Europa hat Visionen: Neue Plastikstrategie der Europäischen Kommission

Die Europäische Kommission stellt in ihrer jüngsten Strategie Ansätze zur radikalen Reduktion von Plastikmüll vor. Auch wenn konkrete Vorschläge noch auf sich warten lassen, steht fest: Auch der Handel wird von den Plänen betroffen sein.

Brüssel, 18.01.2018 – Zu viel Plastik landet bereits nach einmaligen Gebrauch auf dem Müll und wird unzureichend oder überhaupt nicht recycled oder wiederverwendet. Diese Feststellung war Grundlage der am 16. Januar 2018 vorgestellten Plastikstrategie der Europäischen Kommission.

Europa hat Visionen: Neue Plastikstrategie der Europäischen KommissionZwar werden bereits seit 2015 neue Gesetzesinitiativen auf EU-Ebene diskutiert, die zu höheren Recyclingquoten führen sollen, den EU-Gesetzgebern reicht dieser Schritt jedoch nicht aus.

Insbesondere hinsichtlich der Wiederverwertung und Wiederverwendung von Kunststoffen sieht die Europäische Kommission gesteigerten Handlungsbedarf. Aufgrund der erheblichen und teils noch nicht überschaubaren Auswirkung von Kunststoffen auf die Umwelt bedürfe es einer umfassenden Strategie für diese Art von Abfällen.

Der für nachhaltige Entwicklung zuständige Erste Vizepräsident Frans Timmermans (NL) erklärte hierzu: „Wenn wir nicht die Art und Weise ändern, wie wir Kunststoffe herstellen und verwenden, wird 2050 in unseren Ozeanen mehr Plastik schwimmen als Fische. Wir müssen verhindern, dass Kunststoffe in unser Wasser, unsere Lebensmittel und sogar unsere Körper gelangen. Die einzige langfristige Lösung besteht darin, Kunststoffabfälle zu reduzieren, indem wir sie verstärkt recyceln und wiederverwenden. Dieser Herausforderung müssen sich die Bürger, die Industrie und die Regierungen gemeinsam stellen. […]“

Neben der Erhöhung der Recycling-Quoten von Kunststoffen muss daher nach Ansicht der Europäischen Kommission bereits früher angesetzt werden. Künftige Produkte müssten daher bereits in ihrem Design auf Wiederverwertbarkeit und Recylcebarkeit hin ausgestaltet sein. EIne Zielmarke setzt sich die EU-Kommission bereits: Bis 2030 soll die Recylingquote von Kunststoffen insgesamt bei 50 Prozent liegen. Zudem soll bis dahin der Verbrauch von Einwegkunststoffen reduziert und die absichtliche Verwendung von Mikroplastik beschränkt werden.

Zur Erfüllung dieser Ziele stellt die Europäische Kommission eine Reihe von Maßnahmen in Aussicht.

  • So sollen im EU-Haushalt zusätzliche 100 Millionen Euro bereitgestellt werden, die der Finanzierung der Entwicklung intelligenterer und recyclingfähigerer Kunststoffe, effizienterer Recyclingverfahren und zur Beseitigung gefährlicher Stoffe und Kontaminanten aus recycelten Kunststoffen dienen sollen.
  • Hinsichtlich verarbeiteter Kunststoffe zur Einmal-Verwendung (Kaffeebecher, Verpackungen oder Getränkebehälter) prüft die Kommission derzeit Maßnahmen zur Besteuerung solcher Produkte.
  • Die Kommission stellt zudem neue Regeln zu Produktverpackungen in Aussicht, die insbesondere unnötig oder übermäßig große Produktverpackungen reduzieren sollen.
  • Zur Finanzierung dieser ambitionierten Ziele soll zudem die Herstellerverantwortlichkeit ausgeweitet werden.

Ein weiterer zu regelnder Punkt wird der Umgang mit Mikro-Kunststoffen sein. Diese Art des Abfalls entsteht zum einem durch eine Zerkleinerung gewöhnlichen Kunststoffabfalls, zum anderen ist dieser jedoch mit Absicht in einer Reihe von Gebrauchs- und Alltagsgegenständen enthalten (Reifen, Farben, Textilien aus Kunststoff). In einer zunehmenden Zahl von Fällen betrifft diese Art der Verwendung jedoch auch Produkte, mit denen der Mensch direkt in Kontakt gerät (Cremes, Zahnpasta). Die Europäische Kommission möchte daher im Rahmen der Forschung, Überwachung und Zulassung von Produkten und deren Inhaltsstoffe einen Schwerpunkt auf die Art der Verwendung von Mikro-Kunststoffen legen. Diese Arbeit könnte vor allem zu einer Erweiterung der durch die EU-Chemikalienverordnung (REACH) zugelassenen Stoffe führen.

Einschätzung

Ein entscheidender Punkt bei der Lösung des Problems wird sein, wie Kunststoffe zukünftig in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden sollen. Denn klar ist, dass heutige Modelle – vor allem vor dem Hintergrund sinkender Nachfragen von EU-Kunststoff-Abfall auf dem Weltmarkt – auslaufen werden. Die Schaffung einer wirklichen Nachfrage dieser Art von Wertstoffen im EU-Binnenmarkt scheint somit der gordische Knoten zu sein, den die Kommission lösen muss.

Zudem bleibt ungeklärt, wie die Sammelquoten – als Grundvoraussetzung eines funktionierenden Recyclingsystems – weiter erhöht werden können.

Nötig wird daher ein umfassender Ansatz unter Beteiligung aller Partner aus der Wertschöpfungskette sein, um ein tragfähiges und zukunftsfähiges Modell zu schaffen. Hierbei sollte die Kommission frühzeitig auch über die wettbewerbsrechtlichen Faktoren eines solchen gemeinsamen Vorgehens nachdenken und entsprechende Öffnungen des Regelwerks schaffen.

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