Verbraucherschutz: Rat der EU entschärft Kommissionspläne

Die Zukunft der Verwaltungszusammenarbeit in Sachen Verbraucherschutz ist festgelegt. Zumindest aus Sicht des Rates der EU. Die Pläne garantieren mehr Flexibilität der nationalen Systeme.

Brüssel, 23.02.2017 - Seit 2004 sind die Mitgliedstaaten wegen der EU-Gesetzgebung verpflichtet, in Sachen Verbraucherschutz enger zusammenzuarbeiten. Dies erstreckt sich momentan vor allem auf den Bereich des Informationsaustauschs. Gerade durch den zunehmenden E-Commerce besteht aus Kommissions-Sicht jedoch die Gefahr, dass betrügerische Verhaltensweisen relativ einfach grenzüberschreitend durchgeführt werden können. Die mit der Betrugsaufklärung befassten nationalen Verbraucherschutzbehörden seien dieser neuen sich ständig verändernden Situation weder personell noch organisatorisch gewachsen.

Katalog an Mindest-Kompetenzen

Aus diesem Grund präsentierte die Kommission bereits im letzten Jahr einen Vorschlag, der die Zusammenarbeit verbindlicher ausgestalten sollte. Zur effektiveren Durchsetzung der Verbraucherrechte sollten den zuständigen Behörden zudem ein Katalog an Mindest-Kompetenzen bereitgestellt werden.

Unklar war bislang, wie sich der Vorschlag auf das deutsche System des Verbraucherschutzes auswirken würden. Momentan werden Verbraucherrechte in Deutschland nämlich zumeist in Form der privaten Rechtsverfolgung durchgesetzt. Verbraucher klagen grundsätzlich daher selber ihre Rechte ein. Flankierend hierzu wurden Verbraucherschutzverbände ermächtigt, die Rechte der Verbraucher im Verfahren geltend zu machen. Nur in Ausnahmefällen schreitet daher der Staat direkt ein, wenn es um die Durchsetzung von Verbraucherschutzvorschriften geht.

Mitgliedstaaten gestalten selbst

Mit der im Kommissionsentwurf verankerten Pflicht der Mitgliedstaaten, Verbraucherschutzbehörden mit der Durchsetzung der Verbraucherrechte zu befassen, stand zu befürchten, dass dieses System grundlegend verändert werden könnte.

Mit der nunmehr im Rat der EU erzielten Einigung haben die Regierungen der Mitgliedstaaten gegenüber dem Kommissionsentwurf einige Klarstellungen vorgenommen. Danach sollen designierte Stellen benannt werden können, die mit der Durchsetzung von Verbraucherschutzvorschriften befasst sind. Die Mitgliedstaaten haben daher die Wahl, wie sie die Durchsetzung gewährleisten wollen.

Weiterhin wurde ein - aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES äußerst kritischer Punkt – entschärft: der Katalog an Mindest-Befugnissen der Behörden. Zwar erstreckt sich dieser weiterhin angefangen von Informationsrechten über Beschlagnahmerechten bis hin zu dem Recht, Bußgelder zu verhängen. Die Maßnahmen müssen jedoch nach Vorstellung der Mitgliedstaaten jederzeit angemessen und verhältnismäßig sein, keinen unzulässigen Eingriff in Grundrechte darstellen und das Recht auf ein faires Verfahren beachten.

Ausgang offen

Die Gefahr der Schaffung vollendeter Tatsachen ohne das Recht auf gerichtliches Verfahren scheint damit gebannt. Durchsetzungsmaßnahmen bedürfen danach im Regelfall weiterhin eines richterlichen Beschlusses. Fraglich wird hingegen sein, inwieweit die Vorschriften über Bußgelder umgesetzt werden. Diese sind in Deutschland nach bestehender Rechtslage nur in Ausnahmefällen ausdrücklich vorgehen. Inwieweit also neue Haftungsrisiken für den Handel aufgebaut werden, bleibt abzuwarten.

Vor allem die Europäische Kommission scheint mit der Einigung im Rat nicht zufrieden zu sein. Daher wird abzuwarten bleiben, ob weitere Verschärfungen im noch folgenden Gesetzgebungsprozess eingeführt werden. Im Europäischen Parlament steht eine endgültige Einigung noch aus. Diese dürfte noch im Frühjahr zu erwarten sein. Klar ist bereits jetzt: Die Parlamentarier werden eher im Sinne des Verbraucherschutzes argumentieren. Ein Grund für den MITTELSTANDSVERBUND, erneut auf die Notwendigkeit eines ausgeglichenen Rechtsakts hinzuweisen.

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