Kartellschadensersatz auf der Zielgeraden

Die EU-Kommission befindet sich mit ihrem Richtlinienvorschlag zum Kartellschadensersatz auf der Zielgeraden. Am 27. Januar hat der ECON-Ausschuss des Europaparlaments den Weg für die sogenannten Trilog-Verhandlungen frei gemacht.

Brüssel, 28.01.2014 — Bereits im Juni 2013 hatte die EU-Kommission ihren Vorschlag zu Schadensersatzklagen wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht veröffentlicht. Mit der Zustimmung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON) im Europaparlament ist die Brüsseler Wettbewerbshüterin ihrem Ziel, Schäden bei Kartellverstößen künftig einfacher durchsetzen zu können, einen Schritt näher gekommen. Nun soll der zuständige Berichterstatter, Dr. Andreas Schwab, die sogenannten Trilog-Verhandlungen aufnehmen.

Die Richtlinie soll eine Reihe praktischer Schwierigkeiten beseitigen, mit denen Opfer häufig konfrontiert sind, wenn sie versuchen, einen angemessenen Ersatz für einen erlittenen Schaden durchzusetzen.

Der Berichterstatter konnte sich in einer knappen Abstimmung durchsetzen, dass Aspekte der Sammelklage nicht in den Bericht aufgenommen werden. Zwar hatte auch die Kommission zunächst keine gesetzliche Grundlage für Sammelklagen auf EU-Ebene gefordert, entsprechende Änderungsanträge wurden jedoch von den Sozialdemokraten, Grünen und Linken im Europaparlament eingebracht. Auch der Rat hatte sich in seiner Allgemeinen Ausrichtung bereits im Dezember 2013 gegen die Übernahme solcher Ansätze in den vorliegenden Kommissionsentwurf ausgesprochen.

Die von der Kommission vorgeschlagene Vermutung, dass bei wettbewerbsrechtlichen Verstößen auch ein entsprechender Schaden vorliegt, wurde hingegen auch in den Bericht des ECON-Ausschusses übernommen. Um die Beweislast des Klagegegners nicht unverhältnismäßig zu verkürzen, soll aber nur vermutet werden, dass durch den wettbewerbsrechtlichen Verstoß überhaupt ein Schaden auf dem Markt entstanden ist. Es wird hingegen nicht vermutet, dass dieser auch konkret beim Kläger eingetreten ist. Der Kläger muss den Eintritt eines individuellen Schadens daher immer noch beweisen.

Auch nach dem Bericht sollen Unternehmen, die gemeinsam gegen Wettbewerbsrecht verstoßen haben, grundsätzlich gesamtschuldnerisch gegenüber dem Geschädigten haften. Sowohl nach dem Kommissionsentwurf als auch nach dem Bericht des ECON-Ausschusses sollen Kronzeugen im Außenverhältnis gegenüber dem Geschädigten nur nachrangig haften müssen. Eine Inanspruchnahme des Kronzeugen soll danach nur möglich sein, wenn von den anderen Unternehmen, die an derselben Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht beteiligt waren, kein vollständiger Schadensersatz erwirkt werden kann.

Eine wichtige Ausnahme wurde jedoch für mittelständische Unternehmen (KMU) eingeführt: Handelt es sich bei dem Unternehmen um ein KMU, das die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht durch ein anderes Unternehmen nicht angeführt oder herbeigeführt hat und belegt, dass seine Beteiligung am Gesamtschaden unter 5 Prozent liegt, soll dieses nicht gegenüber den Geschädigten haften.

Es wird erwartet, dass die Trilog-Verhandlungen noch vor dem Ende der Legislaturperiode des Europaparlaments abgeschlossen sein könnten. Nach dem derzeitigen Zeitplan soll bis Ende Februar eine Einigung im Trilog erzielt werden und die endgültige Fassung der Richtlinie im April vom Plenum des Europaparlaments und vom EU-Rat angenommen werden – ein straffer Zeitplan, der jedoch aufgrund der weitestgehend übereinstimmenden Auffassungen von Rat und EP durchaus realistisch erscheint.

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