BGB-Reform: Stufenverantwortlichkeit beachten!

DER MITTELSTANDSVERBUND hat den Gesetzentwurf des Justizministeriums für eine Reform des Verbrauchervertragsrechts kritisiert. In seiner Stellungnahme fordert er die konsequente Einhaltung des Prinzips der Stufenverantwortlichkeit.

Berlin/Brüssel, 23.10.2015 — "Im Gewährleistungsrecht wollen wir dafür sorgen, dass Handwerker und andere Unternehmer nicht pauschal auf den Folgekosten von Produktmängeln sitzen bleiben, die der Lieferant oder Hersteller zu verantworten hat." So steht es im Koalitionsvertrag. Deshalb hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) auch einen Referentenentwurf vorgestellt, wie dies zukünftig im Verbrauchervertragsrecht gelöst werden soll.

Hintergrund sind die sogenannten Ein- und Ausbaufälle, mit denen sich bereits der EUGH und auch der BGH zu befassen hatten. Der EuGH entschied im Jahre 2011, dass der Verkäufer einer beweglichen Sache im Rahmen einer Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher verpflichtet sein kann, die bereits in eine andere Sache eingebaute mangelhafte Kaufsache auszubauen und die Ersatzsache einzubauen oder die Kosten für beides zu tragen. Für einen Kaufvertrag zwischen Unternehmern (B2B-Geschäft) gilt dies nach der Rechtsprechung des BGH jedoch nicht.

In der Vergangenheit hatte dies vor allem für Handwerker gravierende Folgen: Hat dieser mangelhaftes Baumaterial gekauft und dieses in Unkenntnis des Mangels bei einem Dritten verbaut, so ist er bislang dem Auftraggeber gegenüber zur Beseitigung dieses Mangels verpflichtet. Die Pflicht zur Mangelbeseitigung umfasst dabei auch den Ausbau des mangelhaften sowie den Einbau von mangelfreiem Baumaterial. Von dem Verkäufer des Baumaterials kann er dagegen nach geltendem Recht nur die Lieferung des dafür benötigten neuen Baumaterials verlangen. Die Aus- und Einbaukosten muss er - von den Fällen eines schuldhaften Verhaltens des Verkäufers abgesehen - selbst tragen.

Der Ansatz des BMJV

Im Referentenentwurf wird klar geregelt, dass der Verbraucher von einem Handwerker die Kosten für den Ausbau einer mangelhaften und den Einbau einer mangelfreien Sache verlangen kann.

Um den Handwerker nicht schutzlos zu stellen, kann dieser seinen Schadensposten bei seinem Lieferanten geltend machen. Dieser kann wiederum Regress bei seinem Vorlieferanten nehmen. Die Haftungskette wird somit bis auf den Hersteller, der mit dem In-Verkehr-Bringen der Sache auch die Gewähr für deren Mangelfreiheit übernehmen muss, erweitert.

In seiner Stellungnahme begrüßt DER MITTELSTANDSVERBUND diesen Ansatz. Die Letztverantwortung für die Mangelfreiheit eines Produkts liegt damit richtigerweise beim Hersteller. Alle anderen Glieder der Lieferkette können sich an ihren Vertragspartner halten.

Dem Prinzip der Stufenverantwortung ist damit zunächst Rechnung getragen. Weitere Haftungsregeln sorgen zudem dafür, dass ein Verschulden eines Vertragspartners gegebenenfalls zu einem Ausschluss des Anspruchs führen kann. Die neuen Haftungsregeln werden daher nicht automatisch angewendet, sondern unterliegen – wie auch alle bisherigen Haftungsansprüche – einem ausdifferenziertem System zur Verteilung der Verantwortlichkeiten.

Das BMJV hat es jedoch versäumt, diesen Grundsatz auch im Recht über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verankern. Denn auch nach dem Referentenentwurf soll es zukünftig möglich sein, die Haftung für die durch den Ausbau einer mangelhaften und den Einbau einer mangelfreien Sache entstandenen Schaden vertraglich auszuschließen.

Daraus ergeben sich nicht nur für den Handwerker Nachteile. So bliebe dieser zunächst auf den Kosten sitzen, die er für die Erfüllung seines Vertrages gegenüber dem Verbraucher aufbringen musste. Sind diese Zusatzkosten auf die Mangelhaftigkeit der Kaufsache zurückzuführen, ist ein solcher Ansatz unbillig.

Zudem könnten auch Lieferanten mit der weiterhin bestehenden Möglichkeit, diesen Schadensposten vertraglich auszuschließen, Schwierigkeiten bekommen. Hier könnte der Hersteller einseitig Vertragsbedingungen durchsetzen, die eine Haftung ausschließen würden. Auch der Lieferant wäre daher einem erheblichen Kostenrisiko ausgesetzt.

DER MITTELSTANDSVERUND fordert daher die Möglichkeit, auch innerhalb der Lieferkette die durch mangelhaft eingebaute Sachen entstandenen Kosten bis an den Hersteller durchreichen zu können, ohne dass ein Vertragspartner einseitig die Haftung ausschließen könnte.

Das BMJV verweist zwar auf die zu erwartende Rechtsprechung im Sinne einer Unrechtmäßigkeit solcher Vertragsklauseln. Dieser Hinweis ist jedoch nicht ausreichend.

"Nur klare Regeln über die Verantwortlichkeit in der Lieferkette können zu einem reibungslosen Ablauf in der Wertschöpfungskette führen", betont Tim Geier, Leiter des MITTELSTANDSVERBUND-Büros in Brüssel.

Weitere Informationen:

 BGB-Reform: Justizministerium legt Referentenentwurf vor

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