14. Hauptgutachten der Monopolkommission: Wettbewerb 2022

Im Rahmen ihres zweijährigen Turnus stellte die Monopolkommission jüngst ihr Hauptgutachten „Wettbewerb 2022“ vor. Das Beratungsgremium der Bundesregierung geht dabei auf die aktuellen Marktentwicklungen vor dem Hintergrund der Pandemie, des Ukraine-Krieges aber auch der Veränderungen in der Regulatorik von Unternehmen ein. Als erster von drei aufeinander folgenden Artikeln befasst sich der vorliegende Beitrag mit der Analyse des Gesamtmarktes in Deutschland, wie sie die Monopolkommission vorgestellt hat.

Brüssel, 06.09.2022 – Nach zwei Jahren Warten ist es wieder soweit: die Monopolkommission stellte jüngst ihr Hauptgutachten vor. Die Monopolkommission ist das federführende Beratungsgremium, wenn es um Fragen der Wettbewerbspolitik geht und erstellt alle zwei Jahre das Hauptgutachten mit den aktuellen Feststellungen zur Marktentwicklung in Deutschland. Gleichzeitig gibt die Monopolkommission Empfehlungen an die Bundesregierung ab, ob und wie der Gesetzgeber auf aktuelle Entwicklungen im Wettbewerb reagieren sollte. Gerade letzter Punkt ist nicht unbedeutend, soll doch noch dieses Jahr eine weitere Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf den Weg gebracht werden.

Der Vorsitzende der Monopolkommission Prof. Dr. Jürgen Kühling, LL.M. kommentierte die Übergabe des Hauptgutachtens an Bundeswirtschaftsminister Habeck mit den Worten: „Die Wettbewerbsordnung in Deutschland ist ein wichtiger Pfeiler für die Bewältigung der anstehenden Transformationsprozesse. Gleichzeitig sorgt sie dafür, dass Marktmacht, die sich im Zuge der Digitalisierung und der Konzentrationszunahme in einzelnen Sektoren ergibt, begrenzt wird.“

Neben einer umfassenden Analyse des deutsches Marktes geht die Monopolkommission auf folgende Punkte vertiefend in ihrem Hauptgutachten ein und schlägt Folgendes vor:

  • Nachhaltigkeitsziele, die mit Kooperationen und Unternehmenszusammenschlüssen verfolgt werden, bei der kartellrechtlichen Prüfung zu berücksichtigen, sofern damit Vorteile für die Verbraucherinnen und Verbraucher verbunden sind,
  • die im europäischen Digital Markets Act vorgesehene Regulierung der sogenannten Gatekeeper auf digitalen Märkten, um nationale Vorschriften zur Erleichterung von Unterlassungs- und Schadensersatzklagen zu ergänzen,
  • auf die zunehmende Unternehmenskonzentration in den regulierten Sektoren und die steigenden Markups bei Großunternehmen mit einer Stärkung der Wettbewerbskräfte in den betroffenen Sektoren zu reagieren.

Viele der in dem Hauptgutachten angesprochenen Punkte sind auch für Verbundgruppen von hoher Relevanz. DER MITTELSTANDSVERBUND nimmt dies zum Anlass, in einer dreiteiligen Serie vertiefend auf einzelne Aspekte des Gutachtens einzugehen. 

Der vorliegende Beitrag soll – gleichsam als Auftakt – einen Überblick über die aktuelle Marktsituation geben.

Die Grundlagen

In ihrer wettbewerbspolitischen Betrachtung bestimmt die Monopolkommission die aggregierte Unternehmenskonzentration auf Grundlage der 100 größten Unternehmen in Deutschland. Angefangen mit der Volkswagen AG auf Platz 1 liest sich die Liste der 100 Top-Unternehmen wie das Who-is-Who der deutschen Wirtschaft: Die Deutsche Telekom AG (Platz 4) und die Vodafone-Gruppe Deutschland (Platz 40) sind darunter genauso zu finden wie die Schwarz-Gruppe (Platz 18), die Otto Group (Platz 50), die Deutsche Bank AG (Platz 20), die DZ Bank AG (Platz 47) oder Siemens (Platz 3). Auch einige Verbundgruppen befinden sich dabei in dieser durchaus exklusiven Liste. Amazon bzw. die Amazon-Gruppe Deutschland (Platz 59) und Zalando (Platz 89) sind zwar auch Mitglieder dieser Liste, bestimmen jedoch eher das Mittelfeld bzw. deren Schlusslichter. Dies ist insbesondere an der Betrachtung im Hauptgutachten, welches auf die größten Handelsunternehmen nach inländischem Umsatz in Deutschland abzielt.

