Elektromobilität: Auch der Mittelstand muss sich rüsten

Die chinesische Regierung macht Ernst beim Thema Elektromobilität. Zieht Deutschland nun bald nach? Beim Autobauer Tesla sieht es ganz danach aus und auch politische Signale zum Ausbau der Ladeinfrastruktur machen Mut.

Berlin, 14.11.2016 - In Deutschland will das Thema Elektromobilität trotz Kaufprämie nicht so recht an Fahrt gewinnen. Die globalen Entwicklungen könnten schon bald dem heimischen Markt davon eilen. So plant die chinesische Regierung gerade eine ambitionierte Elektroautoquote. Demnach sollen bis 2018 acht Prozent der neu gebauten Autos eines Herstellers einen elektrischen Antrieb haben, 2019 dann zehn Prozent und 2020 sogar zwölf Prozent.

Schon jetzt haben die Hersteller in China allein im ersten Halbjahr 2016 240.000 aufladbare Fahrzeuge verkauft, wodurch sich die E-Auto-Neuzulassungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelten. Die Pläne setzen die weltweite Automobilbranche unter Druck. Denn die chinesische Regierung will die Autohersteller mit der Quote zwingen, mehr in die Elektromobilität zu investieren.

Vorbild China in Deutschland?

Was bedeuten die Pläne für den deutschen Markt? Bewegung ist jedenfalls schon sichtbar. Denn Unternehmen wie Amazon haben bereits angekündigt, innerhalb der nächsten zwei Jahre ihre Lieferungen klimaneutral abzuwickeln.

Zwar ist man von einer Zwangsquote wie in China noch weit entfernt, dennoch müssen Neuwagen zukünftig mit deutlich niedrigerem Verbrauch und geringeren Emissionen aufwarten, um kommende Umweltgesetze zu erfüllen. In der EU sind ab 2020/21 bei neuen Pkw durchschnittlich nur noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer erlaubt, ansonsten drohen hohe Strafzahlungen.

Im Zuge dessen sollte auch die Politik in Deutschland verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, um den Ausbau der Elektromobilität voran zu bringen. Vereinzelte Anreize wie die lang ersehnte Kaufprämie, die dieses Jahr umgesetzt wurde und die steuerlichen Anreize zum steuerfreien Laden am Arbeitsplatz und zur Verlängerung der Kfz-Steuerbefreiung zeigen, dass auch die Politik allmählich nicht mehr Gas, sondern vor allem Strom geben will. Auch die Reichweite betreffend werden Prognosen abgegeben, dass bis zum Jahr 2020 eine Reichweite von 400 Kilometern pro Akkuladung möglich sein wird.

„Dennoch gehen die Entwicklungen viel zu langsam voran“, kritisiert Susan Kinne, Leiterin des Initiativkreises Elektromobilität im MITTELSTANDSVERBUND die aktuelle Lage. So hat das Bundeskabinett nun endlich die vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) vorgelegten „Nationalen Strategierahmen für den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe“ beschlossen. Das war an der Zeit, denn im kooperierenden Mittelstand hat gerade der Handel lange Zeit vergeblich auf eine Förderrichtlinie gewartet, um zur Kundengenerierung E-Tankstellen anzuschaffen. Potentielle Wegbereiter aus dem Mittelstand zur Nutzung und Verbreitung der Elektromobilität brauchen daher auch schnelle und verlässliche Signale.

Noch viel zu tun

Doch auch wenn die Zahl der öffentlichen Ladesäulen steigt, ist längst nicht alles gut. Für die Abrechnung existiert kein einheitliches System, sodass Fahrer von Elektroautos im Augenblick nicht jede öffentliche Ladesäule einfach so nutzen können. Sie müssen zuvor mit dem jeweiligen Betreiber einen langfristigen Vertrag abschließen und erhalten dann meist eine Karte, mit der sie sich an der Station authentifizieren können. Diese Situation schränkt Fahrer unterwegs massiv ein, wenn keine passende Ladesäule in der Nähe ist. Die dafür vorgesehene Änderung der Ladesäulenverordnung, damit E-Autofahrer sich künftig über eine App an jeder Ladestation anmelden und dort problemlos spontan laden können, wartet weiterhin auf Umsetzung.

„Wie sollen neue Geschäftsmodelle geplant werden, wenn die Rahmenbedingungen nicht geeignet und verlässlich sind?“, bringt es Kinne auf den Punkt. Dabei könnten Verbundgruppen sehr wohl Innovatoren sein. Es gebe bereits Unternehmen, die z.B. Elektro-Tankstellen anbieten, E-Fahrräder vertreiben oder auch Elektrofahrzeuge in Ihrem Bestand haben. Darüber hinaus zeigt aktuell auch das vom Bundesumweltministerium geförderte Projekt „Klimaprofi für den Mittelstand“, dass der Mittelstand durchaus umweltbewusst ist und in den Klimaschutz investiert.

Dynamik im Automarkt

Für mittelständische Unternehmen ist auch die Dynamik auf dem Automarkt von Relevanz. Gerade die vielfältigen politischen Initiativen für ein nachhaltiges Flottenmanagement sowohl bei PKW als auch bei Lieferfahrzeugen sollte der Mittelstand ins Blickfeld nehmen. Die jüngste Übernahme des deutschen Maschinenherstellers Grohmann durch den Autobauer Tesla lässt manches ahnen. Die Pläne dürften jedenfalls für deutlich mehr Dynamik auf dem deutschen Automarkt sorgen und E-Flotten einem Massenmarkt näher bringen. Insgesamt soll die Produktion von derzeit 50.000 Elektroautos auf eine halbe Million bis 2018 aufgestockt werden. Ehrgeiziger kann kaum ein Marktteilnehmer derzeit solche Ziele verfolgen.

Für mittelständische Unternehmen, die zunehmend auch über elektrische Flotten nachdenken, sind durch Initiativen wie diese sinkende Preise und eine größere Angebotsvielfalt zu erwarten. Denn selbstverständlich zwingt das andere Automobilhersteller dazu, sich auch auf dem E-Mobil-Markt wettbewerbsfähig aufzustellen.

Geeignete Fahrzeugmodelle für die Güterlogistik , die sowohl über Kühltechnik als auch Hebebühnen verfügen, werden nicht mehr lange auf sich warten lassen.. Umweltfreundlicherer Lieferverkehr von Bauhandwerkern, Bäckern, Lebensmittelhändlern, Apothekern und vielen anderen gerade im lokalen Umfeld agierenden Unternehmern fügt sich dann schon bald wie selbstverständlich in den Alltag. Gut beraten ist also jeder, sich frühzeitig auf diese nahe Entwicklung einzustellen.

„Initiativkreis Elektromobilität“ tagt am 8. Dezember

Entwicklungen wie diese, aber auch globale Megatrends wie Klimaschutz und Ressourcenknappheit sowie die weltweite Urbanisierung und Digitalisierung werden weitreichende smarte Mobilitätslösungen rasch vorantreiben. Für den Mittelstand wäre es fatal, erst abzuwarten, bis die Marktpotentiale längst von den Großkonzernen abgeschöpft sind. Deshalb gilt es, jetzt die Chancen zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle auszuloten und beherzt zu nutzen.

Zusammen mit anderen Experten und Erfahrungsträgern aus dem Verbundgruppenumfeld werden am 8. Dezember beim nächsten „Initiativkreis Elektromobilität“ die aktuellen Entwicklungen beim Berliner Energie Zentrum beleuchtet und diskutiert. Interessierte Unternehmen sind herzlich zur Teilnahme eingeladen.

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