Kartellamt kämpft nun auch für Verbraucherschutz

Werden die Rechte der Verbraucher von Unternehmen eingehalten? Das Bundeskartellamt kann diesem Sachverhalt nun nachgehen. DER MITTELSTANDSVERBUND kritisiert die neuen Kompetenzen.

Berlin, 13.06.2017 - Das Bundeskartellamt hat Grund zur Freude. Denn die 9. GWB-Novelle sieht weitreichende Änderungen im Kompetenzbereich der Wettbewerbsbehörde vor. Demnach darf das Kartellamt nun auch die Einhaltung des Verbraucherrechts überwachen. Set dem 8. Juni gilt die Gesetzesänderung. DER MITTELSTANDSVERBUND bleibt skeptisch.

Was ändert sich?

Der Sitz des Bundeskartellamtes in BonnBei begründetem Verdacht auf gravierende Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften darf die Behörde Sektoruntersuchungen einleiten. Scheint ein gravierender Verstoß gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) oder rechtliche Vorgaben für Allgemeine Geschäftsbedingungen möglich, könnte das Bundeskartellamt zukünftig mit Auskunftsverlangen auf Unternehmen zugehen.

Zwar gibt die Behörde Entwarnung, dass solche Sektoruntersuchungen sich nicht gegen bestimmte Unternehmen richteten, sondern den Zweck verfolgten, die Marktbedingungen vertieft zu erforschen. Mit Blick auf die Personalunion als Verbraucherrechts- und Wettbewerbshüter wird sich allerdings erst zeigen, ob es wirklich dabei bleibt. Ein Wehrmutstropfen: Die Abschöpfung von Gewinnen ist in den neuen Vorschriften nicht vorgesehen.

Einfluss im Verbraucherschutz

Das Bundeskartellamt hatte bereits in vergangen Jahren Sektoruntersuchungen eingeleitet, um wettbewerbsbezogene Beschränkungen festzustellen. In Zukunft wird es diese Untersuchungen auch im Rahmen des Verbraucherschutzes einleiten können, sobald erhebliche, dauerhafte oder wiederholte Verstöße vorliegen, die eine Vielzahl von Verbrauchern beeinträchtigen. Darüber hinaus wird sich die Wettbewerbsbehörde auch in gerichtliche Rechtstreitigkeiten einschalten können, die solche Verstöße zum Gegenstand haben.

DER MITTELSTANDSVERBUND reagiert mit Unverständnis auf die Erweiterung der Kompetenzen des Bundeskartellamtes. Der Spitzenverband verweist auf die bisher geltende Praxis, nach der Verbraucherschutz privat oder auch durch die zahlreichen Verbraucherschutzverbände durchgesetzt werden kann. "Es besteht überhaupt keine Notwendigkeit, Verbraucherrechte parallel zur privaten Rechtsdurchsetzung auch noch behördlich durchzusetzen, der Kostenaufwand, der für den Bundeshaushalt mit einer Erweiterung der behördlichen Befugnisse und der dort neu zu schaffenden Personalstellen verbunden wäre, ist daher bei kritischer Bewertung nicht zu rechtfertigen", so Dr. Marc Zgaga, Geschäftsführer Recht & Wettbewerb. Es bestehe außerdem die Gefahr, dass das gesamte System der funktionierenden Verbraucherrechtsdurchsetzung durch einen solchen Eingriff geschwächt würde. Unabhängig von den grundsätzlichen Bedenken wäre es  außerordentlich problematisch, einen Paradigmenwechsel im Bereich der Durchsetzung von Verbraucherschutzrechten einzuleiten, ohne dass bestehende Defizite im Bereich der privaten Rechtsdurchsetzung konkret belegt oder auch nur seriös benannt werden können. Hierzu ist mindestens eine Evaluation als Grundlage für die weitere politische Diskussion erforderlich.

Bald noch mehr Kompetenzen?

Skeptisch sieht der Spitzenverband des kooperierenden Mittelstandes deshalb in diesem Zusammenhang eine Aussage des Präsidenten der Behörde, Andreas Mundt. Dieser sprach nach Beschluss der 9. GWB-Novelle von einem „ersten Schritt“. Es ist daher nicht auszuschließen, dass zukünftige Diskussionen über eine Erweiterung dieser Kompetenzen zu befürchten sind. Hiergegen wird sich DER MITTELSTANDSVERBUND demnächst in einem Positionspapier wenden.

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