UWG-Novelle: Licht und Schatten für den Mittelstand

Der Bundestag hat am 5. November den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb verabschiedet. Die beschlossene UWG-Novelle berücksichtigt zahlreiche Forderungen des MITTELSTANDSVERBUNDES. Einige Kritikpunkte bleiben aber.

Berlin, 09.11.2015 — Ziel der Reform ist eine gesetzessystematische Klarstellung, um die Vorgaben der EU über unlautere Geschäftspraktiken im Wortlaut des UWG zu erreichen. Die EU-Richtlinie will eine vollständige Rechtsangleichung in der Europäischen Union erreichen. Obwohl die Rechtsanwendung im Bereich des Lauterkeitsrechts in Deutschland den Vorgaben der sogenannten UGP-Richtlinie bereits weitestgehend entspricht, bestand nach Auffassung der Bundesregierung bei einzelnen Regelungen noch Klarstellungsbedarf. Die Gesetzesänderung bringt nun eine teilweise neue Struktur, d.h. sowohl Änderungen in der Paragraphen-Reihenfolge, als auch Änderungen im Wortlaut einzelner Vorschriften selbst.

Gewinnspielkopplung nicht mehr per se unzulässig

"Während zahlreiche Forderungen des MITTELSTANDSVERBUNDES in der nun beschlossenen UWG-Novelle Berücksichtigung finden, gibt es auch Anlass zu Kritik", bilanziert der Rechtsexperte des MITTELSTANDSVERBUNDES, Dr. Marc Zgaga. Positiv bewertet er die Streichung des Verbots der Gewinnspielkopplung in § 4 Nr. 6 UWG. "Die Streichung war erforderlich geworden, weil der EuGH im Jahre 2010 festgestellt hatte, dass die derzeitige Regelung über die europäischen Vorgaben der UGP-Richtlinie hinausgeht und im Widerspruch zu derselben steht", so Zgaga. Eine Kopplung eines Gewinnspieles an den Kauf einer Ware ist demnach nicht mehr per se unzulässig, sondern nur dann, wenn die Geschäftspraxis gleichzeitig eine irreführende Handlung darstellt oder die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers in unangemessener Weise beeinträchtigt wird. "Im Interesse der Rechtssicherheit und Transparenz bei der Auslegung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb war daher die ersatzlose Streichung des Verbotes der Gewinnspielkopplung notwendig", erklärt Zgaga.

MITTELSTANDSVERBUND begrüßt Klarstellung bei Impressumspflicht

Ausdrücklich begrüßt der Spitzenverband des kooperierenden Mittelstandes weiter die klarstellende Regelung in § 5 a Abs. 3 UWG in Bezug auf die sogenannte Impressumspflicht. Die bisherige Vorschrift sieht vor, dass ein Unternehmer unlauter handelt, wenn er Waren oder Dienstleistungen bewirbt, ohne dass sich aus der Werbung seine konkrete Identität und Anschrift ergibt. "Die Vorschrift sowie die dazu ergangenen Gerichtsentscheidungen und die diese ausnutzende Abmahnindustrie stellen gerade für den kooperierenden Mittelstand, also Verbundgruppen und Franchisesysteme, eine erhebliche Herausforderung dar", weiß der Rechtsexperte des Verbandes. "So ist es bereits aus rein praktischen Gründen oft nicht möglich, im Rahmen einer überregional geschalteten Printwerbung sämtliche teilnehmenden Anschlusshäuser bzw. Franchisenehmer mit Identität (Firma nebst Rechtsform) und Anschrift in das Werbemittel aufzunehmen", sagt Zgaga. Hierzu reiche schlicht der Platz nicht aus. DER MITTELSTANDSVERBUND kritisiert diese Rechtslage bereits seit 2012 und setzt sich für eine klare Gesetzesregelung ein, die es Verbundgruppen und ihren selbständigen Anschlusshäusern erlaubt, gemeinsame Werbung zu betreiben.

