Europäische KI-Regulierung: Großer Wurf oder doch nur Mehrbelastungen für den Mittelstand?

Die EU-Gesetzgeber einigten sich Anfang Dezember auf den neuen europäischen Rechtsrahmen zur Nutzung und den Aufbau von Systemen, die auf Künstlicher Intelligenz beruhen. Mittelständische Unternehmen sind gleichzeitig dabei, die Möglichkeiten von KI-Anwendungen für sich nutzbar zu machen. Was bedeutet also die neue Europäische Regelung für die Anwender und Entwickler im Mittelstand?

Brüssel, 12.12.2023 – Kein Tag vergeht, an dem nicht ein neues Anwendungsfeld für Künstliche Intelligenz erschlossen wird. Auch Verbundgruppen entdecken das Thema für sich und bauen Kooperations-Konzepte für die angeschlossenen Mittelständler:innen auf. Gerade vor dem Hintergrund „großer“ KI-Anwendungen wie ChatGPT aber auch die zunehmende Verlagerung strategischer Entscheidungen auf autonome KI-Systeme stellte die Europäische Kommission bereits im April 2021 ihren AI-Act vor.

Gleichsam der Datenschutzgrundverordnung wurde so der Versuch unternommen, grundlegende Regeln im Umgang mit Künstlicher Intelligenz zu finden. Die Kommission schlug daher einen Rechtsrahmen vor, der insbesondere folgende Thematiken behandeln sollte: 

  • Rechtssicherer Rahmen für die Datengrundlage: KI-Systeme speisen sich aus unterschiedlichen, oftmals immensen Daten-Quellen. Damit Urheber- aber auch Grundrechte dabei nicht außer Acht gelassen werden, schlug die Kommission Grenzen für die Nutzung öffentlich zugänglicher Daten vor.
  • Pflichten von KI-Entwicklern und Nutzern: Die Nutzung von KI-Systemen kann unter Umständen erhebliche Auswirkungen auf Dritte haben. Um wiederum die Rechte Außenstehender zu wahren, stellte die Kommission eine Reihe von Verhaltens- und Transparenzpflichten auf.
  • Durchsetzung & Bußgelder: In keiner EU-Regulierung darf mittlerweile ein Passus über Bußgelder und Durchsetzungs-Zuständigkeiten fehlen. Die Kommission hat dieser Erwartungshaltung entsprochen und diesbezüglich Regeln vorgestellt.

Risikobasierter Ansatz

In den Verhandlungen über den AI-Act konnte sich ein risikobasierter Ansatz durchsetzen. Damit unterliegen unterschiedliche Systeme der Künstlichen Intelligenz unterschiedlichen Verpflichtungen.

Damit ordnen sich „Basismodelle“ wie etwa Bild- und Textverarbeitung bzw. deren Generierung sowie Chatassistenten grundsätzlich dem engen Regelungsrahmen der KI-Verordnung zu. „Basismodelle“ werden als KI-Systeme definiert, die für verschiedene Zwecke eingesetzt werden können. Verhaltensregeln gelten für diese Basismodellen nicht. Hingegen müssen auch diese KI-Modelle zukünftig offenlegen, aus welchen Daten-Quellen sich die KI-Anwendung speist. Unklar ist bislang, wie detailliert diese Berichte ausfallen müssen. Zudem gelten auch hier klare Kennzeichnungsregeln, in welchen Fällen die Nutzer:innen mit einer Künstlichen Intelligenz interagieren.

„Bild- und Textgenerierung sind aktuell Hauptanwendungsfälle im Mittelstand.“, erklärt Tim Geier, Geschäftsführer Büro Brüssel, DER MITTELSTANDSVERBUND. „Verbundgruppen nutzen diese gerade in dem Aufbau einer schlüssigen Kundenkommunikation sowie einer Verbesserung der E-Commerce-Angebote. Begrüßenswert ist daher, dass kein gesonderter Verhaltenskodex für diese Systeme geschaffen wurde. Jedoch werden die Transparenzvorschriften eine weitere Hürde für KI-Anwendungen im Mittelstand bedeuten. Es bleibt zu hoffen, dass die neuen Berichtspflichten so schmal wie möglich ausfallen, um eine Weiterentwicklung neuer Technologien auch im Mittelstand zu gewährleisten.“ so Geier weiter.

Große KI-Modelle, die sich aus einer Vielzahl von Informationsquellen bedienen, sollen hingegen zukünftig jährlich Rechenschaft darüber ablegen, welche systemischen Risiken erkannt wurden, welche Sicherheitsvorfälle aufgetreten sind, und welche Gegenmaßnahmen ergriffen wurden.

KI-Systeme, welche unentdeckt das menschliche Verhalten beeinflussen, oder ein „Social Scoring“ anhand von personenbezogenen Daten durchführen, sollen zukünftig insgesamt verboten werden.

Fazit

Auch wenn der finale Text der Einigung noch nicht veröffentlicht wurde, ist zu befürchten, dass der Einsatz von KI-Systemen gerade für mittelständische Unternehmen erschwert wird. Viele Mittelständler stehen gerade erst am Anfang von KI-Anwendungen; Drängendste Punkte sind zunächst die Schaffung einer nutzbaren Daten-Grundlage, entsprechende Strukturen im Betrieb zur Daten-Erfassung sowie Prozesse der Daten-Auswertung. Erst danach macht der Einsatz von Künstlicher Intelligenz überhaupt Sinn. Bereits diese Schritte erfordern erhebliche Ressourcen und Investitionen in mittelständischen Unternehmen. Berichtspflichten, auch wenn sie noch so gering sind, werden dabei zu einer weiteren Hürde.

Insofern bleibt zu hoffen, dass die Ausgestaltung der neuen Berichtspflichten über Standard-Erklärungen schnell und bürokratiearm ausgestaltet werden, um die Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen nicht zu gefährden.

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