Insolvenzanfechtung: Kabinett beschließt Gesetzesentwurf

Das Kabinett hat den Entwurf des Bundesjustizministeriums zur Änderung der Insolvenzanfechtung am 29. September beschlossen. Der Gesetzesentwurf greift die wesentlichen Forderungen des MITTELSTANDSVERBUNDES auf. Dr. Marc Zgaga, Rechtsexperte des Verbandes, erklärt im Interview, welche Änderungen durch die Reform zu erwarten sind.

SynergienNews: Herr Dr. Zgaga, DER MITTELSTANDSVERBUND beklagt die Insolvenzanfechtungspraxis seit Jahren. Wo ist das Problem?

Dr. Marc ZMITTELSTANDSVERBUND-Rechtsexperte Dr. Marc Zgaga im Gesprächgaga: Das Problem der Insolvenzanfechtung, insbesondere der Vorsatzanfechtung besteht für den betroffenen Mittelstand primär in der fehlenden Rechts-und Planungssicherheit. Diese fehlende Rechts- und Planungssicherheit wird im Wesentlichen durch zwei Dinge verursacht. Zum einen durch eine sehr extensive Auslegung der Vorschriften zur Vorsatzanfechtung durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Zum anderen durch eine genau darauf abstellende und ausnutzende Praxis der Insolvenzverwalter.

Mit dem Instrument der Vorsatzanfechtung hat der Insolvenzverwalter ein besonders scharfes Schwert zur Hand, welches ihn berechtigt, Rechtshandlungen anzufechten, die der Schuldner mit sogenannten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vornimmt, bei dem der Gläubiger Kenntnis von diesem Vorsatz des Schuldners hatte. So kann der Verwalter zehn Jahre rückwirkend Zahlungen anfechten und zur Masse zurückverlangen. Problematisch ist nun, dass die Kenntnis des Gläubigers beim Vorliegen bestimmter Indikatoren vermutet wird. Zum Beispiel beim Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen, Stundungsvereinbarungen oder Valutierungen.

"Alle wesentlich von uns geäußerten Kritikpunkte finden im verabschiedeten Gesetzentwurf Berücksichtigung."Dr. Marc Zgaga

Das führt wiederum dazu, dass diese im Wirtschaftsleben üblichen und wesensnotwendigen Praktiken de facto den Generalverdacht der Rechtswidrigkeit und damit auch dem Generalverdacht einer späteren Insolvenzanfechtung unterliegen. Für Genossenschaften und sonstige Verbundgruppen mit förderwirtschaftlichen Auftrag ist diese Rechtsfolge besonders unverständlich, denn diese Kooperationen sind ja qua Gesetz bzw. qua Satzung dazu verpflichtet, ihre Mitglieder zu unterstützen.

SN: Was hat DER MITTELSTANDSVERBUND unternommen, um die Situation zu ändern?

Dr. Zgaga: DER MITTELSTANDSVERBUND setzt sich nun schon seit fast drei Jahren für eine Änderung der Regelung zur Vorsatzanfechtung ein. Unser Hauptaugenmerk liegt darauf, diese im Wirtschaftsleben üblichen und wesensnotwendigen Zahlungserleichterungen aus der Schusslinie der Vorsatzanfechtung zu nehmen. Darüber hinaus setzt sich DER MITTELSTANDSVERBUND dafür ein, die Anfechtungsfrist, die heute mit zehn Jahren sehr lange bemessen ist, deutlich zu reduzieren.

So haben wir mit dieser Argumentation das Thema in den Koalitionsvertrag der Bundesregierung verankern können. Das war Ende 2013. Leider bedurfte es dann noch fast weiterer 1,5 Jahre intensiver Lobbyarbeit, bis im März dieses Jahres das Bundesjustizministerium endlich einen entsprechenden Referentenentwurf vorgelegt hat.

SN: Sind Sie zufrieden mit dem heutigen Kabinettsbeschluss?

Dr. Zgaga: Wir sind grundsätzlich sehr zufrieden mit dem heutigen Kabinettsbeschluss und dem damit verabschiedeten Gesetzesentwurf, denn alle wesentlich von uns geäußerten Kritikpunkte finden hier Berücksichtigung. Künftig können damit im Wirtschaftsleben übliche Zahlungserleichterungen nicht mehr ohne weiteres zum Anlass einer Vorsatzanfechtung genommen werden. Hier ist es uns gelungen, eine Regelung im Gesetz zu verankern, wonach künftig eine gesetzliche Vermutung dafür streitet, dass gerade keine Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz auf Seiten des Gläubigers vorgelegt wird. Dieses Ergebnis ist sehr zu begrüßen. Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft die Anfechtungsfrist. Diese soll künftig von im Moment zehn Jahren auf vier Jahre deutlich verkürzt werden.

SN: Wie geht es jetzt weiter?

Dr. Zgaga: Der Gesetzentwurf wird nun dem Bundesrat und zusammen mit der Stellungnahme des Bundesrates dem Bundestag zugeleitet. Dort wird der Gesetzentwurf dann, unter Beteiligung der entsprechenden Ausschüsse, insbesondere des Rechtsausschusses, hoffentlich nach drei Lesungen beschlossen, sodass er dann möglichst bald in Kraft treten kann. Bis dahin wird sich DER MITTELSTANDSVERBUND weiterhin sehr sorgfältig mit diesem Thema auseinandersetzen und den Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens beobachten.

SN: Vielen Dank für das Gespräch!

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