11. Sanktionenpaket Umfassende Importverbote für Eisen- und Stahlerzeugnisse – Bitte um Mithilfe

Bereits im Juni dieses Jahres verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten eine Ausweitung der Russland-Sanktionen. Seit Anfang Oktober dürfen keine russischen Eisen- oder Stahlprodukte mehr importiert werden. Was heißt das für den kooperierenden Mittelstand und: Welche Schritte müssen konkret in den Kooperationen unternommen werden?

Brüssel, 09.10.2023 – Aufgrund des russischen Angriffskriegs hat die Europäische Union eine Reihe von Sanktionen gegen Russland erlassen. Rechtsgrundlagen für die Sanktionsmaßnahmen sind der Beschluss 2014/512/GASP sowie die Verordnung (EU) Nr.833/2014. Zuletzt wurden diese am 23. Juni 2023 angepasst (11. Sanktionspaket).

Einfuhrverbot von Eisen- und Stahlerzeugnissen

Mit Blick auf die jüngsten Anpassungen der Sanktionen ist dabei insbesondere das Einfuhrverbot bestimmter Eisen- und Stahlerzeugnisse mit Ursprung in Russland. Die komplette Liste der in Anhang XVII der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 zusammengefassten Einsen- und Stahlerzeugnisse kann hier abgerufen werden: 

https://lexparency.de/eu/32014R0833/ANX_XVII/

Die Liste der betroffenen Erzeugnisse ist umfassend. Aufgrund des in der Liste enthaltenen Auffangtatbestand sind fast alle Eisen- und Stahlerzeugnisse von dem Einfuhrverbot umfasst. Sowohl Reiszwecken, Stecknadeln aber auch Schrauben oder Werkzeuge fallen daher unter das Importverbot.  

Umfang des Einfuhrverbots

Verboten ist nunmehr, die in Anhang XVII VO (EU) Nr. 833/2014 aufgeführten Eisen- und Stahlerzeugnisse unmittelbar oder mittelbar in die Union einzuführen oder zu kaufen, wenn sie in einem Drittland unter Verwendung von Eisen und Stahlerzeugnissen gemäß mit Ursprung in Russland verarbeitet wurden.

Nachweispflichten

Nach der Verordnung muss zum Zeitpunkt der Einfuhr ein Nachweis über das Ursprungsland der Eisen- und Stahlvorprodukte, die für die Verarbeitung des Erzeugnisses in einem Drittland verwendet wurden, für die Zollbehörden bereitgehalten werden. Der Nachweis ist vorzulegen, wenn die Zollstelle es im Einzelfall verlangt. Der Nachweis ist für alle Eisen- und Stahlvorprodukte zu führen, die für die Verarbeitung des eingeführten Erzeugnisses in einem Drittland verwendet wurden.

Als geeignete Nachweisdokumente können neben den von der Kommission der Europäischen Union vorgeschlagenen sogenannten Mill Test Certificates unter anderem folgende Dokumente beim Zoll vorgelegt werden:

  • Rechnungen,
  • Lieferscheine,
  • Qualitätszertifikate,
  • Langzeitlieferantenerklärungen,
  • Kalkulations- und Fertigungsunterlagen,
  • Zolldokumente des Ausfuhrlandes,
  • Geschäftskorrespondenzen,
  • Produktionsbeschreibungen,
  • Erklärungen des Herstellers oder
  • Ausschlussklauseln in Kaufverträgen,

aus denen der nichtrussische Ursprung der Vorprodukte hervorgeht.

Das Vorhandensein des Nachweises wird durch die Anmeldung der Unterlagencodierung Y824 in der Zollanmeldung erklärt.

Zeitpunkt der Sanktion

Der maßgebliche Zeitpunkt für die Anwendung des Einfuhrverbots ist der Zeitpunkt des Verbringens in das Zollgebiet der Europäischen Union und nicht eine spätere Überlassung in ein Zollverfahren. 

Güter, die bereits vor dem maßgeblichen Zeitpunkt rechtmäßig in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht wurden und sich seitdem in der vorübergehenden Verwahrung oder einem besonderen Verfahren befanden, unterliegen bei der Beendigung des Verfahrens nicht dem vorgenannten Verbot.

