Kabinett beschließt Musterfeststellungsklage

Die Bundesregierung hat am 09. Mai 2018 den vom Justizministerium vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Musterfeststellungsklage beschlossen. Das Gesetz soll bereits zum 01. November 2018 in Kraft treten. DER MITTELSTANDSVERBUND sieht das Vorhaben mit Sorge.

Berlin, 09.05.2018 – Die Bundesregierung hat heute den von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Katarina Barley vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage beschlossen.

Die Bundesregierung hat am 09. Mai 2018 den vom Justizministerium vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Musterfeststellungsklage beschlossen. Nun sollen Bundesrat und Bundestag zügig über den Gesetzentwurf beraten. Denn: das Gesetz, das schon zum 01. November 2018 in Kraft treten soll, soll die Durchsetzung von Verbraucherrechten stärken.

Ministerin Katarina Barley führt zum Kabinettsbeschluss aus:

„Ich freue mich, dass wir die Musterfeststellungsklage heute auf den Weg bringen konnten. Insbesondere wenn die möglichen Klagekosten höher sind als der eingeklagte Betrag, überlegen es sich Verbraucherinnen und Verbraucher zwei Mal, ob sie ihr gutes Recht einfordern. Das geht vielen gegen den Gerechtigkeitssinn. Mit dieser "Eine-für-Alle-Klage" schaffen wir eine Möglichkeit für Verbraucherinnen und Verbraucher, kostengünstig und unbürokratisch zu ihrem Recht zu kommen. Verbraucherinnen und Verbraucher brauchen nicht selbst zu klagen, sondern können dies einem Verband überlassen, der dann für sie vor Gericht zieht. Mit der Musterfeststellungsklage werden Verbraucherrechte effektiv gestärkt."

Wer kann klagen?

Mit der Einführung der Musterfeststellungsklage sollen anerkannte und besonders qualifizierte Verbraucherverbände gegenüber einem Unternehmen zentrale Haftungsvoraussetzungen für alle vergleichbar betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher in einem einzigen Gerichtsverfahren verbindlich klären lassen können, ohne dass diese zunächst selbst klagen müssen. Die Verbraucherverbände müssen strenge Voraussetzungen erfüllen, damit gewährleistet ist, dass die Musterfeststellungsklage ausschließlich sachgerecht und im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher erfolgt und nicht zur gezielten Schädigung von Unternehmen missbraucht werden kann.

Wie soll das Musterfeststellungsverfahren ablaufen?

Wenn mindestens zehn Verbraucherinnen und Verbraucher von demselben Fall betroffen sind, soll die Klage von einem besonders qualifizierten Verbraucherverband erhoben werden können und sodann auf Veranlassung des Gerichts in einem Klageregister, das zum 01. November 2018 beim Bundesamt für Justiz eingerichtet werden wird, öffentlich bekannt gemacht. Hier sollen betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Ansprüche etwa gegenüber einem Unternehmen anmelden können – und zwar kostenlos und ohne Anwaltszwang.

Die Anmeldung hat für die Verbraucher und Verbraucherinnen zwei Vorteile: Zum einen wird die Verjährung der Ansprüche ab Erhebung der Klage gehemmt – zum anderen entfalten die Feststellungen des Urteils für das Unternehmen und die angemeldeten Verbraucher und Verbraucherinnen Bindungswirkung. Melden sich innerhalb von zwei Monaten mindestens 50 Verbraucher und Verbraucherinnen an, wird das Verfahren durchgeführt. Die Musterfeststellungsklage kann entweder durch ein Urteil oder durch einen Vergleich beendet werden. Auf der Grundlage eines Urteils können die angemeldeten Verbraucher und Verbraucherinnen anschließend ihre individuellen Ansprüche durchsetzen.

DER MITTELSTANDSVERBUND bezweifelt ganz grundsätzlich, ob die Einführung einer Musterfeststellungsklage überhaupt notwendig ist. Schon heute haben Verbraucher hinreichende Möglichkeiten der individuellen Rechtsverfolgung und gerichtlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche. Da aber – insbesondere durch den VW-Abgasskandal – der politische Wille besteht und im Koalitionsvertrag verankert wurde, ein Instrument des kollektiven Rechtsschutzes in Form einer Musterfeststellungsklage in das deutsche Prozessrecht zu integrieren, muss sichergestellt werden, dass damit nicht der Boden für eine umfassende Klageindustrie nach dem US-Vorbild geschaffen und Erpressungspotenziale gegenüber Unternehmen aufgebaut werden können.

Zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand hat DER MITTELSTANDSVERBUND deshalb der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucher-schutz Vorschläge unterbreitet, wie ein solches Klageinstrument für Verbraucher und Wirtschaft sinnvoll und verträglich ausgestaltet werden könnte. Demnach sollen Musterverfahren nur unter strengen Voraussetzungen zulässig sein und Verbände grundsätzlich keine Klagebefugnis erhalten.

In dem nun beschlossenen Gesetzentwurf finden die Vorschläge des MITTELSTANDSVERBUNDES allerdings nur in geringem Maße Berücksichtigung. Insbe-sondere stellt der Gesetzesentwurf für die Klagebefugnis weiter auf Verbraucherverbände ab. Dies wird vom MITTELSTANDSVERBUND kritisiert.

Zwar sollen dem Gesetzentwurf entsprechend die Verbraucherverbände strenge Voraussetzungen erfüllen, damit gewährleistet ist, dass die Musterfeststellungsklage ausschließlich sachgerecht und im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher erfolgt und nicht zur gezielten Schädigung von Unternehmen missbraucht werden kann. So sollen klagebefugt nur besonders qualifizierte Einrichtungen sein. Dazu zählen in Deutschland registrierte Verbraucherschutzvereine nach § 4 UKlaG.

Zusätzlich sollen diese qualifizierten Einrichtungen weitere strenge Voraussetzungen erfüllen, um Missbrauch auszuschließen:

  • mindestens 350 Mitglieder oder 10 Mitgliedsverbände
  • seit mindestens vier Jahren in die Liste eingetragen
  • Sicherung einer satzungsmäßigen Aufgabenwahrnehmung durch weitgehend nicht gewerbsmäßige aufklärende oder beratende Tätigkeit
  • keine Erhebung der Musterfeststellungsklage in Gewinnerzielungsabsicht
  • nicht mehr als fünf Prozent der finanziellen Mittel von Unternehmen.

DER MITTELSTANDSVERBUND bezweifelt aber, dass diese Voraussetzungen ausreichen, um eine missbräuchliche Verwendung des Instruments der Musterfeststellungsklage zu verhindern und hat daher vorgeschlagen, die Klagebefugnis einer öffentlich-rechtlichen Institution, wie etwa dem Bundesamt der Justiz, zu übertragen. So könnte gewährleistet werden, dass über eine Prüfung tatsächlich ein öffentliches Interesse an einer Musterfeststellungsklage besteht.

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