„Heizungsgesetz 2.0“: Fortschritt oder Fehlstart? Bundestag entscheidet über neues Heizungsgesetz

Der Bundestag hat am 8. September 2023 die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG 2023) beschlossen. In einigen Punkten unterscheidet es sich wesentlich vom ursprünglichen Entwurf. Das sogenannte „Heizungsgesetz“ muss noch den Bundesrat passieren und soll am 1. Januar 2024 in Kraft treten. Es sieht im Kern vor, dass künftig jede neu eingebaute Heizung auf Basis von 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Die Ampelkoalitionäre haben sich nach langem Gezerre geeinigt, wobei DER MITTELSTANDSVERBUND die Essenz daraus sehr kritisch beurteilt und schnellstmöglich Klarheit zum flankierenden Förderregime fordert.

Berlin, 08. September 2023 – Das kontroverse Gesetz zielt darauf ab, das Heizen umweltfreundlicher zu gestalten und soll laut Auskunft des Wirtschaftsministeriums bis 2030 etwa 40 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Ein konkreter Förderplan zur Umsetzung steht jedoch noch aus.

Blick auf die neuen Regelungen

Deutscher Bundestag, BerlinAb Januar 2024 sollen Heizsysteme nur noch mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden dürfen, wobei diese Vorgaben zunächst nur für Neubaugebiete gelten werden.

Das Gesetz bietet eine breite Palette an Heizungsoptionen, um die 65-Prozent-Quote für erneuerbare Energien zu erfüllen: Von elektrischen Wärmepumpen bis hin zu Pellet- und Holzheizungen bei Anschluss an ein Fernwärmenetz. Auch Hybridlösungen, die erneuerbaren Energien mit Gas- oder Ölkesseln kombinieren, sind zugelassen. Wasserstofftaugliche Gasheizungen können ebenfalls nach 2024 installiert und später auf grünen Wasserstoff umgestellt werden. Sollte kein grüner Wasserstoff verfügbar sein, sind gestaffelte Biogas-Vorgaben vorgesehen: Ab 2029 muss in neu eingebauten Gasheizungen dann 15 Prozent, ab 2035 30 Prozent und ab 2040 60 Prozent Biogas eingesetzt werden. Moderne Ölheizungen, die erneuerbare Kraftstoffe beimischen können, bleiben zulässig, während reine Ölheizungen aufgrund ihrer hohen CO2-Emissionen ausgeschlossen sind.

Es besteht keine Pflicht, funktionsfähige Gasheizungen zu entfernen; Reparaturen sind weiterhin möglich. Bestehende Regelungen, die den Austausch von Öl- und Gasheizungen älter als 30 Jahre unter gewissen Bedingungen und Ausnahmen vorschreiben, bleiben unverändert. Sollte eine Gas- oder Ölheizung irreparabel ausfallen, dann ist eine fünfjährige Übergangsfrist vorgesehen. Diese Frist gilt auch für geplante Heizungswechsel. Während dieses Zeitraums dürfen Heizsysteme installiert und betrieben werden, die noch nicht den 65-Prozent-Kriterien für erneuerbare Energien entsprechen. Nach Ablauf der Übergangsphase sollen kommunale Wärmepläne zur Verfügung stehen, die den Umstieg auf eine umweltfreundliche Heizlösung erleichtern.

Wer allerdings nach dem 1. Januar 2024 noch eine Gas- oder Ölheizung einbauen möchte, ist verpflichtet vorher eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Hintergrund ist, vor einer "Kostenfalle" durch steigende CO₂-Preise und teurere fossile Brennstoffe zu warnen. Wasserstofftaugliche Gasheizungen sind bis zur Fertigstellung kommunaler Wärmepläne erlaubt. Sollte kein Wasserstoffnetz geplant sein, greifen ab 2029 schrittweise Beimischquoten für klimaneutrale Gase wie Biomethan: 15 Prozent ab 2029, 30 Prozent ab 2035 und 60 Prozent ab 2040. Diese Quoten können durch den Kauf von Herkunftsnachweisen oder die Umrüstung der Heizung erfüllt werden.

