Wie IKEA der deutschen Möbelwirtschaft schadet

International agierende Konzerne nutzen zahlreiche Möglichkeiten, um Steuern zu vermeiden. Das schadet dem deutschen Möbelhandel. DER MITTELSTANDSVERBUND sieht akuten Handlungsbedarf.

Berlin/Brüssel, 04.04.2016 — So sollte es eigentlich nicht sein. Internationale Konzerne haben vielfältige Möglichkeiten, der Besteuerung zu entgehen. Das zeigen Untersuchungen zum Möbelhaus IKEA. Laut einer Studie der Gruppe der "Grünen – Europäische Freie Allianz" mit dem Titel "TAAKS AVOYD" zahlen alle IKEA-Tochtergesellschaften in den jeweiligen Ländern ein Markennutzungsentgelt in Höhe von etwa drei Prozent des Umsatzes an eine andere Konzerngesellschaft in den Niederlanden. Die jeweiligen Tochtergesellschaften können diese Lizenzgebühren in ihrem Ansässigkeitsstaat oftmals steuerlich geltend machen.

"Wenn man bedenkt, dass die Umsatzrenditen z.B. im Handel häufig sehr gering ausfallen, fällt ein Markennutzungsentgelt von drei Prozent stark ins Gewicht. Dank bestehender Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen bleibt an zu versteuerndem Gewinn in den Ländern, wo die Verkaufsleistung tatsächlich erbracht worden ist, deutlich weniger hängen", erklärt Paul Maeser, MITTELSTANDSVERBUND-Referent für Steuern und Finanzen. Das Geld werde lediglich innerhalb von IKEA verschoben.

22 Prozent des Gewinns werden verlagert

Die Studie, die sich die Steuerpraktiken des schwedischen Möbelhauses genauer unter die Lupe nahm, schätzt, dass IKEA-Verkaufshäuser weltweit auf diese Weise in den Jahren 2009 bis 2014 ca. 22 Profits ihres Profits verlagert haben.

Das wäre aber noch nicht alles. Ist das Geld erst einmal in den Niederlanden angekommen, wird es dort noch lange nicht in vollem Umfang versteuert. Im Gegenteil: Die Möbelkette nutzt ein weiteres Steuerschlupfloch, denn das Eigentum der Marke "IKEA" wurde erst im Jahr 2012 von einer weiteren IKEA- Gesellschaft in Luxemburg an die niederländische Schwestergesellschaft übertragen.

Im Rahmen der Übertragung gingen beide Konzerngesellschaften miteinander ein Kreditverhältnis ein. Das sei bitter, warnt Maeser. Denn aus dem Kreditverhältnis entstehen Schuldzinsen, die die vereinnahmten Lizenzgebühren in den Niederlanden weitgehend aufzehren.

"Die Studie geht davon aus, dass dank eines Abkommens zwischen IKEA und dem luxemburgischem Fiskus die ins Fürstentum lediglich verlagerten Gewinne weitestgehend von der Steuer befreit sind", so der Steuerexperte. "Alles, was dann noch in den Niederlanden übrig bleibt, wird als Dividendenausschüttung nach Lichtenstein geschickt, wo Dividenden von Konzerngesellschaften grundsätzlich steuerfrei sind."

MITTELSTANDSVERBUND fordert endlich Konsequenzen

DER MITTELSTANDSVERBUND hatte schon in der Vergangenheit gefordert, solchen und ähnlichen Steuerpraktiken einen Riegel vorzuschieben. Dabei ist Eile geboten, denn der mittelständische Möbelhandel ist von diesem Fall direkt betroffen.

"Wer Ertragssteuern umfangreich absenken kann, hat deutlich mehr Spielraum in der Kalkulation. Gleiche Wettbewerbsbedingungen müssen geschaffen werden, um die kleinen und mittelgroßen Möbelhändler nicht zu benachteiligen", so Maeser.

Auch für den Staat sind solche Konstrukte auf mehrfache Weise teuer: "Es entgehen der öffentlichen Hand ja nicht nur Steuern, die IKEA hätte zahlen müssen. Wenn die lokale Möbelwirtschaft durch diese unfairen Rahmenbedingungen an Geschäften verliert, wird auch deren Steuerschuld zwangsläufig abnehmen", warnt der Finanzexperte vor den weitreichenden Folgen einer Verzögerung.

Politik greift zu wenig ein

Besonders ärgerlich ist, dass bereits Konzepte zur Lösung des Problems in der Schublade liegen. "Der kürzlich präsentierte Paketentwurf der EU-Kommission greift zu kurz. Sowohl beim Missbrauch von Doppelbesteuerungsabkommen als auch zur Absetzbarkeit konzerninterner Zinsaufwendungen hat die OECD Vorschläge gemacht, die von der EU und Deutschland prinzipiell unterstützt werden", betont der MITTELSTANDSVERBUND-Referent.

Dennoch fehle es an einem konkreten Zeitplan für eine umfassende Einführung dieser beiden Komponenten. "Bisher haben weder die Kommission noch die Mitgliedsstaaten zeitliche Vorschläge vorgelegt. Es bleibt soweit lediglich bei Empfehlungen für Teile dieser Komplexe", kritisiert er.

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