Die maßgeblichen Zeitpunkte für das Inkrafttreten des Einfuhrverbots sind wie folgt: 

  • Ab dem 30. September 2023 für Erzeugnisse des Anhangs XVII, die anderen Erzeugnisse als solche der KN-Codes 7207 11, 7207 12 10 oder 7224 90 enthalten.
  • Ab dem 1. April 2024 für Erzeugnisse des Anhangs XVII, die Erzeugnisse des KN-Codes 7207 11 enthalten.
  • Ab dem 1. Oktober 2024 für Erzeugnisse des Anhangs XVII, die Erzeugnisse der KN-Codes 7207 12 10 oder 7224 90 enthalten.

Das Verbot des Artikels 3g Absatz 1 lit. d) VO erfasst nur Güter, die in einem Drittland (außerhalb Russlands) unter Verwendung von Eisen- oder Stahlerzeugnissen russischen Ursprungs hergestellt wurden, die nach dem 23. Juni 2023 von dem Unternehmen im Drittstaat bezogen wurden.

Das Verbot des Artikels 3g Absatz 1 lit. d) VO erfasst nicht Güter, die in einem Drittland (außerhalb Russlands) unter Verwendung von Eisen- oder Stahlerzeugnissen russischen Ursprungs bis zum 23. Juni 2023 hergestellt wurden.

Der Nachweis, dass die Güter aus diesen rechtlichen Gründen nicht dem Einfuhrverbot unterliegen, wird durch die Anmeldung der Unterlagencodierung Y859 in der Zollanmeldung erklärt.

Transportbehältnisse aus Eisen oder Stahl, die ausschließlich zu Beförderungszwecken verwendet werden, sind nicht von den Einfuhrverboten umfasst.

Fazit

Nach dem aktuellen Sachstand beziehen sich die Nachweispflichten auf die letzte Verarbeitungsstufe. Die Einfuhr ist damit untersagt, wenn Produkte aus dem EU-Ausland bezogen werden, die mit russischem Stahl (oder Legierungen) gefertigt wurden. 

Fragen

DER MITTELSTANDSVERBUND evaluiert derzeit die Betroffenheit seiner Mitglieder. Wir bitten daher um Rückmeldung, ob und welche Verbundgruppen von den erweiterten Sanktionen betroffen sind.

Weiterhin würden wir gerne ermitteln, ob die nunmehr vorgeschlagenen Nachweisdokumente eine handhabbare Vorgehensweise darstellen oder ob es insoweit Verbesserungsbedarfe bestehen.

Zudem sieht DER MITTELSTANDSVERBUND potenziell die Gefahr, dass die bestehenden Nachweispflichten im Konflikt mit dem jüngst in Kraft getretenen chinesischen Anti-Spionage-Gesetzes. Die Strafverfolgungsbehörden in China bekommen mit der Neufassung des Anti-Spionagegesetzes zusätzliche juristische Werkzeuge, um gegen Firmen und Personen vorzugehen, wenn diese mit chinaspezifischen Informationen oder Daten arbeiten. Strafbar sind nun nicht mehr nur Handlungen, die sich gegen die Nationale Sicherheit der Volksrepublik richten, sondern potenziell auch alles, was sich gegen "nationale Interessen" Chinas richtet. Das ist ein sehr weit auslegbarer Begriff. 

DER MITTELSTANDSVERBUND steht in Kontakt mit der der Rechtsabteilung des Europäischen Auswärtigen Dienstes der Europäischen Kommission. Der obenstehende Sachverhalt wurde bereits geschildert, es wird hingegen um weitere Details zur Betroffenheit gebeten. Auch hierbei sind wir auf die Zulieferung von Beispielfällen angewiesen, um diese spezielle Thematik zu adressieren.

Seite drucken

Ansprechpartner

Tim GeierDER MITTELSTANDSVERBUND
Tim Geier Geschäftsführer Büro Brüssel Mehr Infos
DER MITTELSTANDSVERBUND
E-Mail schreiben
Zurück zur Übersicht