Gemeinsame Verbundgruppen-Werbung wird einfacher

Nach der neuen Regelung des § 5 a Abs. 5 UWG sind bei der Beurteilung, ob Informationen vorenthalten wurden, künftig zu berücksichtigen, die räumliche oder zeitliche Beschränkungen durch das für die geschäftliche Handlung gewählte Kommunikationsmittel sowie alle Maßnahmen des Unternehmers, um dem Verbraucher die Informationen auf andere Weise als durch das Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs greift die neue Regelung in Abs. 5 das bislang in Abs. 2 enthaltene Kriterium der Beschränkung des Kommunikationsmittels auf und ergänzt dieses um weitere Aspekte entsprechend der UGP-Richtlinie. Es wird nun auch darauf hingewiesen, dass bei Beurteilung der Frage, ob Informationen im Sinne des Abs. 2 vorenthalten werden, nicht nur die (räumlichen oder zeitlichen) Beschränkungen des Kommunikationsmittels, sondern auch alle anderen Maßnahmen des Unternehmers zu berücksichtigen sind, die dieser getroffen hat, um dem Verbraucher die (wesentlichen) Informationen anderweitig zur Verfügung zu stellen.

Die Begründung weist weiterhin auf Folgendes hin:

"Befindet sich eine in Abs. 3 oder 4 wesentliche Information nicht auf dem Werbemittel selbst, benötigt der Verbraucher sie jedoch im Sinne des Abs. 2, so sind bei der Entscheidung, ob es sich hier um ein unlauteres Vorenthalten handelt, jedenfalls die in Abs. 5 genannten Aspekte in die Abwägung einzubeziehen. Zu denken ist hier etwa an Konstellationen, dass Werbeanzeigen oder Werbemittel nicht über ausreichend Platz verfügen, um sämtliche nach Abs. 3 und 4 wesentlichen Informationen dort unterzubringen, jedoch in deutlicher Weise etwa auf eine Internetseite verwiesen wird."

"Mit dieser neuen Regelung kommt das UWG den Forderungen des MITTELSTANDSVERBUNDES in wesentlichem Umfang nach", so Zgaga. Zwar enthalte der Gesetzentwurf keine explizite Regelung für den Fall von Verbundgruppen und Franchisesystemen, die nun aufgenommene Ergänzung sei dennoch sehr zu begrüßen und sollte der Abmahnindustrie das Leben künftig deutlich erschweren.

Nicht über EU-Anforderungen hinausgehen

Kritisch bewertet DER MITTELSTANDSVERBUND, dass mit § 4 a UWG-E eine eigenständige Bestimmung zu aggressiver geschäftlicher Handlung in das Lauterkeitsrecht aufgenommen werden soll. Ziel ist die umfassende Umsetzung der Vorgaben der UGP-Richtlinie. Der Anwendungsbereich soll dabei nicht auf geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern beschränkt werden, so wie es noch richtigerweise der Kabinettsentwurf des Gesetzes vorsah; auch sonstige Marktteilnehmer sollen in den Schutzbereich des § 4 a UWG-E einbezogen werden. Aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES handelt es sich hier um einen Fall der „Übererfüllung“ der zugrundeliegenden UGP-Richtlinie. Tatsächlich wird nämlich durch die Neuregelung des § 4 a UWG-E keineEins-zu-eins-Umsetzung der UGP-Richtlinie vorgenommen, sondern durch die Ausweitung der Regelung auf B2B-Verhältnisse sowie durch die konkrete Formulierung des § 4 a Abs. 1 Nr. 3 UWG-E deutlich über die europäischen Vorgaben hinausgegangen.

Deutscher Bundestag, Berlin"Selbst wenn man aber eine zulässige Umsetzung der UGP-Richtlinie unterstellen würde, ergäben sich gravierende sachliche Gründe, die gegen die Einführung dieser Regelung sprechen", kritisiert Zgaga. Dies gelte insbesondere für § 4 a Abs. 1 Nr. 3 UWG-E, wonach eine unzulässige Beeinflussung vorliegt, wenn der Unternehmer eine Machtposition gegenüber dem Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zur Ausübung von Druck, auch ohne Anwendung oder Androhung von körperlicher Gewalt, in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers zu einer informiert Entscheidung wesentlich einschränkt.

