DER MITTELSTANDSVERBUND stellt Forderungen an die Koalitionäre

Nach Abschluss der Sondierungen sind CDU, CSU und SPD in Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag für die 19. Wahlperiode eingetreten. DER MITTELSTANDSVERBUND hat dazu den beteiligten Parteien ein Positionspapier mit den drängendsten Forderungen für den kooperierenden Mittelstand überreicht.

Berlin, 26.01.2018 – Am 26. Januar und damit gut vier Monate nach der Bundestagswahl haben die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD begonnen, nachdem die Basis der SPD den Weg dafür freigemacht hatte. Umstritten ist, wie schnell ein Abschluss gelingen kann – die Union will mit den Verhandlungen bis Karneval fertig werden.

DER MITTELSTANDSVERBUND stellt Forderungen an die Koalitionäre.DER MITTELSTANDSVERBUND hat nun die drängendsten Forderungen für den kooperierenden Mittelstand an die beteiligten Parteien adressiert.

In dem Positionspapier u.a. enthalten:

  • Mittelstandsfreundliches Wettbewerbsrecht
  • Flexiblere Arbeitszeitgestaltung
  • Gleichberechtigung bei der Datenverarbeitung in Verbundgruppen.

Im Einzelnen:

Forderung nach mittelstandsfreundlichem Wettbewerbsrecht

Nach gegenwärtigem Stand ist die rechtlich verbindliche Koordinierung von einheitlichen Verkaufspreisen in Einkaufsgenossenschaften, Verbundgruppen und Franchisesystemen – etwa im Rahmen von gemeinsamen E-Commerce Aktivitäten zur Unterstützung der angeschlossenen Mittelständler – rechtlich nicht möglich beziehungsweise mit ganz erheblichen Risiken verbunden. Dies stellt im Vergleich zu Filialsystemen und Großbetriebsformen einen immensen Wettbewerbsnachteil dar.

Daher muss wegen der besonderen Herausforderungen für Verbundgruppen in den digitalen Wirtschaftsprozessen ein Rahmen geschaffen werden, innerhalb der Verbundgruppe Preise mindestens für den Verkauf über einen einheitlichen Online-Shop zu koordinieren. Der Aufwand für jeweils händlereigene Online-Shops ist in der Regel für die einzelnen dort angeschlossenen Mitglieder (KMU) zu groß, als dass diese damit dauerhaft wettbewerbsfähig sein könnten. Eine Lockerung des Preisbindungsverbots innerhalb von Verbundgruppen würde diese im Online-Bereich zum Teil erst wettbewerbsfähig machen und damit den Online-Wettbewerb insgesamt stärken.

Die künftige Bundesregierung ist daher aufgefordert, sich auf europäischer Ebene, namentlich bei der demnächst anstehenden Novellierung der europäischen Vertikal Gruppenfreistellungsverordnung, für eine Lockerung des Preisbindungsverbots innerhalb von Verbundgruppen und damit für die Interessen des kooperierenden Mittelstandes einzusetzen.

E-Government: Bürokratie abbauen und Kosten einsparen nach estnischem Vorbild

DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt das Bekenntnis der Parteien zum E-Government. Andere europäische Staaten machen vorbildhaft klar, dass eine Digitalisierung der deutschen Verwaltung einen großen volkswirtschaftlichen Nutzen böte. Beispielsweise spart der Digitalisierungs-Primus Estland auf diese Weise Kosten in Höhe von zwei Prozent seines Bruttoinlandsproduktes pro Jahr. Würde dies in Deutschland umgesetzt, wären dies 60 Milliarden Euro. Diese Summe könnte in Entlastungen von Bürgern und Wirtschaft sowie in Zukunftsinvestitionen fließen.

Forderung nach flexiblerer Arbeitszeit-Gestaltung

Nur bewegliche Arbeitszeitlösungen werden den individuellen Bedürfnissen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gerecht. Die vorhandenen Spielräume der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie müssen genutzt werden, um auch das nationale Arbeitszeitgesetz flexibler zu gestalten. Dabei genügt es nicht, den Tarifvertrags- und Betriebsparteien die alleinige Entscheidungsbefugnis zu geben. Die Politik muss ihre Gestaltungsmöglichkeiten selbst nutzen und damit auch kleinen und mittleren Unternehmen sowie deren Beschäftigten den Zugang zu flexibleren Arbeitszeiten gewähren.

