Preisbindung in Kooperationen: neue Bagatellbekanntmachung

Die Frage, ob und inwieweit die Festsetzung von Verkaufspreisen zwischen Verbundgruppenzentrale und Anschlusshäusern kartellrechtlich zulässig ist, wird den MITTELSTANDSVERBUND weiter beschäftigen. Die neue De-minimis-Bekanntmachung lässt wenig Spielraum für gemeinsame Vermarktungsstrategien.

Brüssel, 09.07.2014 — Die EU-Kommission hat am 25. Juni eine neue De-minimis-Bekanntmachung vorgestellt. In der Bekanntmachung wird darlegt, unter welchen Voraussetzungen Vereinbarungen von geringer Bedeutung zwischen Unternehmen nicht unter das allgemeine Verbot wettbewerbswidriger Praktiken des EU-Wettbewerbsrechts fallen. Daneben gibt die Kommission in einem Arbeitspapier einen Überblick über die relevante Rechtsprechung zu diesem Thema.

DER MITTELSTANDSVERBUND hatte sich dafür eingesetzt, Preisbindungen bei gemeinsamen Vermarktungsstrategien bis zu einer gewissen Marktanteilsgrenze ebenfalls in den Katalog der "Bagatelle" aufzunehmen. "Wir konnten uns damit jedoch - noch - nicht durchsetzen", sagt Dr. Günther Schulte, Mitglied der Hauptgeschäftsführung und Leiter des Brüsseler Büros des MITTELSTANDSVERBUNDES. Preisbindungen im vertikalen Vertriebssystem bleiben kartellrechtlich unzulässig.

Der EuGH hatte in seiner umstrittenen Expedia-Entscheidung festgestellt, dass bezweckte Beschränkungen des Wettbewerbs nicht als von geringer Bedeutung angesehen werden können und stets eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung darstellen. Zulässig bleiben daher lediglich Preisempfehlungen sowie maximale Preisobergrenzen als Alternative.

"Die Bekanntmachung hat insofern rechtliche Relevanz, als die Kommission damit ihr Ermessen bindet", erklärt Schulte. Es sei zu erwarten, dass in zukünftigen Kartellrechtsfällen vertikale Preisbindungen stets als bezweckte Beschränkungen und damit als wettbewerbswidrig angesehen werden.

Das Auftreten unter einer gemeinsamen Marke, und bestenfalls auch unter einem gemeinsamen Preis, ist für Verbundgruppen wichtig, um zukünftige Strategien - gerade mit dem Blick auf den Ausbau des Online-Handels zu erarbeiten.

"Leider hat sich die EU-Kommission in den bisherigen Diskussionen beratungsresistent gezeigt", kritisiert der Leiter des EU-Büros des Spitzenverbandes des kooperierenden Mittelstandes. So nutzte DER MITTELSTANDSVERBUND anlässlich eines von Independent Retail Europe organisierten Seminars im Januar diesen Jahres die Gelegenheit, den Vertreter der Kommission aus der Generaldirektion Wettbewerb, Lucas Peeperkorn, auf die besondere Situation für Verbundgruppen hinzuweisen. Zudem hat DER MITTELSTANDSVERBUND seine Position in zwei Stellungnahmen unterstrichen.

Dabei geht es auch um die neu eingeführten Ausführungen in I. Rdn. 2 sowie den erweiterten Wortlaut von II. Rdn. 8 der De-minimis-Bekanntmachung, die aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES das Konstrukt der Verbundgruppen/Einkaufskooperationen als Organisation kooperierender, selbständiger Händler und Handwerker mindestens mit einem Makel behaften, wenn nicht gar (missverständlicher Weise) in den Bereich von per se unzulässigen Vereinbarungen rücken.

Dieses Ergebnis kann in Anbetracht der Ausführungen der Kommission zu Einkaufsvereinbarungen in Rdn. 194 ff. der Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 AEUV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit weder gemeint, noch gewollt sein. Im Gegenteil: Bislang erkennt die Kommission den volkswirtschaftlichen Nutzen der Verbundgruppen eindeutig an. Das mitgliederorientierte Geschäftsmodell der Verbundgruppen stärkt in einzigartiger Weise den Mittelstand. Dank der überbetrieblichen Zusammenarbeit sind die mittelständischen Unternehmen in der Lage, sich im harten Wettbewerb gerade mit Großbetriebsformen und Filialsystemen zu behaupten. DER MITTELSTANDSVERBUND fordert daher, die besondere Bedeutung der Verbundgruppen auch in Bezug auf die Formulierung der De-minimis-Bekanntmachung ausreichend zu berücksichtigen.

"Ausnahmetatbestände für Verbundgruppen möchte sie aus den eben genannten Gründen nicht gewähren", so Schulte. DER MITTELSTANDSVERBUND versteht die jetzige Lage als Ansporn, im weiter die Belange von Kooperationen gegenüber der EU-Kommission darzulegen. Er wird dabei von seinem europäischen Dachverband, der Independent Retail Europe, in Brüssel unterstützt.

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