adidas gibt Verkaufsverbot für Online-Marktplätze auf

Das Bundeskartellamt hat sein Verfahren gegen adidas eingestellt, nachdem das Unternehmen seine Internet-Vertriebsbedingungen kartellrechtskonform ausgestaltet hat. DER MITTELSTANDSVERBUND kritisiert die starke Preis-Fokussierung des Amtes.

Berlin/Köln, 03.07.2014 — adidas hatte Mitte 2012 öffentlich angekündigt, ab 2013 den Verkauf seiner Produkte über Online-Plattformen wie Amazon und eBay europaweit zu verbieten. Ziel sollte sein, Online-Verkäufe nur noch über eigene Websites oder aber solche Internet-Seiten zuzulassen, die von Unternehmen betrieben werden, die im Rahmen des von adidas vorgegebenen Vertriebssystems genehmigt sind.

Die Antwort des deutschen Bundeskartellamtes (BKartA) ließ nicht lange auf sich warten. Da die Zulässigkeit derartiger Vertriebsbeschränkungen sowohl nach deutschem als auch nach europäischem Kartellrecht höchst umstritten ist und von vielen Einzelfaktoren abhängt, hatte das BKartA ein Verfahren eingeleitet.

adidas betreibt - wie viele andere Markenartikler - ein selektives Vertriebssystem, in dem adidas-Produkte nur über autorisierte Händler an Endkunden verkauft werden dürfen. Die im Jahr 2012 eingeführten e-Commerce Bedingungen enthielten u.a. ein weitreichendes Verkaufsverbot über die großen Online-Marktplätze eBay und Amazon Marketplace, aber auch andere Plattformen wie Rakuten.de, Yatego.de, Hitmeister.de und meinPaket.de.

Andreas Mundt, Präsident des BKartA, zum Verfahren gegen den Sportartikelhersteller: „Die Möglichkeiten des Internets stellen Hersteller wie Händler vor neue Herausforderungen. Unsere Aufgabe ist es, in diesem dynamischen Umfeld Märkte und Chancen zugunsten von Händlern und Verbrauchern offenzuhalten. Selbstverständlich dürfen Hersteller bei der Auswahl ihrer Händler bestimmte Qualitätsanforderungen stellen. Nach europäischem wie deutschem Kartellrecht ist es aber nicht erlaubt, wesentliche Vertriebskanäle wie den Online-Handel weitgehend auszuschalten. Unser Verfahren gegen adidas sowie auch das noch nicht abgeschlossene Verfahren gegen ASICS sind Pilotverfahren, da derzeit viele Markenhersteller vergleichbare Maßnahmen erwägen. Wir begrüßen, dass adidas seinen autorisierten Einzelhändlern jetzt ermöglicht, nicht nur einen eigenen Online-Shop, sondern auch Shops auf Online-Marktplätzen zu betreiben. Dies ist gerade für kleine und mittlere Sportfachhändler auch in Anbetracht rückläufiger Kundenfrequenzen eine wichtige Möglichkeit, ihren Kundenkreis zu erweitern. Auch die Verbraucher profitieren hiervon ganz unmittelbar."

Nach umfangreichen Ermittlungen bei den deutschen Händlern und den Sportartikelherstellern wurde adidas im Laufe des Verfahrens informell mitgeteilt, dass schwerwiegende wettbewerbsrechtliche Bedenken im Hinblick auf das Verkaufsverbot über Online-Marktplätze und Beschränkungen der Suchmaschinenwerbung für autorisierte Händler bestehen. Daraufhin hat adidas eine Neufassung der e-Commerce Bedingungen vorgelegt, in der das Verkaufsverbot über Online-Marktplätze komplett entfallen ist. Es wurde außerdem klargestellt, dass es allen autorisierten Händlern freisteht, adidas Markenbegriffe als Suchwort bei der Suchmaschinenwerbung wie z.B. Google AdWords zu verwenden.

DER MITTELSTANDSVERBUND kritisiert, dass sich das BKartA im adidas-Verfahren - wie auch in Parallelverfahren - allem Eindruck nach ausschließlich auf den Preis als wesentliches Entscheidungskriterium beschränkt, während Faktoren wie Beratung, personelle Qualifikation, Einkaufserlebnis und andere im stationären Handel wesentliche Punkte schlicht keine (ausreichende) Berücksichtigung in der Beurteilung finden. Mit dieser Herangehensweise benachteiligt das BKartA den stationären Fachhandel, der darunter leidet, dass sich Kunden dort zwar beraten lassen, am Ende aber doch zum häufig günstigeren Preis im Internet einkaufen.

Die spannende Frage, die sich vor dem Hintergrund der jetzigen Entscheidungspraxis des BKartA sowie insbesondere der Aussage von BKartA-Präsident Mundt, Anbieter dürften selbstverständlich Qualitätsanforderungen an die Händler stellen, lautet daher: Wie kann und darf der Anbieter im ureigenen Interesse die Zusammenarbeit mit dem stationären Fachhandel überhaupt noch ausgestalten, ohne kartellrechtliche Bedenken auf sich zu ziehen? Und weiter: Welche Rolle spielt dabei noch der Rechtsgrundsatz der Vertragsfreiheit, mithin der Freiheit, als Unternehmer selbst darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen er Verträge abschießt?

Dabei gilt es auch das an dieser Stelle aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES vernachlässigte europäische Kartellrecht zu bemühen. Hier ist nämlich in den Leitlinien zur Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen in Rdn. 52 d) ausdrücklich geregelt, dass der Anbieter mit dem Abnehmer eine feste Gebühr vereinbaren darf (d.h. keine variable Gebühr, die mit erzieltem Offline-Umsatz steigen würde, da dies indirekt zu einem Doppelpreissystem führen würde), um dessen Offline- oder Online-Verkaufsanstrengungen zu unterstützen. Dies aber zeigt doch gerade, dass die EU-Kommission eine für beide Seiten nachhaltige Zusammenarbeit mit dem stationären Handel nicht nur für zulässig, sondern unter Umständen gar für erforderlich hält.


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