EU untersucht Preise bei Onlinereisebuchung

Immer mehr Verbraucher buchen Reisen im Internet. Doch Vorsicht: Die Preise einiger Online-Dienste sorgen bei der Buchung oft für Ärger. Die EU geht nun dagegen vor. Das Beispiel könnte Schule machen.

Brüssel, 19.04.2017 – Ein Städtetrip nach London oder eine Geschäftsreise ins europäische Ausland? Die Deutschen verreisen gerne und viel. Doch bei der Reisebuchung stoßen Kunden zunehmend auf Probleme mit Online-Reisedienstleistungen, bemängeln Verbraucherschützer.

Zu dieser Erkenntnis kam auch die Europäische Kommission, die im Oktober 2016 eine koordinierte Untersuchung von 352 Preisvergleichs- und Reisebuchungsportalen in der gesamten EU einleitete. Das Ergebnis: Auf 235 von ihnen waren die Preisangaben nicht zuverlässig. Das sind zwei Drittel der überprüften Portale. 

Koordinierter Verbraucherschutz im Binnenmarkt

Gegenstand der Untersuchung war dabei die Vereinbarkeit der Preisvergleichs- und Reisebuchungsportale mit den europäischen Verbraucherschutzvorschriften. Bereits seit mehr als zehn Jahren wurden auf europäischer Ebene Regeln für den unlauteren Handel, den E-Commerce sowie die Verbraucherrechte festgelegt. In der Folge müssen Produktinformationen – allen voran die Preisangaben - bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Zuständig für die Durchsetzung der Rechte bleiben grundsätzlich die Mitgliedstaaten. Über ein Netzwerk der europäischen Verbraucherschutzbehörden kann die Europäische Kommission den Verbraucherschutz in den Mitgliedstaaten zumindest koordinieren. Ein Mittel der Koordination sind dabei EU-weite Untersuchungen von Websites („Sweep“). Diese Sweeps bestehen aus einer Reihe von Kontrollen, die von Verbraucherschutzbehörden in verschiedenen Ländern zeitgleich durchgeführt werden. Diese Kontrollen zeigen, ob die EU-Verbraucherschutzvorschriften eingehalten werden.

Verbraucherschutz gilt auch online

Dies ist die klare Ansage der Europäischen Kommission. In der Folge wird nunmehr – Koordiniert im Europäischen Netzwerk der Verbraucherschutzbehörden – gegen die bemängelten unternehmerischen Maßnahmen vorgegangen. Im Ergebnis werden die betroffenen Unternehmen aufgefordert, ihre Praktiken mit dem EU-Verbraucherrecht in Einklang zu bringen und somit volle Transparenz bei den Preisen zu gewährleisten. Angebote müssten in einer frühen Phase des Buchungsvorgangs in klarer Weise präsentiert werden.

Die Untersuchung hatte gezeigt, dass dem Verbraucher während des Buchungsvorgangs ohne klare Hinweise zusätzliche Zusatzkosten entstanden. Auch Hinweise auf Sonderangebote stellten sich in einem weiteren Buchungsschritt als Luftnummer heraus.

Verzerrte Bewertungen und intransparente Preise seien für den Verbraucher irreführend, kritisierte Věra Jourová, EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung am 7. April in Brüssel. „Die Verbraucher sollten online in gleichem Maße geschützt sein wie offline“, so Jourová.

Weitere Untersuchungen?

Bei Missachtung der geltenden Regeln, so die Kommission, drohen den betroffenen Betreibern Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Das Beispiel könnte Schule machen. Die Kommission untersucht jährlich in EU-weiten Untersuchungen von Webseiten eines bestimmten Sektors, ob die EU-Verbraucherschutzvorschriften eingehalten werden. Bislang davon betroffen: Fluggesellschaften, mobile Inhalte, elektronische Waren, Online-Tickets, Verbraucherkredite, digitale Inhalte, Reisedienstleistungen, Garantien auf elektronische Waren und die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher.

Zukünftig mehr Rechte für Verbraucherschutzbehörden

Die koordinierte Aktion zeigt, das sich die Europäische Kommission nunmehr verstärkt auf die Durchsetzung der Verbraucherschutzvorschriften konzentriert. Dies wird flankiert von einer neuen EU-Initiative, nach der Verbraucherschutzbehörden zukünftig mehr Untersuchungs- aber auch Durchsetzungsrechte bekommen sollen.

Gerade in Deutschland mit einem dezentralen System der zivilrechtlichen Durchsetzung von Verbraucherrechten – mit der teilweisen Einbindung von privatrechtlichen Verbänden – sind daher Änderungen in der Durchsetzung von Verbraucherrechten zu erwarten.

Bereits durch die jüngst verabschiedete Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen hat das Bundeskartellamt neue Kompetenzen mit Blick auf erhebliche, dauerhafte oder wiederholte Verstöße erhalten. Ob dies im Lichte der neuesten Vorschläge aus Brüssel ausreichend sein wird, bleibt abzuwarten.

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