Mittelstand fordert standortpolitische Zeitenwende von Bundesregierung

Die wirtschaftliche Lage hat sich im kooperierenden Mittelstand zum Ende des letzten Jahres tendenziell zaghaft stabilisiert – so etwa zeigen sich die Umsätze, Erträge und die Beschäftigung geringfügig aufgehellt. Auch bei den Investitionen könnte es in naher Zukunft sogar wieder bergauf gehen. Allerdings bremsen vor allem eine überbordende Bürokratie und der Fachkräftemangel die Wirtschaft aus, so das Credo des kooperierenden Mittelstandes im Rahmen der aktuellen Konjunkturumfrage des MITTELSTANDSVERBUNDES unter seinen Mitgliedern zum 4. Quartal 2023. Dabei hält das Gros der Unternehmen den aktuellen wirtschaftspolitischen Kurs der Bundesregierung für verfehlt.

Berlin, 22.01.2024 – Die wirtschaftliche Lage hat sich zum Ende des letzten Jahres leicht aufgehellt – für rund 30 % der Verbundgruppen aus dem kooperierenden Mittelstand ging es zwischen Oktober und Dezember bergauf (Vergleich Q3: 26,9 %). Gleichzeitig stellte sich der wirtschaftliche Status Quo für rund 52 % der Kooperationen befriedigend dar (Vergleich Q3: 48,1 %) – 18,5 % der befragten Unternehmen bewerteten die wirtschaftliche Lage zum Ende des Jahres als schlecht (Vergleich Q3: 25 %).

Differenziertes Bild bei Umsatzentwicklung

Die Umsätze entwickelten sich bei rund 26 % der Verbundgruppen im Schlussquartal 2023 positiv (Vergleich Q3: 25 %), bei ebenfalls 26 % der Unternehmen zeigte sich keine Veränderung (Vergleich Q3: 25 %). Damit bewerteten im Schlussquartal 2023 mehr als die Hälfte der Verbundgruppen ihre Umsätze als stabil oder steigend. Gleichzeitig zeigte sich die Umsatzlage bei rund 48 % der Verbünde rückläufig (Vergleich Q3: 50 %).

Der Blick auf die kommenden Monate deutet an: Umsatzsteigerungen sind in naher Zukunft wieder mehr möglich – das spiegelten rund 26 % der Kooperationen (Vergleich Q3: 21,2 %). Für rund 39 % der Unternehmen bleiben die Umsätze zunächst voraussichtlich beständig (Vergleich Q3: 26,9 %). Dagegen rechnen rund 33 % und damit ein Drittel der Verbünde in naher Zukunft mit sinkenden Umsätzen (Vergleich Q3: 51,9 %).

Wie haben sich die Umsätze bei den Anschlusshäusern der Verbundgruppen im letzten Quartal 2023 entwickelt? Für rund 32 % der Unternehmen ging es ins Plus, was einem Anstieg von mehr als 10 Prozentpunkten im Vergleich zum Vor-Quartal mit noch 21,2 % entspricht. Bei mehr als 20 % der Anschlusshäuser waren die Umsatzzahlen stabil (Vergleich Q3: 23,1 %). Gleichzeitig sanken bei rund 44 % der Unternehmen die Umsätze zwischen Oktober und Dezember – dies war im Vor-Quartal noch bei 53,8 % der Anschlusshäuser der Fall.

Auch die Ertragslage hat sich im letzten Quartal 2023 tendenziell zumindest stabil gehalten. So blieben die Erträge bei rund 28 % der Verbundgruppen zwischen Oktober und Dezember konstant (Vergleich Q3: 34,6 %), bei mehr als 24 % der Unternehmen stiegen sie an (Vergleich Q3: 19,2 %). Zukünftig erwarten mehr als 20 % der Kooperationen steigende Erträge (Vergleich Q3: 15,4 %), etwa 39 % der befragten Verbünde rechnen hier mit Beständigkeit. Gleichzeitig prognostizieren mehr als 1/3 der Unternehmen (37 %) in naher Zukunft sinkende Erträge (Vergleich Q3: 46,2 %).

Investitionsklima zieht leicht an

Wie hat sich zum Ende des Jahres das Investitionsklima im kooperierenden Mittelstand entwickelt? Der Vergleich zum Vor-Quartal zeigt: Das Investitionsverhalten zieht tendenziell an – haben im 3. Quartal noch rund 27 % der Unternehmen weniger investiert, waren dies zwischen Oktober und Dezember gerade mal rund 9 %. Gleichzeitig investierten 63 % der Verbünde genau so viel wie zwischen Juli und September (Vergleich Q3: 48,1 %). Für rund 26 % ging es bei den Investitionen aufwärts, was einem Plus von rund 6 Prozentpunkten im Vergleich zum 3. Quartal entspricht. Positiv fällt auch der Blick in die Zukunft aus – so planen rund 32 % und damit fast ein Drittel der Unternehmen für die nahe Zukunft, mehr zu investieren (Vergleich Q3: 30,8 %). Für 16,7 % ist allerdings das Gegenteil der Fall – sie planen mit weniger Investitionen. Beim Ausblick aus dem Vor-Quartal waren das aber noch rund 33 %.

