Stellungnahme zum Eckpunktepapier GenG

Die Bundesregierung plant, die Digitalisierung des Genossenschaftsrechts weiter voranzubringen. Die im Eckpunktepapier gemachten Vorschläge zur Förderung der Digitalisierung bei Genossenschaften, zur Steigerung der Attraktivität der genossenschaftlichen Rechtsform sowie für Maßnahmen gegen unseriöse Genossenschaften werden vom MITTELSTANDSVERBUND ganz ausdrücklich begrüßt. Dazu hat der Verband eine Stellungnahme eingereicht.

Berlin, 28.09.2023 – Im aktuellen Koalitionsvertrag der Ampelregierung ist vorgesehen, die rechtlichen Rahmenbedingungen für Genossenschaften zu verbessern. Das Bundesministerium der Justiz plant daher, einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform vorzulegen. In dem nun vorab veröffentlichten Eckpunktepapier sind punktuelle Änderungen des Genossenschaftsgesetzes (GenG) mit den folgenden Zielen vorgesehen:

  • Förderung der Digitalisierung bei Genossenschaften
  • Steigerung der Attraktivität der genossenschaftlichen Rechtsform
  • Maßnahmen gegen unseriöse Genossenschaften

Diese grundsätzlichen Modernisierungen der Genossenschaft werden vom MITTELSTANDSVERBUND ganz ausdrücklich begrüßt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt DER MITTELSTANDSVERBUND vollumfänglich Bezug auf die ausführliche Stellungnahme des DGRV Deutscher Genossenschafts und Raiffeisenverband e.V. vom 28.09.2023, dessen Mitglied auch der MITTELSTANDSVERBUND ist.

Ein Aspekt, den die Stellungnahme des DGRV nicht erwähnt, muss an dieser Stelle aber gesondert hervorgehoben werden. Im Eckpunktepapier wird ausgeführt:

"Genossenschaften sind häufig gemeinwohlorientiert: Zum Beispiel sorgen Wohnungsgenossenschaften für vergleichsweise günstigen Wohnraum, Kreditgenossenschaften versorgen auch ländliche Regionen mit Bankdienstleistungen vor Ort, Energiegenossenschaften leisten einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende; einzelne Genossenschaften übernehmen Verantwortung, wo der Staat sich aus finanziellen Gründen zurückzieht, und betreiben ehemals kommunale Einrichtungen wie ein Schwimmbad oder eine Stadthalle.“

Allein: Genossenschaften sind de jure nicht am Gemeinwohl orientiert. Es
handelt sich bei Genossenschaften vielmehr um private Wirtschaftsunternehmen mit dem gesetzlich festgeschriebenen Zweck der Förderung der Mitglieder ( 1 Abs. 1 GenG). Genossenschaften fördern also nicht das Gemeinwohl, sondern das Wohl ihrer eigenen Mitglieder.
Das ist ein grundsätzlicher Unterschied. Wenn Genossenschaften von der Politik, der Verwaltung oder auch von Genossenschaften selbst als am Gemeinwohl orientierte Unternehmen dargestellt werden, hört sich das zunächst positiv und sozial an, führt aber zu dem oben dargestellten Missverständnis. Denn nach aktueller Rechtslage ist die Gemeinwohlorientierung nicht mit dem geltenden Genossenschaftsgesetz zu vereinbaren. Darin geht es allein um die kooperative Förderung der Mitglieder und nicht um die Förderung der Allgemeinheit in einer wie auch immer gearteten Ausgestaltung.

Die Tätigkeit der Genossenschaft ist nicht auf die Erzielung eines möglichst
hohen Gewinns ausgerichtet. Im Vordergrund stehen die Förderung der
Mitglieder und die langfristige Existenz der Genossenschaft. Nach dem
Genossenschaftsgesetz wird dabei zwischen Wirtschaftsgenossenschaften, Kultur- und Sozialgenossenschaften unterschieden: die Wirtschaftsgenossenschaft fördert ihre Mitglieder in wirtschaftlichen Belangen, die weniger verbreiteten Sozial- oder Kulturgenossenschaft fördern ihre
Mitglieder auf andere, nicht-ökonomische Art — aber immer noch mit der Förderrichtung „Mitglied“, nicht „Allgemeinheit“.

Wenn mit der Beziehung zwischen Genossenschaften und Gemeinwohl
eine bloße Außendarstellung dergestalt vorgenommen werden soll, dass es
(auch) um die gesellschaftliche Verantwortung eines genossenschaftlichen
Unternehmens geht, ist dies selbstverständlich nachvollziehbar, gehört aber eher in die Kategorie Marketing. In keinem Fall darf es um die Abschaffung
des mitgliederbezogenen Förderauftrags oder die Vergesellschaftung des
Genossenschaftsvermögens gehen. Der genossenschaftliche Förderauftrag
und das Gemeinschaftseigentum der Mitglieder sind die zentralen Unterscheidungsmerkmale der Rechtsform der Genossenschaft. Sie
unterscheiden die Genossenschaft von der Kapitalgesellschaft oder jeder
Personengesellschaft.

DER MITTELSTANDSVERBUND setzt sich vor diesem Hintergrund dafür ein, bei einer Modernisierung der Rechtsform der Genossenschaft mit Blick auf die
Digitalisierung sorgfältig darauf zu achten, die Genossenschaft nicht als
gemeinwohlorientiertes Unternehmen darzustellen, sondern den gesetzlich festgeschriebenen, mitgliedschaftlichen Förderauftrag als alleinigen Zweck
der Genossenschaft zu respektieren. 

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