BGB-Reform: Justizministerium legt Referentenentwurf vor

Das Bundesjustizministerium beantwortet in seinem Referentenentwurf zur BGB-Reform drängende Fragen der kaufrechtlichen Mängelhaftung. Mit dem Entwurf legt das Ministerium außerdem neue Bauvertragstypen mit spezifischen Pflichten vor.

Brüssel, 01.10.2015 — Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), wie wir es heute kennen, ist von einer Vielzahl europäischer Vorschriften geprägt. Seit der Schuldrechtmodernisierung aus dem Jahre 2002 - basierend auf EU-Vorgaben - haben sich viele neue Rechtsgrundsätze herausgebildet.

Zuletzt führte die Verbraucherrechterichtlinie neue Informationspflichten des Verkäufers gegenüber dem Verbraucher ein. Dabei kam es immer wieder zu Unstimmigkeiten der deutschen Regeln mit den Regelungen der stehenden Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf.

Haftungsfalle Einbau

Wohl größtes Beispiel hierfür sind die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs sowie die daraus folgende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei den sogenannten "Einbaufällen". Der EuGH entschied im Jahre 2011, dass der Verkäufer einer beweglichen Sache im Rahmen einer Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher verpflichtet sein kann, die bereits in eine andere Sache eingebaute mangelhafte Kaufsache auszubauen und die Ersatzsache einzubauen oder die Kosten für beides zu tragen. Für einen Kaufvertrag zwischen Unternehmern ( B2B-Geschäft) gilt dies nach der Rechtsprechung des BGH jedoch nicht.

In der Vergangenheit hatte dies vor allem für Handwerker gravierende Folgen: Hat dieser mangelhaftes Baumaterial gekauft und dieses in Unkenntnis des Mangels bei einem Dritten verbaut, so ist er bislang dem Auftraggeber gegenüber zur Beseitigung dieses Mangels verpflichtet. Die Pflicht zur Mangelbeseitigung umfasst dabei auch den Ausbau des mangelhaften den Einbau von mangelfreiem Baumaterial. Von dem Verkäufer des Baumaterials kann er dagegen nach geltendem Recht nur die Lieferung des dafür benötigten neuen Baumaterials verlangen. Die Aus- und Einbaukosten muss er - von den Fällen eines schuldhaften Verhaltens des Verkäufers abgesehen - selbst tragen.

Ansatz des BMJV

Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD knüpft an diese Rechtsprechung an und sieht vor, die Rechtsposition der Werkunternehmer, die mangelhaftes Baumaterial gekauft und bei Dritten verbaut haben, zu verbessern. Mit dem kürzlich vorgestellten Referentenentwurf kommt das Bundesjustizministerium dieser Selbstverpflichtung nach.

Als Klarstellung und unmittelbare Umsetzung soll der Anspruch des Auftraggebers gegen den Werkunternehmer nun ausdrücklich die Kosten für den Ausbau der mangelhaften und den Einbau einer mangelfreien Sache umfassen. Dieser Anspruch soll unabhängig von einem Verschulden des Handwerkers oder Bauunternehmers bestehen.

Neu und damit über die Rechtsprechung von EuGH und BGH hinausgehend ist hierbei die Möglichkeit der "Durchreichung" dieser Kosten innerhalb der Wertschöpfungskette. Dem Werkunternehmer soll ein verschuldensunabhängiger Anspruch gegen seinen Lieferanten zustehen, die ihm durch den Aus- und Einbau entstandenen Mehrkosten gegenüber seinem Lieferanten geltend zu machen. Diese Kosten sollen zudem in der eben beschriebenen Art und Weise in der Lieferkette insgesamt Anwendung finden. Dahinter steht der Gedanke, dass Nachteile aus der Mangelhaftigkeit einer Sache möglichst bis zum Unternehmer weitergegeben werden, in dessen Bereich der Mangel entstanden ist.

