Deutsche Unternehmen investieren zu wenig

Bundeswirtschaftsminister Gabriel fordert Endmystifizierung der Energiepolitik und wirbt für Mobilisierung von privatem Kapital für Investitionen.

Berlin, 10.11.2014 — Bei einer Fachtagung des Gemeinschaftsausschusses der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft, dem auch DER MITTELSTANDSVERBUND angehört, wurden wissenschaftliche Analysen erläutert und Wege aus der Investitionsschwäche in Deutschland erörtert.

Prof. Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institute, sieht insbesondere aufgrund der erheblichen Finanzentlastungen der öffentlichen Hand durch die Niedrigzinspolitik der EZB diese in der Pflicht, Investitionen auszuweiten, insbesondere im Bereich der Infrastruktur. Da wegen der Demographie das Produktivitätswachstum um drei Prozent zurückgehe, müssten insbesondere konsumtive Ausgaben wie Betreuungsgeld und Ehegattensplitting auf den Prüfstand.

Auch Prof. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, analysierte deutliche Investitionsschwächen in den letzten zehn Jahren. Die von der Politik angestrebten drei Prozent Investitionsquote zum Bruttoinlandsprodukt sei wünschenswert, Deutschland im Gegensatz zu anderen OECD-Ländern aber zunehmend davon entfernt. Zur Anregung weiterer Investitionen sprach sich Fratzscher für eine Reformierung der Afa-Tabellen aus sowie einer Wiedereinführung der degressiven Abschreibungen.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zeigte sich besorgt über den Umstand, dass trotz der "rekordverdächtigen Kapitalkraft" der Unternehmen in Deutschland von durchschnittlich 2,8 Mio. Euro die Investitionsneigung gering sei. Der Bund habe dem Koalitionsvertrag gemäß erhebliche Investitionsanstrengungen vorgenommen, so beispielsweise 6 Mrd. Euro mehr für Bildung, 3 Mrd. Euro für Forschung und 10 Mrd. Euro für die Entlastung der Kommunen. Für ihn seien die aktuell größten Herausforderungen der Wirtschaftspolitik die Überwindung der Investitionsschwäche der Wirtschaft und die Stabilisierung bzw. Senkung der Energiepreise.

Zugleich forderte Gabriel eine Entmythifizierung der Energiepolitik. Eine Formel wie "je intensiver die Windenergie genutzt werde, umso schneller der Vollzug der Energiewende" sei unsinnig. Die Stilllegung deutscher Kohlekraftwerke führe zur Abwanderung der Kohleverstromung ins Ausland. Gabriel wörtlich: "Damit sparen wir kein Gramm CO 2". Um ein gutes Investitionsklima zu schaffen, müssten zukünftige Entwicklungen kalkulierbar sein.

In der Energieeffizienz sieht Gabriel den größten Hebel für Investitionen. Weiter auf der Agenda bleibe jedoch auch der Bürokratieabbau. Sein Ministerium habe gerade 25 Vorschläge dazu erarbeitet. Auch mit der Fachkräftesicherung setzte sich der Minister auseinander. Maßgeblich hierbei sei u.a. die Gleichwertigkeit der beruflichen und akademischen Bildung.

Seite drucken

Zurück zur Übersicht