Kartellamt legt Jahresbericht vor

Der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, hat am 22. Juni den Jahresbericht 2015 seiner Behörde vorgestellt. Besonders interessant: die Forderung nach einer Reform des Kartellrechts wegen der Digitalsierung.

Bonn, 22.06.2016 - "Die Wettbewerbspolitik und die kartellbehördliche Praxis werden durch neue digitale Produkte und Geschäftsmodelle vor neue Aufgaben gestellt", heißt es in der Pressemitteilung des Bundeskartellamts zu der Veröffentlichung seines Jahresberichts zum vergangenen Jahr 2015.

Bundeskartellamtspräsident Andreas MundtDeswegen sei es notwenig, das Kartellrecht an die neuen Anforderungen der Internetwirtschaft anzupassen. "Mit der zunehmenden Digitalisierung erleben wir eine wirtschaftliche Revolution, die alle Lebensbereiche erfasst. Auch kartellrechtlich müssen viele Fragen neu durchdacht und zur praktischen Anwendung gebracht werden", erklärte Kartellrechtspräsident Andreas Mundt.

MITTELSTANDSVERBUND unterstützt Forderung nach Kartellrechtsreform

DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt die Offenheit der Bonner Kartellwächter für eine Reform des Kartellrechts. "Das geltende Recht stammt aus einer Zeit, als es weder Internet noch Online-Shopping gab", stellt der Rechtsexperte des Verbandes, Dr. Marc Zgaga, fest. "Eine Anpassung an die heutige Wirklichkeit der globalen Internetwirtschaft ist überfällig", ergänzt er.

Rekordbußgelder verhängt

In insgesamt elf Kartellverfahren hat das Bundeskartellamt im Jahre 2015 rund 208 Millionen Euro Bußgelder wegen verbotener Absprachen verhängt. Die Bußgelder verteilen sich auf insgesamt 45 Unternehmen und 24 Privatpersonen. Die Verfahren betrafen die verschiedensten Branchen, wie z.B. Automobilzulieferer, Matratzenhersteller, Anbieter von Containertransporten oder Hersteller von Fertiggaragen.

Im ersten Halbjahr 2016 hat das Bundeskartellamt Bußgelder in Höhe von rund 99 Mio. Euro verhängt. Unter anderem sind die Ermittlungen des Amtes gegen Großhändler der Sanitär-, Heizungs- und Klimabranche abgeschlossen worden. Auch im sogenannten Vertikalfall, bei dem Absprachen über die Ladenverkaufspreise zwischen Herstellern und Händlern von Lebensmitteln verfolgt wurden, sind in den ersten Monaten dieses Jahres nahezu alle Verfahrenskomplexe abgeschlossen worden.

Der Bericht macht deutlich, dass das Thema Compliance auch in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen wird. DER MITTELSTANDSVERBUND hat Mitte Juni eine Initiative zur Kartellrechts-Compliance in Verbundgruppen gestartet und bietet seinen Mitgliedern Informationen und Schulungen an.

Leitfaden zu Preisbindungsverbot in Arbeit

Im Nachgang zum sogenannten Vertikalfall im stationären Lebensmitteleinzelhandel arbeitet das Bundeskartellamt derzeit an einem Leitfaden, um Unternehmen der Branche auch anhand von Praxisbeispielen den Hintergrund, Zweck und die Reichweite des Preisbindungsverbots zu erläutern. Anhand von Beispielen wird aufgezeigt, wo die Grenze zwischen verbotenem und erlaubtem Verhalten verläuft.

"Den angekündigten Leitfaden erwarten wir mit Spannung", so MITTELSTANDSVERBUND-Rechtsexperte Zgaga. Der Spitzenverband des kooperierenden Mittelstandes setzt sich seit Langem für eine praxisgerechte Möglichkeit der Preiskommunikation in Verbundsystemen ein.

Fusionskontrollen und Ministererlaubnis

Mit der Ministererlaubnis zur Fusion von EDEKA und Tengelmann hat das Thema Fusionskontrolle aktuell an Brisanz gewonnen. 

Im März 2016 hat der Bundeswirtschaftsminister im Fall EDEKA/Tengelmann auf Antrag der Unternehmen unter den Aspekten "Arbeitsplatzerhalt" und "Erhalt der Arbeitnehmerrechte" eine Ministererlaubnis unter Auflagen erteilt und der Fusion damit zugestimmt. Seit dem Bestehen dieses Instrumentes war dies die neunte Ministererlaubnis

Das Bundeskartellamt hatte die Fusion zuvor untersagt. Insgesamt bewegt sich die Zahl der angemeldeten Fusionen seit einigen Jahren auf einem stabilen Niveau. Im Jahr 2015 hat das Bundeskartellamt 1169 Fusionskontrollentscheidungen getroffen, davon insgesamt 13 Verfahren nach einer der vertieften Prüfung, der sog. Zweiten Phase. 

Seite drucken

Ansprechpartner

Dr. Marc ZgagaDER MITTELSTANDSVERBUND
Dr. Marc Zgaga Geschäftsführer Mehr Infos
DER MITTELSTANDSVERBUND
E-Mail schreiben
Zurück zur Übersicht