Was vom Recht übrig bleibt

Grundsätzlich ist damit dem Prinzip der Stufenverantwortung Rechnung getragen. Dieser begrüßenswerte Ansatz findet jedoch einige Einschränkungen. Zum einem ist ein Unternehmer bereits heute verpflichtet, die erhaltene Ware auf ihre Mangelfreiheit hin zu überprüfen. Der Umfang und die Tiefe der Prüfungspflicht ergibt sich hierbei aus den Umständen des Einzelfalls. Eine Verletzung der ausdrücklich vorbehaltenen Untersuchungs- und Rügeobliegenheit kann daher das Entstehen von Regressketten verhindern oder solche unterbrechen.

Zum anderen wird im Referentenentwurf eine Anpassung der Regeln über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgeschlagen. Im Rahmen von Verbraucherverträgen soll ein Ausschluss der Haftung für den Ein- und Ausbau mangelhafter Sachen nicht möglich sein. Demgegenüber erfolgt kein ausdrücklicher Hinweis auf das Verhältnis von Unternehmern untereinander. Ein Ausschluss der Haftung dieser Kosten ist damit weiterhin möglich. In seinen Erläuterungen führt das Bundesjustizministerium zwar an, dass die Regelungen über Verbraucherverträge Ausstrahlungswirkung auch auf Verträge zwischen Unternehmern entfalten, eine entsprechende Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen in B2B-Verträgen mithin auch unwirksam sein dürfte. Eine Garantie, dass eine entsprechende Klausel im Zweifel tatsächlich als unwirksam betrachtet wird, ist jedoch fraglich. Das Bundesjustizministerium bleibt in der entsprechenden Begründung sehr vage. Um wirklich Klarheit in der Lieferkette zu erhalten, müsste daher eine Nachbesserung erfolgen.

Der Bauvertrag

Neu eingefügt werden soll ein eigenes Kapitel über den Bauvertrag.

Im Wesentlichen sollen die Regeln des Werkvertragsrechts um folgende Punkte ergänzt werden:
  • Zur Erleichterung der Abgrenzung von Bau- und "einfachen" Werkverträgen soll der Begriff Bauvertrag nunmehr eindeutig definiert werden.
  • Dem Besteller einer Bauleistung wird nun ausdrücklich ein Anordnungsrecht zur Anpassung der Bauleistung nach Vertragsrecht zugesprochen. Dem Baudienstleister soll demgegenüber ein Recht auf Preisanpassung nach den im Vorschlag vorgesehenen Regeln zustehen.
  • Die Kündigung eines Bauvertrags soll zudem nur wirksam sein, wenn diese schriftlich erklärt wurde.

Der Verbraucherbauvertrag

Spezielle Vorschriften sind vorgesehen, sollte der Besteller einer Bauleistung ein Verbraucher sein.
  • Der Verbraucher soll das Recht auf eine umfassende Beschreibung der Bauleistung bei Vertragsschluss erhalten. Die durch die Verbraucherrechterichtlinie eingeführten Informationspflichten sollen damit auch auf Bauleistungen erweitert werden.
  • Der Verbraucherbauvertrag soll zudem verbindliche Angaben zum Zeitpunkt der Vollendung des Baus enthalten.
  • Weiterhin soll der Verbraucher berechtigt sein, den Bauvertrag innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss zu widerrufen. Die Widerrufsvorschriften, wie sie bereits im Fernabsatz bestehen, sollen entsprechende Anwendung finden.
  • Über das Widerrufsrecht muss der Verbraucher informiert werden.
DER MITTELSTANDSVERBUND wird den weiteren Gesetzgebungsprozess verfolgen und sich für eine ausgewogene Verteilung des Haftungsrisikos einsetzen. Insbesondere muss das bewährte Prinzip der Stufenverantwortlichkeit in der Wertschöpfungskette konsequent angewendet werden.

Weitere Informationen:

Verbraucherrechterichtlinie: was sich alles ändert

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