Mundt verspricht mehr Klarheit bei vertikaler Preisbindung

Hoher Besuch beim DIHK-Handelsausschuss: Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, erläutert die Wettbewerbsproblematik in digitalen Zeiten.

Berlin, 12.11.2015 — Seit die Digitalisierung neue Vertriebskanäle schafft, häufen sich kartellrechtliche Fragen. Insoweit erwarteten die Teilnehmer der jüngsten Zusammenkunft des DIHK-Handelsausschusses, darunter auch der Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES, Dr. Ludwig Veltmann, mit Spannung die Ausführungen des obersten Kartellwächters der Republik, Andreas Mundt. Zu einigen akuten Verunsicherungen des Handels nahm er konkret Stellung..

Doppelpreissysteme

Bundeskartellamtspräsident Andreas MundtDarunter seien Systeme zu verstehen, bei denen der Hersteller dem Händler je nach Vertriebskanal (stationär oder online) unterschiedlich hohe Leistungsrabatte zubilligt. Dies sei eindeutig wettbewerbswidrig. Es gebe in der Praxis mitunter sogar so große Unterschiede, dass sich der Onlinevertrieb für den Händler von selbst verbiete. Die Wettbewerbsbehörde müsse hier ein ausgewogenes Verhältnis herbeiführen. In der Tat sei der stationäre Handel oft mit höheren Kosten verbunden, deshalb könne der Hersteller dafür auch "einen gewissen Zuschuss" geben, nicht aber "ein Steuerungsinstrument in der Hand haben", also Rabatte, um vorzugeben, wie ein Händler tatsächlich die Ware vertreibe. Man werde mit der Praxis sprechen, wie diese Zuschüsse aussehen müssen. Mundt würde gern mehr darüber wissen, warum dieses Instrument in der Praxis noch sehr wenig angewendet wird.

Nutzung von Online-Plattformen

Die Digitalisierung stelle Wettbewerbsrechtler vor große Herausforderungen, erklärte Mundt. So habe seine Behörde die Fusion zweier Partnerschaftsplattformen zu beurteilen gehabt, bei der es extrem schwierig war, überhaupt einen "relevanten Markt" zu definieren.

Klar sei, dass ein Hersteller einen Händler nicht bei der Wahl seiner Vertriebssysteme beschränken dürfe. So sei ein Verbot des Vertriebs über eine Online-Plattform des Händlers nicht zulässig. Damit werde insbesondere der kleinere Händler davor geschützt, im Netz nicht gefunden zu werden. Dagegen könne der Hersteller selbstverständlich einen Qualitätsanspruch hinsichtlich der Positionierung seines Produktes an den Händler vorgeben. Nicht verbieten könne der Hersteller dem Händler zudem, Preissuchmaschinen im Internet zu nutzen.

Fusion EDEKA-Tengelmann

Die Fusion von EDEKA und Tengelmann wurde vom Bundeskartellamt untersagt. Schon in den Jahren 1997 bzw. 1999 habe man die Konzentration im Handel erkannt, so der Chef der Behörde. Damals habe es im Lebensmitteleinzelhandel acht Anbieter mit einem Marktanteil von 70 Prozent gegeben. Heute gebe es nur noch vier mit einem Anteil von 85 Prozent. Und davon führen nur noch drei Anbieter Vollsortimente. Schon die Fusionen der letzten Jahre (z.B. die Übernahme der Plus-Märkte, von Trinkgut oder Ratio) seien lediglich mit hohen Auflagen freigegeben worden. EDEKA hat heute 12.000 Filialen. Bei nationaler Betrachtung entspricht das 30 Prozent des Gesamtmarktes.

Tengelmann sei mit einem Marktanteil von 1,6 Prozent zwar klein. Mit einem Umsatz von rund 2 Mrd. Euro in rund 450 Filialen in drei Regionen – Berlin, Oberbayern und Rhein-Ruhr – sei er aber der Größte unter den Kleinen. EDEKA hat einen Antrag auf Ministererlaubnis gestellt. Falls Bundeswirtschaftsminister Gabriel diese geben sollte, sei dies keine Korrektur des Kartellamtes, betonte Mundt. Der Minister würde die Fusion in diesem Fall aus politischer höher zu bewertenden Faktoren genehmigen. Mundt zeigte aber auch auf, dass es bislang nur wenige solche Fusionsgenehmigungen gegeben habe. Seit 1974 wurden nur acht der beantragten 21 Fusionen bewilligt. Man müsse die Anhörung am 16. November abwarten.

Vertikale Preisbindung

Mundt erklärte zum Thema vertikale Preisbindung, dass die Markenhersteller in diesem Zusammenhang gern von "Markenschutz" oder "Markenpflege" sprechen würden. Das Bundeskartellamt habe in den zurückliegenden Jahren alle Formen "einseitiger Druckmittel" untersucht. Mit Bußgeldern habe man aber ausschließlich eindeutige Fälle belegt.

Er stellte klar, dass vertikale Preisbindung nicht grundsätzlich verboten sei. Vielmehr sei die Festlegung von Preisen in vertikalen Vertriebssystemen freistellungsfähig. Mit diesem Thema werde man sich in Zukunft, auch mit Blick auf die Verbundgruppen, noch einmal näher beschäftigen müssen. Sein Haus plane dazu die Erstellung einer Leitlinie, mit der die rechtlichen Regeln besser nachvollzogen werden können. Wann dies genau geschehe, konnte Mundt jedoch nicht sagen. Sicher sei aber, dass dazu auch die Verbände konsultiert werden.

DER MITTELSTANDSVERBUND setzt sich seit Langem dafür ein, die Preisbindung in vertikalen Systemen zu erlauben. Der Spitzenverband kritisiert den Wettbewerbsnachteil für Verbundgruppen durch das Verbot – besonders im Online-Handel.

Weitere Informationen:

Zukunftsprojekt: Preispolitik in Verbundgruppen

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