Insolvenzrecht: MITTELSTANDSVERBUND diskutiert mit Prof. Hirte

Auf Einladung von Prof. Dr. Hirte, Berichterstatter im Rechtsausschuss für das Insolvenzrecht, trafen sich am 17. Dezember Abgeordnete und Spitzenverbände zu einer fraktionsinternen Diskussionsrunde im Bundestag. DER MITTELSTANDSVERBUND nutze die Gelegenheit, um noch einmal die Forderungen des Mittelstandes zu adressieren.

Berlin, 17.12.2015 — Ende September stimmte die Bundesregierung dem Gesetzentwurf zur Reform des Insolvenzanfechtungsrechts zu. Hierfür hatte sich DER MITTELSTANDSVERBUND seit Langem intensiv eingesetzt. Die Bundesregierung begründet den Entwurf des Gesetzes, der jetzt zur weiteren Beratung beim Bundestag eingegangen ist, damit, dass Rechtsunsicherheiten sowie unangebrachte Härten beim bestehenden Recht für Insolvenzanfechtungen beseitigt werden müssen. DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt die Entscheidung, denn das geltende Insolvenzanfechtungsrecht - namentlich die Praxis der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO - führt gerade für kleine und mittlere Unternehmen zu unkalkulierbaren und teilweise existenzbedrohenden Risiken im Geschäftsverkehr.

NProf. Dr. Heribert Hirte, MdBoch vor der ersten Lesung des Gesetzes im Bundestag, die für Januar 2016 geplant ist und vor der für Februar 2016 anberaumten Anhörung, adressierte DER MITTELSTANDSVERBUND jetzt noch einmal seine Forderungen. Gelegenheit dazu hatte der Verband im Rahmen einer von dem zuständigen Berichterstatter im Rechtsausschuss, Prof. Dr. Heribert Hirte, organisierten fraktionsinternen Diskussionsrunde am 17. Dezember im Bundestag mit verschiedenen Abgeordneten, Mit-Berichterstattern der mitberatenden Ausschüsse sowie anderen Spitzenverbänden.

MITTELSTANDSVERBUND begrüßt Klarstellung bei Zahlungserleichterung

In seinem Petitum zum Gesetzentwurf begrüßte der Spitzenverband des kooperierenden Mittelstandes besonders die Klarstellung bei Zahlungserleichterungen. Der Vorschlag für eine Neuregelung des § 133 Abs. 3 S. 2 InsO-E, namentlich die Klarstellung, dass bei Zahlungsvereinbarungen mit dem Schuldner oder der Gewährung von sonstigen Zahlungserleichterungen durch den Gläubiger künftig gesetzlich vermutet wird, dass der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gerade nicht kannte, stellt aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES das Kernstück der Reform dar.

Gerade für Verbundgruppen führt die geltende Rechtslage häufig dazu, dass sie ihrem förderwirtschaftlichen Auftrag nicht nachkommen können. Durch diese seit langem eingeforderte Klar- und Richtigstellung, vor allem bei der Einführung einer gesetzlichen Vermutungsregel zugunsten des Gläubigers für den in der gesamten Wirtschaft so wichtigen Bereich der Zahlungserleichterungen, wird die Rechtssicherheit für mittelständische Unternehmen erhöht.

Gleichzeitig werden die wirtschaftlichen Risiken begrenzt und der Erhalt von wirtschaftlich instabilen Unternehmen erleichtert, in dem auf diese Weise mehr Spielraum für Restrukturierungen und den Erhalt bestehender Unternehmen und Arbeitsplätze geschaffen wird.

Satz 2 stellt sicher, dass nachvollziehbares, geschäftsübliches und wirtschaftlich sinnvolles Gläubigerverhalten im Zuge einer drohenden Insolvenz nicht durch eine spätere Anfechtung des Insolvenzverwalters sanktioniert wird. Ein branchenüblicher Zahlungsaufschub, eine Valutierung, würde damit künftig ebenso wenig die Kenntnis des anderen Teils vom Vorsatz des Schuldners begründen können, wie die Vereinbarung einer Ratenzahlung oder Stundung. Künftig könnten damit im Wirtschaftsleben übliche Zahlungserleichterungen nicht mehr ohne weiteres zum Anlass einer Vorsatzanfechtung genommen werden. Dieses Ergebnis wäre sehr zu begrüßen.

Vermutungsregelung findet wenig Zuspruch

Während die Meinung des MITTELSTANDSVERBUNDES hierzu überwiegend Zustimmung fand, wurde die klare gesetzliche Vermutungsregelung auch von einigen Verbänden als zu weitgehend kritisiert. Diese sprachen sich für eine Regelung nach dem Vorbild des ministerialen Referentenentwurfes aus.

Dieser hatte formuliert: "Die Kenntnis des anderen Teils vom Vorsatz des Schuldners kann nicht allein daraus abgeleitet werden, dass (…) der Schuldner beim anderen Teil im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs um eine Zahlungserleichterung nachgesucht hat."

MITTELSTANDSVERBUND sieht Nachbesserungsbedarf im Bargeschäft

Deutscher Bundestag, BerlinEin weiteres Thema im Rahmen der Diskussion betraf das Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO. Aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES wäre es aufgrund des wirtschaftlichen Bedarfs und dem Streben nach Rechts- und Planungssicherheit angezeigt, das Bargeschäft gegenüber sämtlichen Anfechtungen zu privilegieren – und nicht nur gegenüber Anfechtungen nach §§ 130, 131 InsO, wie dies schon heute der Fall ist. 

Dadurch würde zum Ausdruck gebracht, dass von der nach wie vor verbleibenden Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO zukünftig nur noch diejenigen Fälle betroffen sein sollen, in denen es einem Schuldner nicht auf die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten, sondern vielmehr auf die Vereitelung der Ansprüche anderer Gläubiger oder die Bevorzugung einzelner Gläubiger ankommt. Dies entspricht den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Beteiligten sowie dem Grundgedanken des Gesetzgebers, mit der Insolvenzordnung den Fortbestand der Unternehmen zu fördern. Erfreulicherweise wurde diese Meinung von zahlreichen weiteren Verbänden geteilt und auch der Berichterstatter Prof. Hirte sah darin eine pragmatische und gerechte Lösung.

"Eine Konkretisierung des Unmittelbarkeitserfordernisses auf alle Formen des unmittelbaren Leistungsaustausches, gerade für Warenlieferungen gegen Bezahlung, auszudehnen und nicht nur auf den Bereich von Arbeitsentgeltzahlungen zu beschränken, ist unabdingbar", forderte Dr. Marc Zgaga, Rechtsexperte des Spitzenverbandes. "Nur so ist eine gerade für den Mittelstand existenznotwendige Rechts- und Planungssicherheit zu gewährleisten", so Zgaga. DER MITTELSTANDSVERBUND wird das weitere Gesetzgebungsverfahren intensiv und eng begleiten.

Weitere Informationen:

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Download: Gesetzesentwurf zur Änderung der Insolvenzanfechtung (PDF-Dokument)
Statement des Bundesjustizministers Heiko Maas zur Änderung der Insolvenzanfechtung
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