Das Gesetz sieht auch vor, die Rechte der Mieterinnen und Mieter zu stärken, wie aus dem Änderungsantrag der Regierungskoalition hervorgeht. Bislang dürfen Vermieter bis zu acht Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete umlegen, etwa bei einer Wohnungssanierung. Das neue Gesetz führt jedoch eine angepasste Modernisierungsumlage ein. Hierbei können Vermieter bis zu zehn Prozent der Investitionskosten für den Austausch einer Heizanlage auf die Mieter umwälzen. Voraussetzung ist allerdings, dass staatliche Fördermittel in Anspruch genommen und von den umzulegenden Kosten abgezogen werden. Diese Regelung soll Vermietern zusätzliche Anreize für den Heizungstausch bieten. Gleichzeitig wird eine Obergrenze festgelegt: Durch die Installation einer neuen Heizung darf die Monatsmiete um nicht mehr als 50 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche steigen. Bei weiteren Modernisierungsmaßnahmen bleibt die bisherige Spanne von zwei bis drei Euro pro Quadratmeter bestehen.

Förderkulisse nur in groben Zügen bekannt

Die Bundesregierung plant, Hausbesitzer bei der Umstellung auf umweltfreundliche Heizsysteme mit 30 Prozent der Kosten zu fördern. Eigenheimbesitzer können einen zusätzlichen "Klima-Turbo" von 20 Prozent beantragen, der ab 2028 stufenweise sinkt. Einkommensschwache Haushalte mit bis zu 40.000 Euro Jahreseinkommen können weitere 30 Prozent Unterstützung erwarten.

Für Vermieter gibt es keinen "Klima-Turbo", da Selbstnutzer mit alten, ineffizienten Heizungen als besonders förderbedürftig gelten.

Zudem plant die KfW Bank zusätzliche, einkommensabhängige Niedrigzins-Kredite mit langen Laufzeiten, die voraussichtlich ab dem neuen Jahr verfügbar sein werden. Das gesamte Förderprogramm soll ebenfalls am 1. Januar 2024 starten, wobei Übergangsregelungen derzeit geprüft werden.

Einschätzung DER MITTELSTANDSVERBUND

Die Verabschiedung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG 2023) entpuppt sich als Stückwerk und kleinster gemeinsamer Nenner einer zerrissenen Bundesregierung. Während die politischen Eckpunkte festgezurrt sind, bleibt die Ausgestaltung der begleitenden Fördermechanismen und des Wärmeplanungsgesetzes weiterhin offen. Diese Unklarheit bietet kaum den stabilen Rahmen, den mittelständische Unternehmen für ihre Investitionsentscheidungen benötigen. Und was die Produktionskapazitäten für Wärmepumpen angeht, haben wir noch eine weite Strecke vor uns, um die gesteigerte Nachfrage überhaupt bedienen zu können. Die Politik ist jetzt gefordert, sowohl schnell als auch weitsichtig zu handeln, um diese ehrgeizigen Klimaziele wirklich umzusetzen. Ein gut kalibrierter CO2-Preis könnte ein wirksames Instrument sein – sofern er sinnvoll eingebettet ist und nicht als losgelöste Einzelmaßnahme agiert.

"Das GEG 2023 mag gute Absichten haben, legt aber der Wirtschaft unnötige Fesseln an, riskiert Engpässe und könnte Modernisierungskosten in unerwünschte Höhen treiben, gefährdet so Innovation und Effizienz. Doch die Uhr tickt: Wenn wir den Gebäudesektor mit seinen langen Lebenszyklen nicht jetzt auf erneuerbare Energien umstellen, riskieren wir durch höheren CO2-Ausstoß bedingte extreme Wetterereignisse mit ebenfalls unabsehbaren gesamtgesellschaftlichen Kosten. Daher ist jetzt der Zeitpunkt für eine marktwirtschaftliche Lösung, die Unternehmergeist fördert und gleichzeitig das Klima schützt. Nur so können wir in einer Welt führend sein, die sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch nachhaltig ist“, appelliert Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES.

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