Verbrauchervertragsrecht: EU geht auf Mittelstand zu

Die EU hat einen neuen Vorschlag zum Verbrauchervertragsrecht vorgelegt. Entlastungen des kooperierenden Mittelstandes sind zu erwarten. Dennoch mahnt DER MITTELSTANDSVERBUND zu mehr Mut.

Brüssel, 23.11.2016 - Wie eine weitere Harmonisierung des Verbraucherrechts in Europa aussehen soll, stellte die Europäische Kommission bereits im Frühjahr 2016 vor. Nun legte das Europäische Parlament einen neuen Entwurf vor, der in einigen Teilen Verbesserungen für den kooperierenden Mittelstand gegenüber dem Kommissionsentwurf vorsieht.

Dreh- und Angelpunkt des Entwurfs der Kommission waren Gewährleistungsrechte, die in den meisten Mitgliedstaaten immer noch unterschiedlich ausgestaltet seien. Doch der Vorschlag beschränkte sich nur auf das Wesentliche: Vorgeschlagen wurden Regeln zum Mangel einer Kaufsache, die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten und der Lauf der entsprechenden Fristen. Dies alles war von der Kommission zunächst auf den Fernabsatz beschränkt.

DER MITTELSTANDSVERBUND mahnte daher bereits zu diesem Zeitpunkt zu mehr Mut und einem umfassenderen Vorschlag.

Vorschriften nicht nur im Online-Bereich

Nun hat das Europäische Parlament einen eigenen Entwurf vorgelegt. Der Europaabgeordnete Pascal Arimont stellte den Vorschlag eines Europäischen Verbrauchervertragsrechts im Binnenmarkt-Ausschuss des EPs vor. Deutlichste Änderung darin: Die Harmonisierung der Verbraucherschützenden Vorschriften soll nicht allein auf den Online-Bereich beschränkt sein. Der Berichterstatter spricht sich für eine Vollharmonisierung des Verbraucherrechts ohne Abweichungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten aus.

Damit greift das Parlament auch Forderungen des MITTELSTANDSVERBUNDES auf. Der Spitzenverband des kooperierenden Mittelstandes hatte immer für ein umfassendes Vertrags-Regime plädiert. Denn nur so ist es Verbundgruppen möglich, ohne erheblichen Aufwand grenzüberschreitend Waren anzubieten und hierzu Multichannel-Konzepte aufzustellen.

Objektiver Mangelbegriff

Positiv ist auch der Ansatz des EU-Parlamentariers, den Mangelbegriff weitestgehend von subjektiven Kriterien zu entkoppeln. Mit dem Kommissionsentwurf hätte nämlich die Gefahr bestanden, dass auch Verbrauchervorstellungen Teil der Ordnungsgemäßheit der Ware hätte werden können. Eine Ausweitung des Haftungsrisikos ohne Grenzen, befand auch DER MITTELSTANDSVERBUND in seiner vorangegangenen Stellungnahme.

Beweislastumkehr

Daneben entschärft der Entwurf einen wesentlichen Hauptkritikpunkt: Die Ausweitung der Beweislastumkehr auf zwei Jahre. Zur Wiederholung: Auch nach dem bestehenden EU-Verbraucherrecht wird vermutet, dass Waren, die binnen sechs Monaten nach Aushändigung der Ware einen Mangel aufweisen, bereits bei Vertragsschluss mangelhaft waren. Erst danach obliegt es dem Verbraucher zu beweisen, dass die Ware bereits bei Vertragsschluss mangelhaft war. Der Händler muss also beweisen, dass ein in dieser Frist aufgetretener Mangel auf einem Fehlverhalten des Verbrauchers beruht – eine Beweislast, die in den wenigsten Fällen erbracht werden kann. Im Sinne einer gerechten Gefahrenverteilung hatte sich DER MITTELSTANDSVERBUND für eine Beibehaltung dieser Frist ausgesprochen. Denn je länger der Verbraucher das Produkt hat, desto schwieriger wird es für den Händler, den Beweis eines falschen Produkt-Handlings zu erbringen.

Erfreulicherweise sieht auch der Berichterstatter dieses Problem und plädiert daher für eine Beibehaltung der 6-Monats-Frist.

Nacherfüllung

Positiv bewertet der Spitzenverband auch die Vorstellungen Arimonts hinsichtlich der Nacherfüllung. Wie im deutschen Recht soll diese eine Nachbesserung und Nachlieferung (eines neuen Produkts) beinhalten. Erst danach soll der Verbraucher weitere Gewährleistungsrechte geltend machen können. Anders als der Kommissionsentwurf hebt der EP-Entwurf jedoch hervor, dass ein Händler die vom Verbraucher gewählte Art der Nacherfüllung verweigern kann, wenn diese für ihn mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre. Auch dies versteht DER MITTELSTANDSVERBUND als Entlastung des kooperierenden Handels.

Was fehlt?

Auch der Berichtsentwurf unterlässt hingegen die Einführung wichtiger Regeln im täglichen Geschäft. So fehlen weiterhin Vorschriften zum Annahmeverzug des Verbrauchers. Nimmt dieser die ihm angebotene Ware nicht innerhalb einer angemessenen Frist an, so muss der Händler von der Gefahr der zufälligen Verschlechterung der Sache entlastet werden.

Auch bedarf es Regeln zur Warensicherung. Nur so werden Händler ermutigt, auch in „fremde Gebiete“ zu liefern.

Fazit

Insgesamt ist der Bericht positiv zu bewerten. Wesentliche Kritikpunkte scheinen verstanden worden zu sein. Dennoch müssen einige Nachbesserungen erfolgen, damit der für das Frühjahr vorgesehen Endbericht des Europaparlaments ein Erfolg wird.

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