Achtung: Abmahngefahr bei einheitlicher Verbundgruppen-Werbung

Verbundgruppenmitglieder müssen auch in gebietsübergreifender, einheitlicher Werbung über ihre Identität und Anschrift informieren - andernfalls liegt nach derzeitiger Rechtslage eine Irreführung durch fehlende Pflichtangaben beim Firmeneindruck vor. DER MITTELSTANDSVERBUND dringt auf Änderung der Rechtslage.

Köln, 20. Dezember 2011. Verbundgruppen und Franchisesysteme, die mit einer einheitlichen Dachmarke auftreten und werben, stehen vor einer Herausforderung. Neben etwaigen Filialen in Eigenregie werden oft hunderte von Märkten unter der einheitlichen Marke der Verbundgruppe beworben, deren Inhaber selbständige Einzelkaufleute oder Gesellschaften sind. Bei gebietsübergreifender einheitlicher Werbung muss nach derzeitiger Rechtslage über die genaue Identität und Anschrift der jeweiligen Inhaber der einzelnen Filialen in der Werbung informiert werden. Das bedeutet einen erheblichen zeitlichen und finanziellen Mehraufwand für die koordinierenden Verbundgruppen.

Hintergrund sind neue Informationspflichten zum Schutz des Verbraucher, die mit der Umsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken des Europäischen Parlaments und des Rates (sog. UGP-Richtlinie 2005/29/EG) im Jahr 2008 in das deutsche UWG Eingang gefunden haben. Sie spiegeln den Kern des europäischen Lauterkeitskonzepts wider: der Verbraucher soll in die Lage versetzt werden, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Dazu sollen gewerbliche Anbieter — zum Teil auch bereits in der Werbung — bestimmte Informationen liefern.

Die in der jüngsten Vergangenheit vermehrt von Abmahnungen betroffene Regelung ist § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG — Irreführung durch Unterlassen. Sie lautet:

(3) Werden Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, gelten folgende Informationen als wesentlich im Sinne des Absatzes 2, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben.

1. […]

2. Die Identität und Anschrift des Unternehmers, gegebenenfalls die Identität und Anschrift des Unternehmers, für den er handelt;“

§ 5a Abs. 3 UWG enthält in Umsetzung von Art. 7 Abs. 4 der UGP-Richtlinie eine Reihe von Informationspflichten. Sie gelten nicht für sämtliche Angaben im geschäftlichen Verkehr, sondern nur für konkrete Angebote. Die UGP-Richtlinie spricht insoweit von einer „Aufforderung zum Kauf“. Die in der deutschen Rechtssprache mit dem Begriff „Kauf“ verbundene Beschränkung auf Kaufverträge ist vom Richtliniengeber aber nicht gewollt. Der deutsche Gesetzgeber spricht daher in § 5a Abs. 3 UWG von einem Angebot „in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise“, das den durchschnittlichen Verbraucher in die Lage versetzt, das Geschäft abzuschließen. Es soll also ausreichen, wenn die wesentlichen Vertragsbestandteile bekannt sind. Ein bindendes Angebot oder auch nur eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes sind nicht erforderlich, um die Informationspflichten auszulösen. Die Informationspflichten gelten nur bei reinen Imagewerbungen nicht.

Die Pflicht, die Identität und Anschrift des anbietenden Unternehmens anzugeben, beinhaltet nach der allgemeinen Meinung in der Literatur und Rechtsprechung (siehe unten) auch die vollständige Firmierung inklusive Rechtsformzusatz des Handelsunternehmens. Die EU-Richtlinie spricht hier vom Handelsnamen, der erwähnt werden muss.

Speziell zu § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG liegen bislang drei OLG-Entscheidungen vor (OLG München, Beschluss vom 31.03.2011, Az. 6 U 3517/10; OLG Hamm, Beschluss vom 11.08.2011, Az. 1-4 W 66/11; OLG Hamm, Beschluss vom 13.10.2011, Az. 1-4 W 84/11). In allen drei Fällen wurden die Antragsgegner wettbewerbsrechtlich zur Unterlassung verurteilt. Danach muss der Pflichtenkatalog des § 5a Abs. 3 UWG und damit auch die Identität inkl. Rechtsform und Anschrift nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG bei jeder Werbung, die Produkte und Preise nennt, berücksichtigt werden. Ein Verweis auf das Internet oder eine Hotline dergestalt, dass dort der nächstgelegenste Markt gesucht werden kann, reicht nicht aus, ebenso wenig ein Aushang in den Märkten selbst.

DER MITTELSTANDSVERBUND setzt sich politisch dafür ein, diese für Verbundgruppen und Franchisesysteme hinderliche und benachteiligende Rechtslage zu ändern. Aus unserer Sicht ist es nicht gerechtfertigt, dass großbetriebliche Filialsysteme zumindest beim Punkt „Identitätsangabe“ besser gestellt werden, als Verbundgruppen. Möglich wäre z.B. eine der Praxis gerecht werdende Auslegung des § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG. Diese Auslegung könnte so aussehen, dass ein Verweis auf das Internet dann als ausreichend angesehen wird, wenn 1.) der Verweis selbst so gestaltet ist, dass der Verbraucher davon ausgehen kann, bei Aufrufen der Internetseite ausreichende Verkäuferinformationen im Sinne von § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG zu erhalten und 2.) bei Aufruf dann tatsächlich ohne weitere Schritte die erforderlichen Angaben eingesehen werden können.

Bis zu einer Änderung der Rechtslage rät DER MITTELSTANDSVERBUND dazu, einheitliche Werbungen genauestens zu prüfen.

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an:

Dr. Marc Zgaga
m.zgaga@mittelstandsverbund.de
Tel.: 0221 / 355371-39

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