Starre, die schockt

Der Mittelstand ist verärgert über politische Hängepartien wie bei der dringend notwendigen Reform des Insolvenzanfechtungsrechts. MITTELSTANDSVERBUND-Hauptgeschäftsführer Veltmann sieht Vertrauen in die Politik in Gefahr.

Berlin, 10.11.2016 – Der Schock nach dem Ergebnis der Präsidentschaftswahlen in den USA sitzt noch tief. Mit Donald Trump wird ein unberechenbarer Populist als 45. Präsident in das Weiße Haus einziehen. Und die ganze Welt rätselt, was das wohl bedeuten mag. Sicher ist, dass sich der Populismus in der westlichen Welt auf dem Vormarsch befindet. Befeuert wird er durch die Entfremdung gerade des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Mittelstandes mit der Politik.

MITTELSTANDSVERBUND-Hauptgeschäftsführer Dr. Ludwig VeltmannDer Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES, Dr. Ludwig Veltmann, warnt davor, dass politische Hängepartien das Vertrauen des Mittelstandes in die Politik und deren Verlässlichkeit gefährden. Deswegen sei es so wichtig, dass wichtige Reformen wie die des Insolvenzanfechtungsrechts noch in diesem Jahr umgesetzt werden. Schließlich stehen auch bei uns im nächsten Jahr wichtige Wahlen an.

Dr. Ludwig Veltmann: „Spätestens seit der Wahl in den USA wissen wir, was Demokratie aushalten muss. Auch haben wir gelernt, dass selbst für hochdekorierte Meinungsforschungsinstitute Prognosen schwierig sind, gerade wenn sie die Zukunft betreffen. Es war ein sattes Versagen und ein herber Schlag. Entsprechend turbulent die Reaktionen in aller Welt und Sorge vor dem Unberechenbaren.

Mittelstand lebt gesellschaftliche Werte

Bei vielen Menschen wachsen die Furcht vor dem sogenannten 'postfaktischen Populismus‘ und zugleich die Hoffnung auf Stabilität, Zuversicht, Toleranz und Berechenbarkeit. Diese gesellschaftlichen Werte werden bei uns Zulande gerade vom Mittelstand gelebt. Grund genug, die von weitsichtigen Unternehmern seit vielen Jahrzehnten vorangetriebene wirtschaftskulturelle und besonders in Deutschland flächendeckende Erfolgsgeschichte auch weiterhin entschlossen und selbstbewusst zu verteidigen. Gerade die ausgeprägte Bereitschaft und Fähigkeit, miteinander in intelligenten Netzwerken wie Genossenschaften und anderen Kooperationsrechtsformen eigene, für gewöhnlich größenbedingte, Schwächen auszugleichen und gegenseitige Hilfe zu ermöglichen, prägt allerorten das Bild im Großhandel, Facheinzelhandel, im Handwerk und in vielen Dienstleistungsbranchen.

Rahmenbedingungen stimmen nicht

Allerdings stimmen einige Rahmenbedingungen besorgniserregend. Allen voran die in den letzten Jahren praktizierte Auslegung des Insolvenzrechts und dessen konsequente gerichtliche Durchsetzung. Sie haben viele Bündnisse des Mittelstands ins Mark getroffen und zig tausendfach bewährte Instrumentarien in Frage gestellt. Dem MITTELSTANDSVERBUND war es gelungen, dass die Überprüfung der Insolvenzanfechtungspraxis Bestandteil des Koalitionsvertrages ist. Während der Regierungszeit wurde die Reform des Insolvenzrechts beharrlich beim Bundesjustizminister, dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages, vielen weiteren Abgeordneten, dem Finanzminister und dem Bundesrat eingefordert.

"Wer bei einem so wichtigen Projekt die Belange des Mittelstandes schlicht ignoriert und überfällige Entscheidungen verschleppt, setzt eines der wichtigsten Voraussetzungen für Stabilität auf dem Spiel, nämlich das Vertrauen in die Politik!" Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES

Erfolg war ein in die richtige Richtung zielender Referentenentwurf und danach gar ein Regierungsentwurf, der Hoffnung weckte. Das ist mehr als ein Jahr her. Nun, kurz vor dem Übergang der Bundesregierung in den „Wahlkampfmodus“ ist aber noch kein gesetzliches Ergebnis geliefert. Grund für die frustrierende Hängepartie: der Kampf um das Fiskusprivileg. Weil die Finanzpolitiker die öffentlichen Hände bei insolvenzbedingten Zahlungsausfällen bei Steuern und Sozialabgaben schützen wollen und gegenüber allen anderen Gläubigern damit eine Sonderrolle künftig wieder erhalten wollen, stockt die Gesetzgebung.

Somit bleiben Insolvenzverwalter konsequent und prüfen bis zu 10 Jahre rückwirkend, wer von der drohenden Insolvenz eines Mandanten gewusst haben könnte. Wo beispielsweise eine Genossenschaft einem Mitglied einmal zur Überwindung eines Zahlungszieles eine Stundung oder eine Ratenzahlung eingeräumt hat, muss sie im Fall der Anfechtungsklage des Insolvenzverwalters den Beweis dafür liefern, dass Sie von einer vermeintlich drohenden Insolvenz zu dem Zeitpunkt der einstigen Unterstützung des Schuldners nichts wusste. Beweislastumkehr lautet der juristische Terminus. Ein solcher Beweis ist in der Praxis natürlich schwer bis gar nicht zu erbringen. Das Gerichtsurteil abzuwarten bleibt für den Gläubiger somit ein Risiko, weswegen unzählige Anfechtungsklagen vor Gericht in einem für die Beklagten teuren Vergleich enden. Oft kommen solche Klagen überraschend und treffen mit der Verbundgruppe zugleich alle der dort organisierten mittelständischen Unternehmen.

Politischer Stillstand bedeutet Vertrauensverlust

Weil sich aber nun Finanzverwaltungen und Sozialversicherungen künftig wieder an der vorhandenen Insolvenzmasse privilegiert bedienen möchten und darüber noch streiten, kommt die mehr als berechtigte Forderung des Mittelstandes vor allem nach einer praxistauglichen Beweisregelung zulasten des Insolvenzverwalters nicht zum Zuge. ‚Unerträglich und nicht hinnehmbar‘, die klare Botschaft aus dem leidgeprüften Mitgliederkeis des Verbandes – zurecht! Wer bei einem so wichtigen Projekt die Belange des Mittelstandes schlicht ignoriert und überfällige Entscheidungen verschleppt, setzt eines der wichtigsten Voraussetzungen für Stabilität auf dem Spiel, nämlich das Vertrauen in die Politik und deren Verlässlichkeit. Wo sie dagegen zaudert und Gestaltungskraft verliert und dadurch das Rückgrat von Wirtschaft und Gesellschaft schwächt, riskiert nicht zuletzt Mehrheiten.“

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