Wahlfreiheit & Flexibilität im Falle einer verpflichtenden Altersvorsorge für Selbständige

Falls die angekündigte Altersvorsorgepflicht für Selbständige im Koalitionsvertrag weiter konkretisiert wird, sind dabei größtmögliche Freiheit und Flexibilität zu wahren. Eine allgemeine Erwerbstätigenversicherung unter dem Dach der Deutschen Rentenversicherung wird abgelehnt. Eigene, freiwillige Vorsorgeleistungen müssen anerkannt werden. Zudem muss die die Einzahlung so flexibel gestaltet werden, dass sie der wechselnden Ertragslage der Unternehmer und letztlich deren Liquiditätserfordernissen Rechnung trägt.

Erfreulich ist, dass das Zusammenspiel mit der unverhältnismäßig hohen Belastung von Selbständigen in der Krankenversicherung erkannt wurde.

Gleichberechtigung bei der zustimmungsfreien Verarbeitung personenbezogener Daten

Im Sondierungspapier bleibt die Gestaltung eines modernen, an die Herausforderungen der Digitalisierung und die Interessen des Mittelstandes angepassten Datenschutzes unerwähnt. Dieses Versäumnis muss im Koalitionsvertrag nachgeholt werden.

Nach den Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) besteht ein Anscheinsbeweis für ein rechtfertigendes berechtigtes Interesse bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten innerhalb von sogenannten Unternehmensgruppen. Dabei soll es sich nach der Legaldefinition der DSGVO um eine Gruppe handeln, die aus einem herrschenden Unternehmen und den von diesem abhängigen Unternehmen besteht („Konzernprivileg“).

Die Interessenlage und der Bedarf für eine derartige Regelung ist aber auch in anderen wirtschaftlichen Unternehmensgruppen von herausragender Bedeutung: So kann zum Beispiel bei gemeinsamen Marketingaktionen und Internetauftritten von Verbundgruppen und Franchisesystemen und den darin organisierten mittelständischen Unternehmen ein berechtigtes Interesse der internen gemeinschaftlichen Verarbeitung personenbezogener Daten bestehen.

Eine unterschiedliche Behandlung von Konzern- Unternehmensgruppen einerseits und Verbundgruppen oder Franchisesystemen andererseits ist nicht gerechtfertigt und muss unterbunden werden. Die künftige Bundesregierung ist daher aufgefordert, sich für eine Gleichbehandlung und damit einen Nachteilsausgleich einzusetzen. Dies kann auf nationaler Ebene im Rahmen der DSGVO Öffnungsklauseln in einem zu reformierenden BDSG-neu, auf europäischer Ebene im Rahmen der Änderung der DSGVO geschehen.

„Kompetenzzentrum für den Handel“ ist erforderlich

Im Sondierungspapier bleiben der Handel und die Gestaltung zukunftsfähiger Rahmenbedingungen für die Branche nahezu unerwähnt. Dieses Versäumnis muss im Koalitionsvertrag nachgeholt werden.

In der 18. Wahlperiode wurde die bereits im damaligen Koalitionsvertrag vereinbarte „Dialogplattform Einzelhandel“ ins Leben gerufen, durchgeführt und mit wertvollen Erkenntnissen abgeschlossen. Nun gilt es, diese Erkenntnisse auf möglichst einfache Weise an die betrieblichen Praktiker zu transportieren. Nur so können sie Wirkung entfalten und für die Branche Nutzen stiften. Dabei sollte neben digitalen Angeboten, etwa einer Online-Plattform, auf Multiplikatoren und geeignete Veranstaltungen mit Strahlkraft gesetzt werden. Eine Verankerung des Kompetenzzentrums im Koalitionsvertrag ist auch angesichts der Bedeutung der Branche erforderlich.

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