ist ein Abschluss des Dossiers noch in dieser Legislatur zu erwarten. Wichtig für den kooperierenden Mittelstand sind dabei insbesondere die notwendigen Klarstellungen bzgl. des Verhältnisses von Recht auf Reparatur gegenüber den Herstellern und dem Gewährleistungsrecht gegenüber den Händlern. Weiterhin sollten Reparatur-Dienstleistern ein ausnahmsloser Zugang zu den notwendigen Ersatzteilen sowie die für die Reparatur benötigten Informationen gewährt werden.

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