Versorgungsengpässe dürfen Mittelstand nicht gefährden – Trotz überarbeitetem Energiesicherungsgesetz (EnSiG) Wachsamkeit geboten

Der Bundestag hat am 11. Mai 2022 die Novelle des Energiesicherungsgesetzes – kurz EnSiG – beschlossen. Notwendig war, das noch aus dem Jahr 1975 stammende Gesetz an die Herausforderungen, die der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine mit sich bringt, anzupassen. So sollen künftig schnellere Handlungsfähigkeit gewährleistet und Krisenvorsorge gestärkt werden. Auch wurden Regelungen zur Stärkung der europäischen Solidarität bei der Gewährleistung der sicheren Gasversorgung in die Novelle aufgenommen.

BDeutscher Bundestag, Berlinerlin, 11.05.2022 – Um angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der damit verbundenen Auswirkungen auf die Energiemärkte, Energieversorgungssicherheit weiterhin zu gewährleisten und die schnelle Handlungsfähigkeit im Krisenfall sicherzustellen, hat der Bundestag eine grundlegende Überarbeitung des aus den 70er Jahren stammenden Energiesicherheitsgesetzes beschlossen.

Das Energiesicherungsgesetz ermächtigt die Exekutive, im Falle einer unmittelbaren Gefährdung oder Störung der Energieversorgung Maßnahmen zu ergreifen, um die Deckung des lebenswichtigen Bedarfs an Energie sicherzustellen. Dazu zählen Regeln zur Produktion, dem Transport oder der Verteilung von Energieträgern, teils aber auch der Nutzung, wie die Einführung von Fahrbeschränkungen.

Konkret kann künftig die Bundesregierung zur Umsetzung der Krisenmaßnahmen eine digitale Plattform errichten und einsetzen – für den Sektor Gas wird dies bereits umgesetzt. So müssen sich größere Industriebetriebe und Gashändler auf der Plattform registrieren und verschiedene Daten hinterlegen. Darauf basierend können im Krisenfall Reduktionspotenziale besser identifiziert und gezielte Abschaltungen vorgenommen werden. Vorbeugend werden zudem Rechtsgrundlagen für besondere Krisenvorsorgemaßnahmen geschaffen, die schon vor Eintritt einer unmittelbaren Gefährdung oder Störung der Energieversorgung angewandt werden können. Dabei geht es zunächst darum, besondere Maßnahmen überhaupt anordnen zu können, wenn die Gefahr besteht, dass Betreiber kritischer Infrastrukturen ihren Aufgaben nicht mehr angemessen nachkommen können und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht.

In diesem Fall besteht nunmehr die Möglichkeit einer Treuhandverwaltung und – als Ultima Ratio – auch die Enteignung. Hinzu kommen Regelungen zur Preisanpassung für den Fall, dass Versorgungsengpässe nach dem Notfallplan Gas festgestellt wurden und Gaslieferungen ausbleiben oder drastisch gekürzt werden. Außerdem werden Voraussetzungen geschaffen, um im Bereich kritischer Energieinfrastrukturen den Einsatz kritischer Komponenten untersagen zu können, wenn sonst die öffentliche Ordnung oder Sicherheit Deutschlands beeinträchtigt wäre – und, ähnlich der Stilllegung von Kraftwerken im Stromsektor, muss künftig auch eine geplante Stilllegung von Gasspeicheranlagen angezeigt und von der Bundesnetzagentur genehmigt werden.

Nicht zuletzt wird, für den Fall, dass ein europäischer Mitgliedstaat Deutschland nach den Vorgaben der EU-SoS-Verordnung um Unterstützung ersucht, es ermöglicht, Maßnahmen zu ergreifen, um der bestehenden Pflicht zur Lieferung von Gas an EU-Mitgliedstaaten nachkommen zu können.

Dass die Bundesregierung alle Hebel in Bewegung setzt, schnellstmöglich die Abhängigkeit von russischen Energieimporten zu reduzieren, ist auch aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES energie- und geopolitisch geboten. Angesichts der Geschwindigkeit der notwendigen Veränderungen bleibt allerdings anzumahnen, dass am Ende Unternehmen, die bereits durch die Corona-Pandemie stark beeinträchtig waren und noch sind, durch überzogene Preise über Gebühr belastet werden. Ohne Frage sind hierfür die Regelungen, wie sie jetzt mit dem novellierten Energiesicherungsgesetz verabschiedet wurden gerade mit Blick auf die Bezahlbarkeit von Energie zu begrüßen.

„Allerdings muss auch konstatiert werden, dass die Energiepolitik der letzten 20 Jahre jedem rationalen unternehmerischen Vorsatz zur Diversifizierung der Lieferanten zuwider gelaufen ist und nun umso mehr die Pflicht besteht, im Interesse von Wirtschaft und Gesellschaft schnellstmöglich das energiepolitische Ruder herumzureißen ohne den Mittelstand über Gebühr zu gefährden“ – so auch Dr. Ludwig Veltmann, der Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES ZGV e.V. in Berlin.

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