Einheitliche Verbundgruppen-Werbung: Abmahngefahr teilweise gebannt?

Verbundgruppen und Franchisesysteme sehen sich bei zentralen Marketingmaßnahmen noch immer der Gefahr ausgesetzt, wegen (angeblich) fehlender Angaben zur Anbieteridentität in Printwerbungen abgemahnt zu werden. Nun liegt erstmals auch Gerichtsurteil vor, das ausdrücklich bestätigt, dass die Aufnahme der Anschriften von hunderten teilnehmender Händler nicht erforderlich ist und stattdessen der Verweis auf Internet-Adresse und Telefonnummer die Verbraucherinteressen ausreichend wahrt.

Berlin, 30.10.2012. Verbundgruppen und Franchisesysteme sehen sich noch immer der Gefahr ausgesetzt, wegen (angeblich) fehlender Angaben zur Anbieteridentität in Printwerbungen abgemahnt zu werden, wenn zentrale Marketingmaßnahmen mit einheitlicher Dachmarke für alle angeschlossenen Unternehmen konzipiert und umgesetzt werden. Namentlich § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG verpflichtet dazu, die genaue Identität (Firmierung) und Anschrift sämtlicher Anschlusshäuser bzw. Franchisenehmer in die Printwerbung aufzunehmen. Eine immense, wenn nicht unmögliche Herausforderung.

Während zunächst nur die Werbung in Filialsystemen wettbewerbsrechtlich angegriffen wurde, wird seit Ende 2011 auch von Verbundgruppen und Franchisesystemen per Abmahnung verlangt, dass bei einer Aktionswerbung mit unverbindlichen Preisempfehlungen Identität und Anschrift aller teilnehmenden Anschlusshäuser/Franchisenehmer angegeben wird.

Vor diesem Hintergrund setzt sich DER MITTELSTANDSVERBUND dafür ein, diese Rechtslage zu ändern. Denn eine solche Pflicht würde im Ergebnis ein faktisches Werbeverbot für eine Werbeform darstellen, die seit Jahrzehnten in Verbundgruppen und Franchisesystemen nicht nur völlig etabliert, sondern bis vor kurzem auch gänzlich unbeanstandete Praxis war. Eine solche Pflicht ist darüber hinaus bei Verbundgruppen und Franchisesystemen sowohl tatsächlich als auch rechtlich unmöglich und damit nicht erfüllbar.

Gestützt wird die Auffassung des MITTELSTANDSVERBUNDES bereits durch ein Gutachten des Gutachterausschusses für Wettbewerbsfragen (LINK). Nun liegt erstmals auch ein landgerichtliches Urteil vor, das im Rahmen eines obiter dictum ausdrücklich bestätigt, dass die Aufnahme der Anschriften von hunderten teilnehmender Händler nicht erforderlich ist und stattdessen der Verweis auf Internet-Adresse und Telefonnummer die Verbraucherinteressen ausreichend wahrt (Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 30.07.2012, Az: 38 O 50/12 KfH).

Im Wortlaut heißt es in der zitierten Entscheidung:

„Die Beklagte irrt, wenn sie meint, die von der Klägerin gebilligte Praxis […] eines Händlernachweises durch Verweis auf eine Internet-Adresse und eine Telefonnummer, sei ebenfalls rechtswidrig. § 5a Abs. 3 UWG ist richtlinienkonform auszulegen. Art. 7 Abs. 3 der zugrundeliegenden UGP-Richtlinie sieht vor, dass bei der Entscheidung darüber, ob Informationen vorenthalten werden, räumliche oder zeitliche Beschränkungen des Kommunikationsmediums sowie Maßnahmen die der Gewerbetreibende getroffen hat, um den Verbrauchern die Informationen anderweitig zur Verfügung zu stellen, zu berücksichtigen sind (vgl. EUGH C-122/10 vom 12.05.2011, Rz. 54, zitiert nach Juris). Die streitgegenständlichen Zeitungsanzeigen sind — natürlich — räumlich beschränkt, so dass die Aufnahme der Anschriften von hunderten teilnehmender Händler ausscheidet und stattdessen der Verweis auf Internet-Adresse und Telefonnummer („Identität und Anschrift der Händler finden Sie unter…“) die Verbraucherinteressen ausreichend wahrt (der EUGH, a.a.O. Rz. 56, toleriert ausdrücklich den Verweis auf eine Web-Seite).“

Damit liegt erstmalig ein (zumindest) erstinstanzliches Urteil eines deutschen Gerichtes vor, wonach der Medienbruch im Bereich der Printwerbung zulässig ist. Im Rahmen dessen tolerabel soll aber nur — kumulativ - der Verweis auf Internet und Telefon sein.

Auch wenn es sich bei der Entscheidung des LG Stuttgart um einen Einzelfall handelt, kann sie als Argument für eigene Sachverhalte und Verfahren genutzt werden. Im Übrigen spiegelt die Entscheidung die Rechtsauffassung des Verbandes Sozialer Wettbewerb e.V. wider, der sich in zahlreichen Verfahren als Abmahnverein hervorgetan hat. Von diesem wurde dem MITTELSTANDSVERBUND gegenüber ausdrücklich bestätigt, dass bei Verweis auf Internet und Telefon eine unzulässige und lauterkeitsrechtliche Werbung im Sinne des § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG grundsätzlich nicht vorliege.

Bis auf weiteres ist daher betroffenen Verbundgruppen und Franchisesystemen anzuraten, ihre Printwerbungen entsprechend mit Verweis auf Internet und Telefon auszugestalten. Verbundgruppen und Franchisesysteme, die bereits abgemahnt wurden und eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben haben, können sich an den Abmahnenden wenden und um Korrektur der Unterlassungsverpflichtungserklärung bitten. Auch wenn mit dieser aktuellen Neuerung die Abmahngefahr nicht gänzlich gebannt ist — schließlich liegt noch keine höchstrichterliche Entscheidung vor und es ist noch nicht abzuschätzen, wie andere Abmahnvereine mit der Entscheidung umgehen — ist damit doch zumindest ein Schritt in Richtung Rechtssicherheit getan.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an

Dr. Marc Zgaga
Tel.:0221 / 35 53 71-39
e-mail: m.zgaga@mittelstandsverbund.de

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