Gaspreisbremse: Mitgliedstaaten einigen sich auf Marktkorrekturmechanismus

Nach monatelangem Ringen – und einer Totalblockade der deutschen Bundesregierung – konnte sich die europäischen Energieminister nunmehr auf eine klare Gaspreisbremse einigen. Alle Details im Überblick.

Brüssel, 20.12.2022 – Bereits im Oktober stellte Kommissionspräsidentin von der Leyen ihren Ansatz von einer europäischen Gaspreisbremse vor. Nicht zuletzt durch die stark gestiegenen Gaspreise sah sich von der Leyen neben vielen anderen europäischen Staats- und Regierungschefs veranlasst, nunmehr direkt in den Versorgungsmarkt einzugreifen. Gerade Deutschland war in den Verhandlungen eher zurückhaltend, ein so weitreichendes Instrument tatsächlich einzusetzen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass der nunmehr gefundene Kompromiss einige Sicherheitsmechanismen mehr aufweist, als dies noch beim ursprünglichen Kommissionsvorschlag der Fall gewesen war.

Die Regelungen im Einzelnen

Die europäischen Staats- und Regierungschefs waren sich am Ende darüber einig, dass mit Blick auf die angestiegenen Gaspreise ein neuer Ansatz gewählt werden muss. Im Gegensatz zu vielen staatlichen Modellen, die die Gas- bzw. Strompreise durch staatliche Zuschüsse stabil halten sollten, erfolgt nunmehr ein direkter Eingriff in den Gasmarkt: 

  • Grundsätzlich einigten sich die Mitgliedstaaten auf einen „atmenden“ bzw. dynamischen Gaspreisdeckel. Der Ansatz von einem fixen Maximalpreis wurde damit abgelehnt.
  • Der Gaspreisdeckel wird danach ausgelöst, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
    • der Gaspreis lag drei Tage lang über einem Preis von 180 EUR,
    • der Gaspreis lag zudem 35 Euro oberhalb dessen, was an den Weltmärkten für Flüssiggas gezahlt wird.
  • Ausschlaggebend für den Markteingriff ist der Preis an der niederländischen Gasbörse Title Transfer Facility (TTF).
  • Für die Aktivierung des Mechanismus ist die Energie-Regulierungsbehörde ACER (European Union Agency for the Cooperation of Energy Regulators) zuständig.
  • Einmal eingesetzt, soll der Gaspreisdeckel mindestens 20 Tage lang gelten.
    • Abgesehen von langfristigen Gaslieferverträgen kann danach kein Gas oberhalb des dynamischen Gaspreisdeckels gehandelt werden.
    • Der dynamische Gaspreisdeckel berechnet sich dabei wie folgt: Referenzpreis für Gas auf den Weltmärkten plus 35 EUR.
  • Der dynamische Gaspreisdeckel endet automatisch, wenn die Gaspreise an drei Folgetagen unterhalb von 180 EUR je Megawattstunde liegen.
  • Sollte die EU-Kommission unerwünschte Marktreaktionen beobachten,  kann sie ihn zudem jederzeit aussetzen.

Wie geht es weiter?

Die entsprechende Verordnung wird ab Februar 2023 in Kraft treten. Eine Evaluation derselben wird dann im November 2023 erfolgen. 

Zudem wird die Europäische Energieregulierungsbehörde ACER ab Januar 2023 fortlaufend Informationen zur Marktpreisentwicklung und der Reaktion auf den neuen Mechanismus bereitstellen. 

Auch wenn die EU-Gaspreisbremse zunächst keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Mittelstand in Deutschland haben dürfte, kann dieser potenziell massive Eingriff in das Marktgeschehen zumindest mittelbar erhebliche Konsequenzen auf die europäische und damit auch die deutsche Energieversorgung haben. Nicht umsonst hatte die Bundesregierung erhebliche Bauchschmerzen mit der Einführung eines solchen Mechanismus. Auch DER MITTELSTANDSVERBUND sieht diesen Deckel mit Sorge – stellt er zwar einerseits sicher, dass der Gaspreis in der EU nicht mehr in Höhen klettert, wie sie zwischenzeitlich im Sommer 2022 zu verzeichnen waren, birgt er andererseits aber auch die Gefahr, dass potenzielle Gaslieferanten nicht bereit sind, sich diesem Marktdiktat zu unterwerfen und von einer Gaslieferung nach Europa absehen. „Hoffen wir, dass der Gaspreis mit dem Zubau der Importkapazitäten in Europa sich zunehmend wieder in verlässliche Bahnen bewegt und wir Preise wie diesen Sommer nicht mehr sehen. Ansonsten kann das gut gemeinte in einer Energieknappheit für Gesamteuropa münden unter der gerade Deutschland und der deutsche Mittelstand am meisten leiden dürfte“, so Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer DER MITTELSTANDSVERBUND. 

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