Was bei Gewährleistung von Ausstellungsware passiert

Der Verkauf von Ausstellungsware ist im Einzelhandel üblich. Aber was passiert, wenn der Verbraucher beim Händler Gewährleistung in Anspruch nimmt? DER MITTELSTANDSVERBUND informiert.

Berlin, 12.10.2016 - Für den Einzelhandel ist das nicht neu. Der Verkauf von Ausstellungsware ist gänge Praxis. Dem Kunden werden Waren häufig im Rahmen von Sonderaktionen und zu besonders günstigen Preisen angeboten, die noch bis vor kurzem Teil der Ladenausstellung waren.

Was aber passiert, wenn der Händler nach dem Verkauf eines Ausstellungsstückes vom Kunden auf Gewährleistung in Anspruch genommen wird? Gelten hier für den Händler die gleichen Rechte im Hinblick auf den Regress gegenüber seinem Vorlieferanten, wie bei neuer Ware? DER MITTELSTANDSVERBUND informiert.

Der Unternehmer greift zurück

Wird der Verkäufer von einem Verbraucher wegen einer mangelhaften Sache in Anspruch genommen, die dieser wiederum vom Hersteller oder Großhändler erworben hat, kann der Verkäufer seinerseits bei diesem Vorlieferanten Regress nehmen. Diese Praxis ist bekannt als Unternehmerrückgriff. Geregelt ist dieser in § 478 BGB. Genau wie sein Kunde hat der Verkäufer Anspruch auf Nacherfüllung, Rücktritt vom Vertrag oder Minderung des Kaufvertrages. Darüber hinaus hat er einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die er hatte, um den Nacherfüllungsanspruch seines Kunden zu erfüllen.

Voraussetzung für den Unternehmerrückgriff ist, dass der Letztverkäufer mangelhafte, neu hergestellte Waren vom Verbraucher zurücknehmen musste oder der Verbraucher den Kaufpreis gemindert hat. In diesen Fällen kann der Letztverkäufer die entsprechenden Mängelansprüche gegenüber seinem Vorlieferanten geltend machen. Erforderlich ist also ein Geschäft, an dem ein Verbraucher beteiligt ist (sog. Verbrauchsgüterkauf).

Darüber hinaus kommt ein Rückgriffsrecht des Unternehmers nur dann in Betracht, wenn der Letztverkäufer die Ware als Folge ihrer Mangelhaftigkeit zurücknehmen musste oder den Kaufpreis gemindert hat. Eine Rücknahme aus Kulanzgründen reicht also nicht aus, um gegenüber dem Vorlieferanten Regress zu üben.

Wie geht es weiter?

Liegen diese Voraussetzungen vor, kann der Letztverkäufer grundsätzlich die gleichen Rechte, die er gegenüber dem Verbraucher erfüllen musste, auch gegenüber seinem Vorlieferanten geltend machen. Das Rückgriffsrecht des Unternehmers sieht dabei aber folgende Erleichterungen vor:

  • Der Letztverkäufer kann seine Ansprüche ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung beim Vorlieferanten geltend machen.
  • Ebenso wie der Verbraucher kann sich auch der Letztverkäufer gegenüber seinem Vorlieferanten auf die Umkehr der Beweislast für das Vorhandensein eines Mangels bei Lieferung der Kaufsache berufen.

Wesentlicher Bestandteil des Unternehmerrückgriffs ist die Regelung zur Ablaufhemmung der Verjährung in § 479 BGB. Sie stellt sicher, dass der von einem Verbraucher in Anspruch genommene Letztverkäufer seinen Vorlieferanten auch dann noch in Anspruch nehmen kann, wenn seine Mängelansprüche aufgrund von Lagerzeiten oder kürzeren Verjährungsfristen bereits verjährt wären.

Hierzu bestimmt § 479 Abs. 2 BGB:

„Die Verjährung der in den §§ 437 und 478 Abs. 2 BGB bestimmten Ansprüche des Unternehmers gegen seinen Lieferanten wegen des Mangels einer an einen Verbraucher verkauften neu hergestellten Sache tritt frühestens 2 Monate nach dem Zeitpunkt ein, in dem der Unternehmer die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat. Diese Ablaufhemmung endet spätestens 5 Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem der Lieferant die Sache abgeliefert hat.“

Dies bedeutet, dass der Vorlieferant erst 5 Jahre nach Ablieferung der Sache beim Letztverkäufer sicher sein kann, nicht mehr in Regress genommen zu werden.

Gewährleistungspflicht bei Ausstellungsstücken?

Fraglich ist nun, ob dem Letztverkäufer dieses Recht auch beim Verkauf eines Ausstellungsstücks zusteht. Die Bezeichnung „Ausstellungsstück“ spielt rechtlich gesehen bei der Frage nach der Gewährleistungspflicht des Verkäufers bei Mängeln der gekauften Sache eine Rolle.

Wären Ausstellungsstücke als gebrauchte Ware zu behandeln, könnte im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs die Gewährleistungsfrist gem. § 475 Abs. 2 BGB auf ein Jahr verkürzt werden. Geschieht dies nicht, besteht die normale, gesetzliche Gewährleistungsfrist von 2 Jahren. Als weitere Besonderheit gilt, dass ein Ausstellungsstück immer ein Einzelstück ist und der Kauf daher als Stückkauf zu behandeln ist. Bei der Mängelgewährleistung scheidet daher beim Kauf eines Ausstellungsstücks naturgemäß ein Anspruch auf Nachlieferung aus, da ein identischer Ersatz nicht existieren kann. Die Möglichkeit vom Kaufvertrag zurückzutreten und/oder Schadenersatz zu verlangen, besteht aber auch beim Kauf eines Ausstellungsstücks, bei dem bei Gefahrenübergang ein Mangel vorliegt.

Neu oder Gebraucht?

Die entscheidende Frage ist damit, ob es sich bei Ausstellungsstücken um neue oder gebrauchte Ware handelt. Eine gesetzliche Definition von „Neu“ und „Gebraucht“ oder eine eindeutige Grenzen gibt es in der Rechtsprechung nicht. Das BGB setzt die Begriffe "neue" und "gebrauchte" Sachen voraus, definiert sie aber nicht.

Auch die EU-Richtlinie 1999/44/EG, die so genannte Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie, definiert diese Begriffe nicht. Die Rechtsprechung verwendet aber die Formel, dass eine Sache dann neu ist, wenn sie aus neuen Materialien hergestellt wurde und unbenutzt ist (so z.B. das OLG Zweibrücken im Jahre 1998). Eine Sache ist also gebraucht, wenn sie entweder nicht aus neuen Materialien hergestellt ist oder aber schon im Gebrauch war.

Der Einzelfall entscheidet

Bei Ausstellungsstücken, welche für längere Zeit (häufig mehrere Monate bis hin zu mehr als 1 Jahr) in der Ausstellung standen, häufig von Kunden ausprobiert und in diesem Sinne benutzt bzw. verwendet wurden, spricht viel dafür, dass man hier von einem gebrauchten Produkt ausgehen muss. Dabei kommt es aber immer auf den Einzelfall an: bei Polstermöbeln, Matratzen, Lampen und Leuchten wird man unschwer einen Gebrauch feststellen, bei weißer oder brauner Ware kommt es darauf an.

Handelt es sich um gebrauchte Ware, bedeutet das, dass sich der Letztverkäufer auf die oben ausgeführten Grundsätze des Unternehmerrückgriffs NICHT berufen kann. Denn dafür ist Voraussetzung, dass es sich um eine neu hergestellte Sache handelt.

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