Stabilität im Markt

Insgesamt sind die Top-100 seit einigen Jahren verfestigt und wenige neue Unternehmen traten aus dem Kreis aus bzw. kamen neu hinzu. Auch die Gesamtzahl an Zusammenschlüssen unter Beteiligung von Unternehmen aus dem Kreis der „100 Größten“ ist gegenüber dem vergangenen Berichtszeitraum stark zurückgegangen. Mit 159 Fällen im aktuellen Berichtszeitraum sank die Anzahl der Fälle um mehr als 45 Prozent, so die Monopolkommission. Diese Entwicklung blieb allerdings nicht auf die „100 Größten“ beschränkt. Auch die Anzahl an Zusammenschlussfällen ohne Beteiligung eines Unternehmens aus dem Kreis der „100 Größten“ ist gegenüber dem vergangenen Berichtszeitraum zurückgegangen.

Der gesamtwirtschaftliche Trend der Unternehmenskonzentration nach Wirtschaftsbereichen in Deutschland verläuft daher nach Ansicht der Monopolkommission weiterhin flach und bleibt auf einem niedrigen Niveau.

Auch die Themen „sektorübergreifende Unternehmenskonzentration“ und damit verbunden das Thema „Preisaufschläge“ verliefen aktuell moderat, vergleicht man den Trend in anderen Volkswirtschaften, allen voran den USA. Da der Berichtszeitraum die jüngsten Entwicklungen seit Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine nicht voll abbilden kann, ist diese Betrachtung hingegen mit Vorsicht zu genießen. Hohe Preisaufschläge seien vor allem in den Bereichen Mineralölverarbeitung und Kokereien zu verzeichnen.

Fazit

Die Einschätzung der Monopolkommission steht im starken Kontrast zu dem, was die Verbundgruppen derzeit aus dem Markt berichten: Lieferkettenschwierigkeiten, Stau in der Logistik, steigende Preise insbesondere bei der Energie – dies alles taucht in der Marktanalyse wenn überhaupt als Nebenschauplatz auf, der keine wesentlichen Unterschiede in der absoluten Betrachtung zu machen scheint.

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Hauptgutachten der Monopolkommission die aktuellen Entwicklungen nur eingeschränkt berücksichtigen kann. Denn: Zielsetzung des Hauptgutachtens ist nicht eine umfassende Analyse der aktuellen Geschehnisse auf den gegebenen Märkten, vielmehr konzentrieren sich die Wettbewerbshüter auf wettbewerbsrechtliche Aspekte: Wie wirken sich die Entwicklungen auf den Markt mit Blick auf Unternehmenskonzentration aus? Werden eventuelle Konzentrationen und damit verbunden: eine gesteigerte Marktmacht ausgenutzt, um höhere Verbraucherpreise zu generieren, die mit keinen erhöhten Produktions- oder Beschaffungskosten im Zusammenhang stehen?

Nimmt man diese Perspektive als Ausgangspunkt, so kann man in der Tat zu dem Schluss kommen, dass der deutsche Markt – zumindest mit Blick auf die deutschen Top-100 Unternehmen stabil bleibt. Dennoch: Die nächsten Monate werden zeigen, ob diese Einschätzung tatsächlich auch halten wird.

In der kommenden Ausgabe: Neue Regulierung für digitale Gatekeeper in Sicht?

In der nächsten Ausgabe der SynnergienNews widmen wir uns dann dem Themenkomplex der Digitalwirtschaft. Die Europäischen Gesetzgeber haben jüngst neue Regulierungen für große „Gatekeeper“ auf den Weg gebracht. Was davon muss Deutschland umsetzen und wie sollten die Anpassungen im deutschen Wettbewerbsrecht erfolgen? Auch hierzu haben sich die Mitglieder der Monopolkommission Gedanken gemacht – Näheres dann in Kürze an dieser Stelle. 

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