EU-Notfallplan Gas verabschiedet: Ein Appell für mehr Energieeffizienz

Die Staaten der Europäischen Union haben sich am Dienstag auf einen Notfallplan zur Senkung des Gasverbrauchs geeinigt. Der Plan sieht vor, den Erdgasverbrauch zwischen August 2022 und März 2023 um 15 % zu reduzieren. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, bei weitreichenden Versorgungsengpässen einen Unionsalarm auszulösen und verbindliche Einsparziele vorzugeben.

Berlin, 26.07.2022 –  Die Einigung im Energieministerrat fällt in einer Woche, in der der russische Gazprom-Konzern angekündigt hat, die Liefermenge durch die Pipeline NordStream 1 von 40 Prozent auf 20 Prozent der maximalen Kapazität zu senken. „Die Einigung aus Brüssel ist damit auch Rückenwind für uns. Wir werden diese Maßnahmen Schritt für Schritt konsequent umsetzen“, so Bundeswirtschaftsminister Habeck zur Bedeutung des Notfallplans Gas auf EU-Ebene.

Aus dem Beschluss geht hervor, dass Deutschland in diesem Winter voraussichtlich mehr Gas sparen soll als andere Länder, um bei einem möglichen russischen Gaslieferstopp massive Probleme für weite Teile des produzierenden Gewerbes der EU oder sogar eine Rezession zu verhindern. Eine konkrete Zielmarke für Deutschland wurde von deutscher- oder EU-Seite noch nicht ausgerufen. Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hatte vergangene Woche für 20 Prozent plädiert.

Folgende Maßnahmen sieht der Fahrplan der EU-Kommission vor:

  • Die Mitgliedstaaten sollten ihre nationalen Notfallpläne bis Ende September aktualisieren, um darzulegen, wie sie das Senkungsziel erreichen wollen, und der Kommission alle zwei Monate über ihre Fortschritte Bericht erstatten.  
  • Mitgliedstaaten, die Gassolidaritätslieferungen beantragen, müssen nachweisen, welche Maßnahmen sie ergriffen haben, um die Nachfrage im Inland zu senken.
  • Ziel ist die Sicherung der Versorgung von Haushalten und systemrelevanten Nutzern wie Krankenhäusern, aber auch von Branchen, die Produkte herstellen und Dienstleistungen erbringen, die für die Wirtschaft, die Lieferketten und die Wettbewerbsfähigkeit der EU von zentraler Bedeutung sind.
  • Eine weitere wichtige Säule bei Energieeinsparungen ist weniger Heizung und Klimatisierung. 
  • Darüber hinaus wird der Plan zur Nachfragesenkung den Mitgliedstaaten helfen, die am meisten schutzbedürftigen Kunden oder Einrichtungen unter ihren „nicht geschützten“ Nutzern zu ermitteln und zu priorisieren, und zwar nach allgemeinen wirtschaftlichen Erwägungen und folgenden Kriterien:
    • Systemrelevanz für die Gesellschaft – Sektoren wie Gesundheit, Lebensmittel, Sicherheit, Gefahrenabwehr, Raffinerien, Verteidigung und Umweltdienstleistungen.
    • Grenzüberschreitende Lieferketten – Sektoren oder Branchen, die Produkte herstellen und Dienstleistungen erbringen, die für ein reibungsloses Funktionieren der EU-Lieferketten von entscheidender Bedeutung sind.
    • Schäden an Anlagen – es soll verhindert werden, dass die Produktion nicht ohne erhebliche Verzögerungen, Reparaturen, behördliche Genehmigungen und Kosten wieder aufgenommen werden kann.
    • Möglichkeiten der Senkung des Gasverbrauchs und Substitution von Produkten/Komponenten – Umfang, in dem die Industrie auf eingeführte Produkte/Komponenten umstellen kann und die Nachfrage nach Produkten/Komponenten durch Einfuhr gedeckt werden kann.

Allerdings gibt es eindeutige Lücken in der gerechten Verteilung der jeweiligen Beiträge der einzelnen Mitgliedsländer. Denn die Ausnahme bleibt auch bei diesem Beschluss die Regel: Länder mit geringem Anschluss an das Verbundnetz wie Spanien und Portugal oder in einer Insellage wie Irland, Zypern oder Malta werden von einer umfangreichen Verpflichtung freigestellt. Zudem sind die Hürden für den Ernstfall sehr hochgesteckt: Mindestens fünf Staaten müssen die EU-Kommission aufrufen, um Notstandsmaßnahmen in die Wege zu leiten. Die EU-Staaten müssen sie dann mit qualifizierter Mehrheit beschließen – also mindestens 15 Staaten, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten.

„Wir stehen an einem sehr sensiblen Kipp-Punkt unserer Solidargemeinschaft. Nun gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren, die gebotenen Energieeffizienz-Maßnahmen beherzt zu ergreifen, um gemeinschaftlich den kommenden Winter zu überstehen“, so Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES. „Der Schulterschluss zwischen Gesellschaft und Wirtschaft muss den Schaden durch Mond-Energiepreise so gering wie möglich halten, damit wir uns aus eigener Kraft erfolgreich durch die Mangellage manövrieren“, appelliert Veltmann weiter. 

Die Sorge um die Energiesicherheit ließ den europäischen Erdgaspreis am Dienstag erstmals seit Anfang März auf mehr als 200 Euro je Megawattstunde steigen.

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