Hollmann enttäuscht über Betriebsrenten-Anpassung

Die Bundesregierung greift Betrieben bei der Bewältigung der Rentenlast unter die Arme. Die Rechnungszins-Anpassung wird künftig auf zehn Jahre ausgedehnt. Dem MITTELSTANDSVERBUND geht die Reform nicht weit genug.

Berlin, 22.02.2016 — Am 18. Februar hat der Deutsche Bundestag eine Neuregelung zur Ermittlung der Zinssätze, die für die Abzinsung von Pensionsrückstellungen handelsrechtlich angewendet werden, beschlossen. Bisher laufzeitgerechte Durchschnittszinssätze, die über einen Zeitraum von sieben Jahren gebildet werden, sollen nun auf Vorschlag der Bundesregierung auf zehn Jahre ausgeweitet werden. Wilfried Hollmann, Präsident des MITTELSTANDSVERBUNDS, hatte diesen Vorschlag zuvor als unzureichend kritisiert und zeigt sich nun unzufriedenen mit dem Beschluss.

Probleme sind nur vertagt

MITTELSTANDSVERBUND-Präsident Wilfried HollmannIn einem Schreiben an die Vorsitzenden der Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag, Volker Kauder (CDU) und Thomas Oppermann (SPD), schlug Hollmann vor, den Zeitraum für die Durchschnittsberechnung von sieben auf fünfzehn Jahre auszuweiten.

Die neu aufgenommenen Werte fallen bei einer zehnjährigen Durchschnittsberechnung kaum ins Gewicht, so der Präsident. Darüber hinaus sei zu erwarten, dass die Niedrigzinsphase weiter anhalte. "Demzufolge würden die Rechnungszinsätze für Pensionsrückstellungen bereits in wenigen Jahren auf ihr heutiges Niveau zurückfallen", schrieb Hollmann an die Fraktionsvorsitzenden.

Zusätzlich zur Neubewertung enthält das beschlossene Gesetz eine Ausschüttungssperre. Die Sperre sieht vor, Gewinne nur dann auszuschütten, wenn die frei verbleibenden Rücklagen (zzgl. Gewinnvortrag oder abzgl. Verlustvortrag) mindestens dem Differenzbetrag zwischen alter und neuer Regelung zur Bildung von Pensionsrückstellungen entsprechen (siehe §253 Abs. 6 HGB-Entwurf).

Hollmann: "Handelsbilanzielle Regelungen zulassen"

Konkret wurde DER MITTELSTANDSVERBUND auch bezüglich des Anpassungsbedarfs im Einkommensteuerrecht. Aktuell werden Rückstellungen für Betriebsrenten mit einem Zinsfuß von sechs Prozent, deutlich über den aktuellen Marktzinsen, abgezinst. Dadurch fällt der sogenannte Barwert der Rückstellungen in der Steuerbilanz geringer aus als in der Handelsbilanz. In der Folge müssen Unternehmen Gewinne versteuern, die sie gar nicht erzielt haben.

"Diese Praxis der Übermaßbesteuerung wird auch rechtspolitisch und verfassungsrechtlich bereits hinterfragt. Daher regen wir an, die handelsbilanziellen Regelungen zur Bewertung von Pensionsrückstellungen auch im Steuerrecht zuzulassen", heißt es in dem Schreiben.

Das Bundesverfassungsgericht hat schon in den 1980er Jahren den Gesetzgeber verpflichtet, bei Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse die Angemessenheit des steuerlichen Rechnungszinses zu überprüfen (Az. BVerfG: 1 BvR 1157/82 vom 28.11.1984). Seit dem Urteil gab es allerdings keine Anpassung.

"Wenn von politischer Seite darüber lamentiert wird, dass die Übernahme der handelsrechtlichen Praxis in die Steuergesetze zu Einnahmeausfällen beim Fiskus führt, sei dem entgegnet, dass der Staat sich hier bei Scheingewinnen bedient. Man hätte sich dieses Themas schon viel früher annehmen müssen. Diese Frage höher auf der aktuellen politischen Tagesordnung anzusiedeln ist absolut überfällig", erläutert Hollmann seinen Standpunkt.

Niedrigzinsphase schafft Handlungsbedarf

Die geäußerten Bedenken an einer grundsätzlichen Ausweitung des nun beschlossenen Berechnungszeitraums kann Hollmann dagegen nicht nachvollziehen. Der einst in Fachkreisen als Glättungsmechanismus angelegte "Zinszyklus" sei angesichts einer fast siebenjährigen Niedrigzinsphase ernsthaft zu hinterfragen.

Die neuen Regelungen sollen erstmals für das nach dem 31. Dezember 2015 endende Geschäftsjahr angewendet werden. Final muss das nicht zustimmungspflichtige Gesetz vor seiner Ausfertigung noch vom Bundesrat beraten werden.

Weitere Informationen:

  1. Rechnungszins-Anpassung für Betriebsrenten nicht akzeptabel
  2. Deutscher Bundestag – Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz – Öffentliche Anhörung am 15.02.2016
  3. Download: Deutscher Bundestag - Drucksache 18/7584 - Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie
  4. JURION – Bundesverfassungsgericht Beschluss v. 28.11.1984, Az.: 1 BvR 1157/82

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