Kartellamt legt Jahresbericht 2016 vor

Das Bundeskartellamt hat seinen Jahresbericht veröffentlicht. Darin enthalten sind auch die neuen Kompetenzen der Behörde im Bereich Verbraucherschutz. DER MITTELSTANDSVERBUND kritisiert die neuen Befugnisse.

Berlin, 03.07.2017 - Seit Anfang Juni verfügt das Bundeskartellamt (BKartA) über eine Reihe neuer Kompetenzen. Grund dafür ist das in Kraft treten der 9. GWB-Novelle, die der Behörde neue Befugnisse im Bereich des Verbraucherschutzes zugesprochen hat.

Bundeskartellamtspräsident Andreas MundtBei der Vorstellung des Tätigkeitsberichts 2015/2016 sowie des Jahresberichts 2016 am 28. Juni erklärte der Präsident des Kartellamtes, Andreas Mundt, worauf sich Unternehmen in der Zukunft gefasst machen sollten.

Kartellrechtliche Fragestellungen der Internetwirtschaft

„Die Anpassungen werden es uns erlauben, im Bereich der Internetwirtschaft noch wirkungsvoller als bislang zu agieren“ erklärte Mundt. In den zurückliegenden Jahren wurden bereits zahlreiche „Internet-Fälle“ abgeschlossen. Unter anderem hat die Behörde gegen Amazon Marketplace und bekannte Hotelbuchungsportale erwirkt, dass die sogenannten Bestpreis-Klauseln aufgegeben wurden, die die Händler bzw. Hoteliers dazu verpflichteten, an keiner anderen Stelle günstigere Angebote machen zu dürfen.

Verfahren gegen Facebook

Das Kartellamt ermittelt außerdem derzeit gegen den Online-Ticketvermarkter CTS Eventim und hat ein Verfahren gegen Facebook eingeleitet. Die Behörde geht hier dem Verdacht nach, dass Facebook durch etwaige Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften seine mögliche marktbeherrschende Stellung auf dem Markt für soziale Netzwerke missbraucht.

18 Kartellverfahren in 2015/2016

Auch beim Thema Kartellverfolgung war die Behörde im vergangenen Jahr aktiv. In insgesamt 18 Kartellverfahren hat das BKartA in 2015 und 2016 rund 332 Millionen Euro Bußgelder wegen verbotener Absprachen verhängt. Die Verfahren betrafen die verschiedensten Branchen, wie z.B. Automobilzulieferer, Matratzenhersteller, Anbieter von Containertransporten, Hersteller von Fertiggaragen, den Sanitärgroßhandel, die Spielzeugbranche oder TV-Studios sowie vertikale Absprachen zwischen Herstellern und Händlern von Lebensmitteln.

Es wurden zahlreiche neue Kartellverfahren eingeleitet. Die Behörde hat 2016 17 Durchsuchungsaktionen bei insgesamt 91 Unternehmen durchgeführt. Im ersten Halbjahr 2017 setzte sich dieser Trend fort mit bereits zehn Durchsuchungen bei insgesamt 36 Unternehmen.

Neue Kompetenzen für den Verbraucherschutz

Bei der Vorstellung des Jahresberichts verwies Mundt auch auf die neuen Kompetenzen im Bereich des Verbraucherschutzes. Die Behörde kann künftig bei begründetem Verdacht auf gravierende Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften, wie beispielsweise das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) oder rechtliche Vorgaben für Allgemeine Geschäftsbedingungen, Sektoruntersuchungen durchführen.

Ebenso kann sich das Bundeskartellamt künftig in laufende gerichtliche Rechtsstreitigkeiten, die solche Verstöße zum Gegenstand haben, einschalten. „Gerade in der Internetwirtschaft gibt es Fälle, in denen Unternehmen durch eine einzige rechtswidrige Maßnahme Millionen Verbrauchern auf einmal schaden können. Deswegen macht es gerade dort Sinn, den etablierten, vorwiegend privatrechtlich organisierten Verbraucherschutz in Deutschland durch eine Behörde wie das Bundeskartellamt zu unterstützen“, so Mundt.

Zgaga: „Befugnisse sind unverhältnismäßig“

Geschäftsführer Dr. Marc ZgagaDER MITTELSTANDSVERBUND kritisiert die neuen Befugnisse der Behörde. Der Spitzenverband sieht die zusätzlichen Kompetenzen sehr kritisch und lehnt die weiteren politisch diskutierten Pläne, zivilrechtliche Verbraucherschutzbestimmungen ebenso wie lauteres geschäftliches Verhalten nicht nur wie bisher im Wege der privaten Rechtsdurchsetzung, sondern auch mit Hilfe einer Behörde öffentlich-rechtlich durchzusetzen, entschieden ab.

„Die diskutierte Einführung neuer Befugnisse zur behördlichen Rechtsdurchsetzung ist nicht erforderlich, unverhältnismäßig und wird der effektiven Rechtsdurchsetzung eher schaden als nützen“, erklärte Dr. Marc Zgaga, Geschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES.

Wettbewerbsregister kann Unternehmen ausschließen

Am 2. Juni wurde vom Bundestag das Gesetz zur Einführung eines Wettbewerbsregisters beschlossen. Danach werden künftig in einem zentralen Bundesregister erhebliche Rechtsverstöße verschiedener Art erfasst, die zu einem mehrjährigen Ausschluss von Unternehmen bei öffentlichen Vergaben führen können. Eingetragene Unternehmen können jedoch eine vorzeitige Löschung durch Maßnahmen der Selbstreinigung erreichen. Das elektronische Register wird beim BKartA geführt.

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