Digitaler Einzelhandel: Althaus fordert mehr Engagement

Wie sieht die Zukunft der Innenstädte aus? Das diskutierten Experten bei der Abschlussveranstaltung der Dialogplattform Einzelhandel im Bundeswirtschaftsministerium. Ohne ein intelligentes Datenmanagement geht es nicht, mahnte der Präsident des MITTELSTANDSVERBUNDES.

Berlin, 08.06.2017 - Neue Perspektiven für den Einzelhandel – unter diesem Motto stand die Abschlussveranstaltung der Dialogplattform Einzelhandel, die am 6. Juni im Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in Berlin stattfand. Neben Erfolgsbeispielen aus der Wirtschaft wurden auch Ansätze diskutiert, wie Chancen für die digitale Revolution gewinnbringend zu nutze gemacht werden. Der Veranstaltung ging eine zweijährige Arbeit in verschiedenen Arbeitsgremien voraus, an der neben dem MITTELSTANDSVERBUND weitere Verbände, Kommunen und weiteren Vertretern Lösungen für den digitalen Einzelhandel unter die Lupe nahmen.

Zypries: Digitalisierung schafft große Herausforderungen

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte ZypriesBundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries unterstrich zunächst die Bedeutung der Digitalisierung für den Einzelhandel. „Digitalisierung, demografischer Wandel, verändertes Konsumentenverhalten – das sind Trends, die gerade kleinere Händler vor große Herausforderungen stellen“, erklärte sie.

So sei ein digitaler Auftritt heute generell Grundvoraussetzung, um wettbewerbsfähig zu bleiben. In der Regel gehört der digitale Vertrieb auch zu den Elementen, die bedeutsam für das Bestehen in der digitalen Welt sein werden. Der stationäre Einzelhandel überlebe demnach oftmals im Rahmen eines sich wandelnden Konsumverhaltens nur, wenn er über den Umsatz im Ladengeschäft hinaus wichtige Onlineumsätze generiere.

Diese Veränderung bringe auch neue Anforderungen an die Berufsbilder im Einzelhandel. Neue durch den digitalen Wandel bedingte Erfordernisse bedingen daher eine Anpassung der Berufsausbildung an digitale Realitäten. Konkret werde die technische Fort- und Ausbildung auch im Einzelhandel zukünftig an Bedeutung gewinnen.

Althaus: „Fühlen, Schmecken, Riechen“ geht nur im Laden

Präsident Günter Althaus zur Podiumsdiskussion zur Abschlussveranstaltung der Dialogplattform Einzelhandel am 6. Juni 2017 in Berlin.Ähnlich sahen das die Teilnehmer der anschließenden Podiumsdiskussion, darunter auch der Präsident des MITTELSTANDSVERBUNDES, Günter Althaus. So warb er für die Bedeutung von Daten für den morgigen Einzelhandel. Die Formel „no data, no retail“ bringe die Anforderungen an einen digitalisierten Einzelhandel auf den Punkt. Gerade für kleinere und mittlere Händler werde ein professionelles Datenmanagement wichtig, um die Händler mit den Kunden so gut wie möglich zusammenzubringen und nachhaltig zu vernetzen.

Noch immer gelte: „Fühlen, riechen, schmecken“ seien Stärken, die eben nur durch den Kontakt im Laden funktioniere, nicht aber online. Ein Vorteil, der den stationären Einkauf auch weiterhin erlebenswert macht.

Moderne Geschäftsmodelle sind gefragt

Außerdem werde das Thema Qualifikation durch die Digitalisierung auf die Unternehmer gelenkt, womit er die Eingangsformel der Ministerin für zukünftige Anforderungen an Fort- und Weiterbildung über die Mitarbeiterebene hinaushob. Nur wenn auch bei den Unternehmern das notwendige Know-how vorhanden sei, könne die Digitalisierung gelingen.

Auch als Kontrapunkt zu den restriktiven Positionen von ver.di betonte Althaus zurecht, dass man Digitalisierung als Chance und nicht als Bedrohung begreifen muss. Schließlich müssten sich die Einzelhändler, die keine Innovationskraft besitzen, nicht wundern, warum ihre Geschäftsmodelle an Relevanz verlieren und nicht in die Zukunft zu überführen sind. „Diese 50.000 verschwinden auch, weil sie völlig langweilige Geschäftsmodelle haben, die kein Mensch mehr braucht“, erklärte er. Das Internet sei eine „Riesenchance“, das müsse man zu nutzen wissen.

„Außerdem fehlen bislang liberale Marktstrukturen, die einen fairen Wettbewerb zwischen stationärem und Onlinehandel ermöglichen. Erweiterte Ladenöffnungszeiten und eine flexiblere Preisgestaltung, wie sie im E-Commerce längst umgesetzt werden, sind dafür nur einige Beispiele dafür, wo wir ansetzen müssen“, forderte Althaus.

Die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten am Sonntag sei beispielgebend, wie man die Wettbewerbsfähigkeit der Läden stärken könne. DER MITTELSTANDSVERBUND hatte sich in der Vergangenheit mehrfach dafür eingesetzt, den Fleckenteppich der Bundesländer endlich zu schließen und einheitliche Standards festzulegen.

Verbundgruppe wird entscheidend

Wie gut die Verzahnung der On- und Offline-Welt gelingen kann, erklärte anschließend Jochen Mauch, Bereichsleiter Marketing und E-Commerce der EURONICS Deutschland eG. Die Elektrofachhandelskooperation arbeitet kontinuierlich daran, die Beziehung zwischen Verbundgruppen und ihren Anschlusshäusern dem digitalen Wandel anzupassen.

So sei es im Zeitalter der Digitalisierung von Bedeutung, über das Anschlusshaus hinaus an deren Endkunden bei der Lösungsfindung zu denken, um die Chancen der Digitalisierung für die Verbundgruppenmitglieder richtig zu nutzen. Allerdings müssen sich die Händler damit arrangieren, dass viele Lösungen nur über „trial and error“ gefunden werden und insofern Misserfolge Bestandteil eines wichtigen Lernprozesses sind. Letzten Endes würden dann vor allem die kleineren Mitglieder auch von digitalen Automatisierungsprozessen profitieren und damit perspektivisch ihre Wettbewerbssituation verbessern.

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

Die Teilnehmer der Veranstaltung waren sich einig: Wer die Chancen der Digitalisierung nutzt, hat die Möglichkeit, sein Geschäftsmodell in neue Bereiche erfolgreich und nachhaltig zu skalieren. Eine Garantie für einen Erfolg gibt es allerdings nicht. Nur wer die Chancen nicht zu nutzen versucht, hat von vornherein verloren. Deshalb ist es wichtig, sich den Herausforderungen frühzeitig zu stellen. Die Verbundgruppen sind dafür ideale Partner.

Die Dialogplattform Einzelhandel wurde 2015 vom Bundeswirtschaftsministerium ins Leben gerufen, um die Chancen der Digitalisierung für den Einzelhandel zu diskutieren. In einem zweijährigen Dialogprozess erarbeiteten Vertreter aus Wirtschaft, Verbänden, Wissenschaft, Gewerkschaften sowie Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen in verschiedenen Arbeitsgruppen Handlungsempfehlungen, die anschließend in Modellprojekten Anwendung finden sollen. DER MITTELSTANDSVERBUND beteiligte sich aktiv an den Arbeitsgremien und beriet darüber hinaus in regelmäßigen Abständen als Beiratsmitglied.

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