In Sachen Beschäftigung zeigt sich im Schlussquartal 2023 ebenfalls tendenziell ein Anstieg – so steigerten mehr als 20 % der Verbundgruppen ihre Mitarbeitendenzahl (Vergleich Q3: 19,2 %), bei mehr als 74 % der Unternehmen blieb die Beschäftigung unverändert (Vergleich Q3: 71,2 %). In naher Zukunft planen rund 28 % der Kooperationen einen Personalzuwachs (Vergleich Q3: 17,3 %). Bei rund 57 % und damit dem Gros der Verbünde soll es in den kommenden Monaten hier keine Veränderungen geben. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei den Anschlusshäusern der Kooperationen ab – zwischen Oktober und Dezember haben mehr als 11 % der Unternehmen mehr Personal eingestellt, was im Vergleich zum 3. Quartal mit 3,8 % einem Zuwachs von etwa 7 Prozentpunkten entspricht. Gleichzeitig stagnierte bei rund 69 % der Mitgliedsunternehmen die Beschäftigung (Vergleich Q3: 65,4 %).

Mittelstand: Bürokratie und Fachkräftemangel bremsen Wirtschaft aus

Wie bewertet der kooperierende Mittelstand den Wirtschaftsstandort Deutschland mit Blick auf 2024? Rund 48 % der Unternehmen beurteilen ihn als durchwachsen, mehr als 35 Prozent und damit mehr als ein Drittel der Verbundgruppen beurteilen ihn als schlecht. Sowohl die Wertung „gut“ (9,3 %) als auch die Wertung „miserabel“ (7,4 %) bleiben einstellig.

Wo aber liegen die zentralen Gründe für eine abnehmende Standortattraktivität Deutschlands? Auch das haben wir unsere Mitglieder gefragt, wobei maximal drei Nennungen zulässig waren. Auf Platz eins liegt dabei ganz klar die überbordende Bürokratie mit 87 % der Stimmen, gefolgt vom Fach- und Arbeitskräftemangel mit rund 65 %. Auch die hohen Energie- und Rohstoffpreise sind mit 55,6 % der Stimmen unter den Top 3. Eine hohe Steuer – und Abgabenlast bewerten 37 % der Verbundgruppen als einen der zentralen Gründe, zu geringe Investitionsanreize spielen bei mehr als 22 % der Unternehmen eine maßgebliche Rolle. 18,5 % der Verbünde sehen die unzureichende öffentliche Infrastruktur als einen der Hauptgründe für die abnehmende Standortattraktivität.

Doch was sollte die Bundesregierung priorisieren, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ganz entscheidend zu verbessern (auch hier waren wieder maximal drei Nennungen möglich)? Klarer Sieger mit 92,6 % der Stimmen: der Abbau von Bürokratie und Berichtspflichten. Aber auch höhere öffentliche Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Digitalisierung sehen mehr als 59 % der Unternehmen als wichtige Stellschraube zu besseren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, gefolgt von gezielten Steuersenkungen (38,9 %), der Modernisierung der öffentlichen Verwaltung (33,3 %), mehr qualifizierter Zuwanderung (31,5 %) und dem Ausbau erneuerbarer und bezahlbarer Energieträger (29,6 %).

Mehrheit hält Regierungskurs für verfehlt

So wundert es nicht, dass sich nur 7,4 % der Verbünde mit dem wirtschaftspolitischen Kurs der Bundesregierung zufrieden äußerten, hingegen 30 % deutliche Kritik übten und gar rund 62 % das Regierungshandeln als verfehlt und vollkommen falsch beurteilen.

Scheitern notwendige Investitionen in die Infrastruktur oder steuerliche Entlastungen für kleine und mittlere Unternehmen an der gegenwärtigen Schuldenbremse? Zwar sind etwa 40 % der befragten Mitglieder der Auffassung, dass die Schuldenbremse damit nichts zu tun hat, jedoch meinen demgegenüber mehr als 48 % der Unternehmen, dass die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Ausprägung mit Blick auf den Standort Deutschland auf jeden Fall ein Wettbewerbshindernis ist und zumindest tendenziell notwendige Investitionen und Entlastungen erschwert.

An der Konjunkturumfrage haben sich 54 Verbundgruppenzentralen mit rund 41.000 angeschlossenen Unternehmen aus insgesamt 17 Branchen beteiligt – darunter waren etwa Küchen & Möbel, Konsumelektronik, Schuhe & Textil, das Bauhandwerk sowie Lebensmittel & Getränke. Die Erhebung wird regelmäßig unter den Verbundgruppen des MITTELSTANDSVERBUNDES durchgeführt, die insgesamt 230.000 mittelständische Unternehmen vertreten. Zu den befragten Einkaufs-, Marketing- und Dienstleistungskooperationen zählen beispielsweise Edeka, Rewe, Sport 2000, expert, MEGA und BÄKO.

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