Bundestag und Bundesrat beschließen Viertes Corona-Steuerhilfegesetz – Kleinere Entlastungen für Unternehmen, aber kein großer Wurf

Der Bundesrat hat am 10. Juni dem Entwurf des Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes zugestimmt. Zuvor war dieser bereits vom Bundestag mit kleineren Änderungen beschlossen worden. Das Gesetz bündelt verschiedene steuerliche Entlastungsmaßnahmen, von denen gerade Unternehmen profitieren sollen. Der Gesetzestitel ergibt sich daraus, dass dabei überwiegend Maßnahmen verlängert werden, die bereits im vergangenen Jahr im Kontext der Corona-Pandemie eingeführt wurden. Trotz sinnvoller Ansätze bleibt das Gesetz insgesamt hinter seinen Möglichkeiten zurück.

Berlin, 14.06.2022 – Nachdem das Bundesministerium der Finanzen (BMF) bereits am 2. Februar den Referentenentwurf für das „Vierte Corona-Steuerhilfegesetz“ im Rahmen einer Verbändebeteiligung veröffentlicht hatte – DER MITTELSTANDSVERBUND beteiligte sich hieran mit einer Stellungnahme –, zog sich das weitere Gesetzgebungsverfahren über mehrere Monate. Am 19. Mai bzw. 10. Juni haben Bundestag und Bundesrat dem Gesetz schließlich zugestimmt. Somit können nun unter anderem verschiedene steuerliche Entlastungsmaßnahmen, die ursprünglich zur Stützung der Unternehmen in der Corona-Krise eingeführt wurden, länger fortgeführt werden. Davon können auch mittelständische Unternehmen in einem gewissen Rahmen profitieren.

Verlängerung von unterschiedlichen Entlastungsmaßnahmen, aber kaum Ausweitung

Das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz enthält in der nun beschlossenen, durch den Finanzausschuss des Bundestages geänderten Fassung eine ganze Reihe von unterschiedlichen steuerlichen Maßnahmen, die vor dem Hintergrund der negativen Folgen der Corona-Pandemie eine Entlastungswirkung entfalten sollen. Ganz überwiegend handelt es sich aber um die bloße Verlängerung von Maßnahmen, die bereits im Zuge der vorangegangenen Corona-Steuerhilfegesetze eingeführt wurden. Dies macht auch der Titel des Gesetzes deutlich. Konkret sieht es die Umsetzung folgender Maßnahmen vor:

  • Verlängerung der erweiterten steuerlichen Verlustverrechnung bis Ende 2023: Auch für 2022 und 2023 wird der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag bei 10 Mio. Euro bzw. 20 Mio. Euro bei Zusammenveranlagung liegen. Der Verlustrücktrag wird darüber hinaus ab 2022 dauerhaft auf zwei vorangegangene Veranlagungszeiträume ausgeweitet.
  • Die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz eingeführten degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wird um ein Jahr verlängert. Sie gilt somit auch für Wirtschaftsgüter, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt werden.
  • Die Investitionsfristen für steuerliche Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG, die 2022 auslaufen, werden um ein weiteres Jahr verlängert.
  • Die Investitionsfristen für Reinvestitionen nach § 6b EStG werden wie bei § 7g EStG um ein weiteres Jahr verlängert.
  • Die Frist zur Abgabe von Steuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 in beratenen Fällen wird – im Vergleich zum Referenten- und Regierungsentwurf – um mehrere Monate verlängert. Als Frist für den Veranlagungszeitraum 2021 gilt somit etwa der 31. August 2023. Daran anknüpfend werden auch die Steuererklärungsfristen für spätere Veranlagungszeiträumeverlängert, jedoch in geringerem Umfang.
  • Die steuerliche Förderung der steuerfreien Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld wird nun bis zum 30. Juni 2022 verlängert.
  • Die bestehende Regelung zur Homeoffice-Pauschale wird um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2022 verlängert.
  • Für unverzinsliche Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mindestens zwölf Monaten entfällt ab dem Wirtschaftsjahr 2023 der verpflichtende Rechnungszinsfuß von 5,5 %. Diese Änderung hat erst durch den Bundestag Eingang in das Gesetz gefunden. Bei Rückstellungen für Verpflichtungen gilt der Rechnungszinsfuß von 5,5 % allerdings weiterhin.
  • Vom Arbeitgeber an inbestimmten Einrichtungen wie Krankenhäusern tätige Arbeitnehmer gewährte Sonderleistungen – zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise – werden nun bis zu einem Betrag von 4.500 Euro steuerfrei gestellt.