Ausweitung auf B2B schafft Rechtsunsicherheit

"Für den Bereich der B2B-Verhältnisse ergibt sich durch diese Neuregelung eine wesentliche Rechtsunsicherheit und damit ein Gefahrenpotenzial, welches wiederum missbräuchlichen Abmahnungen Vorschub leisten wird", so Zgaga. Es entspreche nicht der Praxis, dass im Rahmen von Vertragsverhandlungen zwischen Unternehmen die beiden Parteien stets als gleichberechtigte Partner miteinander verhandeln. Im Geschäftsverkehr habe fast immer eine der beiden Vertragsparteien eine stärkere Verhandlungsposition und würde diese auch zulässigerweise im Rahmen der Vertragsverhandlungen ausnutzen. "In diesem Zusammenhang von aggressiven geschäftlichen Handlungen zu sprechen, ist lebensfremd", kritisiert der MITTELSTANDSVERBUND-Rechtsexperte. "Die Regelung unterliegt damit insgesamt der Missdeutung, für das Verhältnis zwischen Unternehmen die gleichen Schutzvoraussetzungen und -mechanismen installieren zu müssen, wie sie möglicherweise im Verhältnis B2C richtig und notwendig sind."

Im Verhältnis zwischen Unternehmen seien derartige Schutzvorkehrungen jedenfalls im Lauterkeitsrecht weder geboten, noch erforderlich. Der Grundsatz der Vertrags- und Verhandlungsfreiheit stehe dem entgegen. Darüber hinaus werde ein schwächerer und abhängiger Unternehmer bereits durch die geltenden kartellrechtlichen Regelungen der Missbrauchskontrolle, insbesondere §§ 19, 20 GWB, ausreichend und wirksam vor Diskriminierungen durch Vertragspartner mit entsprechender Marktmacht geschützt. Weitere Regelungen zu dieser Thematik seien schon aus rechtssystematischen Gründen abzulehnen.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

  • Die Generalklausel des § 3 UWG wird neu gefasst. Es wird in § 3 Abs. 1 UWG für den Geltungsbereich der UGP-Richtlinie eine Rechtsfolgenregelung (unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig) eingeführt, an die alle weiteren Unlauterkeitstatbestände anknüpfen.
  • § 3 Abs. 2 UWG übernimmt die Generalklausel aus der UGP-Richtlinie, die nur den Verbraucherschutz umfasst. Anstelle der in der Richtlinie genannten "beruflichen Sorgfalt" wird in der neuen Generalklausel des § 3 Abs. 2 der Begriff "unternehmerische Sorgfalt" verwendet.
  • Eine Generalklausel für Handlungen, die die Interessen der Mitbewerber betreffen, ist nicht normiert worden. Nach der Gesetzesbegründung soll jedoch § 3 Abs. 1 UWG wie bisher als Auffangtatbestand fungieren.
  • In § 3 a UWG wird der bisherige Rechtsbruchtatbestand des § 4 Nr. 11 geregelt.
  • § 4 UWG regelt künftig den Mitbewerberschutz neu: Der bisherige § 4 wird deutlich gekürzt und enthält als neuen Tatbestand nur noch die Fälle des Mitbewerberschutzes (die bisherigen §§ 4 Nr. 7 bis 10). Die derzeitigen §§ 4 Nr. 1 bis 6 UWG sind aufgehoben worden bzw. werden nun in anderen Paragraphen, wie z.B. § 4 a UWG "aggressive geschäftliche Handlungen" geregelt.
  • Das in der UGP-Richtlinie normierte Verbot der sogenannten aggressiven Geschäftspraktiken gilt nicht nur im Verhältnis gegenüber Verbrauchern, sondern wird auf das B2B-Verhältnis ausgeweitet.

Die Gesetzesänderung tritt am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Damit ist in den nächsten Wochen zu rechnen.

Weitere Informationen:

Kabinett beschließt UWG-Novelle: Rechtssicherheit in greifbarer Nähe
UWG-Novelle: MITTELSTANDSVERBUND fordert Rechtsklarheit für einheitliche Verbundgruppen-Werbung

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