Rechnungszins-Anpassung für Betriebsrenten nicht akzeptabel

Künftig sollen Firmen geringere Rückstellungen für ihre Betriebsrenten bilden müssen als bisher. Das Bundeskabinett hat in der letzten Woche beschlossen, Unternehmen bei der handelsbilanziellen Behandlung von Pensionsrückstellungen zu entlasten. DER MITTELSTANDSVERBUND hält diese Erleichterungen für unzureichend.

Berlin, 09.02.2016 — Die Bundesregierung plant, dass Unternehmen den Bedarf für Pensionsrückstellungen auf Basis des durchschnittlichen Marktzinses der vergangenen zehn Jahre ermitteln können. Bisher beträgt diese Spanne sieben Jahre.

Diese Änderung hätte einen höheren Durchschnittszins und damit einen geringeren Rückstellungsbedarf zur Folge. Für den Präsidenten des MITTELSTANDSVERBUNDES, Wilfried Hollmann, geht der Vorschlag nicht weit genug:

MITTELSTANDSVERBUND-Präsident Wilfried Hollmann"Mit den Vorschlägen können wir nicht zufrieden sein. Die Politik geht mit dem Entwurf zwar in die richtige Richtung. Bei den schon seit mehreren Jahren niedrigen Zinsen würde die angespannte Situation jedoch kaum entschärft." Der Zeitraum müsse deutlich über die erwogenen zehn Jahre hinaus verlängert werden, um die Unternehmen zu entlasten. "Wenn die Politik von der Wirtschaft Investitionen fordert, dann sollte sie auf diesem Gebiet der Wirtschaft deutlich helfen", so Hollmann.

Der Hintergrund: Unternehmen bilden Pensionsrückstellungen für Arbeitnehmer bereits während diese aktiv beschäftigt sind. Da Pensionen erst in der Zukunft ausgezahlt werden müssen, werden sie nicht in voller Höhe in der Bilanz abgebildet. Stattdessen werden Betriebsrenten mit einem durchschnittlichen Marktzinssatz, den die Deutsche Bundesbank bekanntgibt, abgezinst. Je höher der Zinssatz, umso niedriger fällt die zu bildende Rückstellung aus. Durch die außergewöhnlich stark gefallenen Zinsen müssen Unternehmen aktuell zunehmend höhere Rückstellungen bilden.

"Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank setzte in der Finanzmarktkrise 2008/09 ein und ihr Ende ist bisher unabsehbar. Bei einer Durchschnittsberechnung über lediglich zehn Jahre werden die Rechnungszinsen alsbald auf ihr derzeitiges Niveau zurückkehren. Dann wird uns dieses Problem erneut auf die Füße fallen. Gerade der Mittelstand braucht hier aber eine Planungssicherheit", gibt Hollmann zu bedenken.


"Wenn die Politik von der Wirtschaft Investitionen fordert, dann sollte sie auf diesem Gebiet der Wirtschaft deutlich helfen", Wilfried Hollmann, Präsident DER MITTELSTANDSVERBUND

Die Ausdehnung des Berechnungszeitraums, die über eine Änderung des Handelsgesetzbuches erfolgen soll, muss "auch dringend auf die steuerliche Bilanz ausgedehnt werden", so Hollmann weiter.

DER MITTELSTANDSVERBUND fordert bereits seit längerem von der Bundesregierung, die Unterschiede zwischen handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Rückstellungen zu beseitigen. Präsident Hollmann kritisiert die wachsenden Differenzen in beiden Rechnungslegungswerken: "Es kann und darf nicht sein, dass Unternehmen immer mehr Steuern auf Gewinne zahlen müssen, die sie gar nicht erzielt haben. Auf diese Weise werden in wachsendem Maße Unternehmenserträge zu Unrecht beschnitten. Diese Praxis steht der immer lauteren Forderung der Politik an die Unternehmen, höhere Investitionen zu tätigen, diametral entgegen. Wir appellieren deshalb an die Bundesregierung, endlich die Zinssätze im Handelsrecht und Steuerrecht anzugleichen."

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