Für mittelständische Unternehmen dürften dabei grundsätzlich alle erstgenannten Maßnahmen relevant sein. Ob auch eine konkrete steuerliche Entlastung infrage kommt, ist dennoch vom jeweiligen Fall abhängig.

Begrenzte Entlastungswirkung trotz hilfreicher Ansätze

Die Intention des Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes, im Rahmen des Steuerrechts die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu lindern und die Unternehmen finanziell zu entlasten, ist begrüßenswert. Die im Referentenentwurf gebündelten Einzelmaßnahmen sind hierzu auch im Grundsatz sinnvoll und geeignet. Dies gilt insbesondere für die Verlängerung bzw. Ausweitung der erweiterten steuerlichen Verlustverrechnung oder die Verlängerung der degressiven Abschreibung. Auch die zuletzt vorgenommenenErgänzungen im Gesetz wie z.B. die Verlängerung der Steuererklärungsfristen in beratenen Fällen sind ausdrücklich als hilfreich zu begrüßen. Dennoch bleibt die Entlastungswirkung der verschiedenen Maßnahmen mit Blick auf den Mittelstand insgesamt relativ begrenzt. Denn eine Fortführung von Maßnahmen, die bereits in den vorangegangenen Corona-Steuerhilfegesetzen eingeführt wurden, wird den aktuellen Problemen der Unternehmen immer weniger gerecht. Auch wenn die coronabedingten Auflagen für den Geschäftsbetrieb und die damit verbundenen Kosten mittlerweile deutlich zurückgegangen sind, sehen sich Unternehmen nun mit ganz anderen Problemen konfrontiert: Im Zuge des Ukraine-Kriegs massiv gestiegene Energiepreise und eine allgemein sehr hohe Inflation – verbundenen mit verschärften Lieferengpässen – belasten zunehmend die Ertragssituation der Unternehmen. Wirklich substanzielle steuerliche Entlastungen, die in der jetzigen Situation Abhilfe schaffen könnten, beinhalt das Gesetz nicht.

Abgesehen von dieser grundsätzlichen Schwäche hatte DER MITTELSTANDSVERBUND bereits in seiner Stellungnahme die zögerliche und somit unzureichende Ausgestaltung der zentralen Maßnahmen kritisiert. Bei der steuerlichen Verlustverrechnung sollten hinsichtlich des Verrechnungszeitraums mindestens drei vorangegangene Veranlagungszeiträume in Ansatz gebracht werden können. Nur so bestünde in der jetzigen Krisensituation für die Möglichkeit, als Unternehmen von einem erweiterten Verlustrücktrag wirklich zu profitieren. Andernfalls könnten lediglich die vorangegangenen Krisenjahre in Ansatz gebracht werden. Nicht sachgerecht ist es deshalb auch, den erhöhten maximalen Verlustrücktrag  auf die Jahre 2022 und 2023 zu begrenzen. Idealerweise müsste dieser entfristet werden. Die zu verlängernde degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sollte möglichst dauerhaft als Wahlmöglichkeit bestehen bleiben, um die Investitionsbereitschaft der Unternehmen zu stärken. Und auch die Verlängerung der Investitionsfristen bei den Investitionsabzugsbeträgen sowie den Reinvestitionen sollte eigentlich großzügiger ausfallen, um den Unternehmen perspektivisch mehr Sicherheit für ihre Investitionsvorhaben zu geben. Bedauerlicherweise wurden diese Forderungen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens nicht aufgegriffen. Damit ist das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz zwar einigermaßen hilfreich, aber eben auch kein großer Wurf zur Entlastung der Unternehmen. 

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