Lobbyregister des Bundestags: Verschärfungen werden ab 1. März wirksam

Bereits im Oktober 2023 hatte der Bundestag eine Verschärfung des Lobbyregisters beim Deutschen Bundestag beschlossen. Eine Reihe von relevanten Anpassungen werden nun ab März wirksam, wobei ein mehrmonatiger Übergangszeitraum eingeräumt wird. Die in den meisten Fällen mit deutlichem Mehraufwand verbundenen Änderungen treffen neben Verbänden wie den MITTELSTANDSVERBUND auch alle anderen Akteure der Interessenvertretung, darunter im Lobbyregister eingetragene Unternehmen.

Berlin, 12. Februar 2024 – Zum 1. Januar 2022 trat das Lobbyregistergesetz in Kraft, das neue Transparenzpflichten für die Akteure der politischen Interessenvertretung in Deutschland vorsieht. Seitdem mussten sich nahezu alle Organisationen sowie natürliche Personen, die gegenüber den Mitgliedern des Bundestages, Mitgliedern der Bundesregierung sowie Beamten der Bundesministerien ab Unterabteilungsleiterebene Interessenvertretung betreiben, im Lobbyregister eintragen. Der Eintrag war von Beginn an mit einer Offenlegung umfangreicher Informationen verbunden. Die Ampel-Fraktionen von SPD, Grünen und FDP haben sich im Juni 2023 dennoch auf eine nachträgliche Verschärfung des Lobbyregisters verständigt. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde am 23. Juni 2023 in erster Lesung in den Bundestag eingebracht und schließlich ohne wesentliche Änderungen am 19. Oktober 2023 beschlossen. Damit kommt auf Interessenvertreter erhebliche Arbeit zu, da sie nun ab dem 1. März 2024 dazu aufgerufen sind, den neuen Anforderungen gerecht zu werden.

Deutscher Bundestag, BerlinAuf der Homepage des Lobbyregisters hat die registerführende Stelle beim Deutschen Bundestag einige Informationen bereitgestellt. Dort finden sich insbesondere To-Do-Listen zur Vorbereitung auf die neuen Anforderungen. Die eigentliche Anpassung des eigenen Eintrags im Sinne der neuen Gesetzeslage kann aber erst ab dem 1. März im Rahmen einer Migration des Eintrags auf eine neue Oberfläche erfolgen. Hierfür haben alle Interessenvertreter, die bereits registriert sind, sowie solche, die es zukünftig sein müssen, bis zum 30. Juni 2024 Zeit.

Viele zusätzliche Angaben, die der Erhöhung der Transparenz dienen sollen

Neben eher marginalen Änderungen – so ist ein Eintrag künftig schon erforderlich, wenn Interessenvertretung gegenüber der Referatsleiterebene in Ministerien erfolgt – sieht der Gesetzentwurf einige sehr relevante und mitunter brisante Nachschärfungen vor. So müssen künftig nicht nur die – allgemein gefassten – wesentlichen Themenbereiche der Interessenvertretung angegeben werden, sondern alle konkreten Gesetzes- und Verordnungsvorhaben auf Bundes- und EU-Ebene, zu denen sich der Akteur gegenüber den politischen Adressaten einbringt. Auch müssen Stellungnahmen und Gutachten grundsätzlicher Bedeutung im Lobbyregister eingestellt werden – mit Ausnahme derjenigen, die im Rahmen von regulären Verbändebeteiligungen eingereicht und infolgedessen von den Bundesministerien veröffentlicht werden. Des Weiteren müssen zur Erhöhung der Transparenz zukünftig bei den Beschäftigten, welche die Interessenvertretung ausüben, etwaige ehemalige Ämter in der Bundesregierung, Mitgliedschaften im Bundestag sowie frühere Tätigkeiten für MdBs, Bundestagsfraktionen oder in der Bundesverwaltung innerhalb der vergangenen fünf Jahre angegeben werden.

Gerade für Wirtschaftsverbände könnte eine andere Änderung noch gravierender werden: Während Einnahmen der Verbände durch Mitgliedsbeiträge bisher nur als Gesamtsumme aus der üblicherweise im Eintrag hochgeladenen Jahresrechnung hervorgehen, sollen zukünftig auch die Namen einzelner Mitglieder mit hohen Mitgliedsbeiträgen gesondertausgewiesen werden. Zwar sind die Schwellen relativ hoch – so verpflichten nur jährliche Mitgliedsbeiträge ab 10.000 Euro, die mehr als 10 % der Gesamtsumme der Mitgliedsbeiträge ausmachen, zu einer Nennung des Mitglieds. Dennoch kann dies in vielen Wirtschaftsverbänden einzelne Mitglieder betreffen.

Hier liegt nach Auffassung des MITTELSTANDSVERBUNDES ein zentrales Problem: Eine Nennung ausschließlich sehr großer Mitglieder dürfte zu einer Scheintransparenz und einer verzerrten öffentlichen Wahrnehmung der Mitgliedschaft führen. Denn für Außenstehende könnte der irrige Eindruck entstehen, dass gerade diese Mitglieder die politische Arbeit des Verbandes entscheidend prägen. Insbesondere in Verbänden, die viele Unternehmen unterschiedlicher Branchen vertreten, wäre eine Nennung einzelner Mitglieder nicht repräsentativ. Zudem besteht auch innerhalb der Mitgliedschaft oft keine vollständige Transparenz über die Beiträge aller Mitglieder, was im Sinne der Vertraulichkeit von Beitragsverhandlungen berechtigt ist.

Erheblicher Mehraufwand mit fraglichem Mehrwert

Auch wenn die Änderungen sehr unterschiedliche Bereiche betreffen, wird der Erfüllungsaufwand für Interessenvertreter – ob nun Verbände, Public Affairs-Agenturen, Unternehmen oder natürliche Personen – insgesamt spürbar steigen. DER MITTELSTANDSVERBUND hatte sich daher gemeinsam mit anderen Verbänden im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens kritisch zu den meisten Verschärfungen positioniert – nicht zuletzt zur Nennung einzelner großer Mitgliedsunternehmen. In einzelnen Punkten gab es zwar daraufhin Nachbesserungen. Dennoch ist es für das Anliegen des Lobbyregisters nicht hilfreich, dass nun deutlich mehr Aufwand in eine konstante Pflege des Eintrags investiert werden muss.

Selbstverständlich teilt DER MITTELSTANDSVERBUND das grundsätzliche Ansinnen des Lobbyregisters ausdrücklich: Die Transparenz politischer Interessenvertretung ist notwendig, um Vorbehalten und Fehlwahrnehmungen in der Öffentlichkeit vorzubeugen. Dennoch gehen die Nachschärfungen über ein angemessenes Maß hinaus. Sie erhöhen nicht nur den bürokratischen Aufwand – sowohl für die Akteure der Interessenvertretung als auch für die registerführende Stelle beim Bundestag – enorm, sondern bieten zudem kaum Mehrwert, weil die Fülle der Informationen nicht mehr angemessen auszuwerten ist und somit einer Scheintransparenz Vorschub leistet. Ob die Reform des Lobbyregisters letztlich zu einem ehrlicheren Umgang mit – gerade in einer repräsentativen Demokratie notwendiger –Interessenvertretung durch Verbände, NGOs und andere Experten beitragen kann, ist daher fraglich.

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