Umsatzsteuer: EU plant Erleichterungen für KMU

Die Europäische Kommission hat jüngst ihre Vorschläge zur Erleichterungen für KMU im Bereich der Umsatzsteuer vorgestellt. Gleichzeitig sollen die Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der Festlegung der Mehrwertsteuersätze erhalten. Wirkliche Entlastungen für den Mittelstand sind jedoch nur bedingt zu erwarten.

Brüssel, 02.02.2018 – Das EU-System der Umsatzsteuer ist ein langjähriges Provisorium. Das bestehende Mehrwertsteuersystem stammt noch aus dem Jahr 1993 und war ursprünglich als Übergangsregelung gedacht. Es ist fragmentiert, zu kompliziert für die wachsende Zahl von Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind, und anfällig für Betrug.

Umsatzsteuer: EU plant Erleichterungen für KMU Zudem sorgt eine unterschiedliche Behandlung inländischer und grenzüberschreitender Umsätze für zusätzliche Verwirrung aufseiten der Unternehmer.

Erleichterte Ausnahmen für KMU

Nach Ansicht der EU-Kommission sind vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von diesen uneinheitlichen und unübersichtlichen Regeln der einzelnen Mitgliedstaaten besonders hart betroffen, dies insbesondere bei grenzüberschreitenden Geschäften.

Aus diesem Grund legte die Kommission am 18. Januar 2018 einen Richtlinienvorschlag über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Bezug auf die Sonderregelung für Kleinunternehmen vor. Mit diesem Vorschlag soll der bestehende Rechtsrahmen überarbeitet werden. Der Vorschlag sieht vor, vereinfachte Mehrwertsteuervorschriften für KMU mehr Unternehmen zugänglich zu machen. Die Kommission verspricht sich hiervon eine Reduzierung der Befolgungskosten für KMU von 18 Prozent jährlich.

Konkret schlägt die Kommission einen EU-weiten Umsatzschwellenwert von zwei Millionen Euro vor, ab welchem für Kleinunternehmen Vereinfachungsmaßnahmen – sprich vereinfachte Registrierung, vereinfachte Mehrwertsteueraufzeichnungen, weniger häufige Mehrwertsteuererklärungen, Vereinfachungsmaßnahmen in Bezug auf die Zahlung von Mehrwertsteuer – anwendbar sind.

Darüber hinaus sollen die derzeitigen nationalen Schwellenwerte für eine vollständige Mehrwertsteuerbefreiung bei rein nationalen Aktivitäten bestehen bleiben. Kleinunternehmen, welche sich für diese qualifizieren, sollen von ihren Pflichten im Hinblick auf Registrierung, Rechnungstellung, Aufzeichnung und Mitteilung befreit werden. In Deutschland besteht bereits heute die Möglichkeit für KMU, eine Behandlung nach der sogenannten Kleinstunternehmens-regelung zu beantragen.

Die Kleinunternehmerregelung gewährt dem Unternehmer unter bestimmten Voraussetzungen ein Wahlrecht, die Umsatzsteuer nicht erheben zu lassen. Als Kleinunternehmer gilt gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG), wessen Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird.

Schließlich soll nach den Vorstellungen der Kommission ein Umsatzschwellenwert von 100.000 EUR eingeführt werden, ab welchem für grenzüberschreitende Aktivitäten eine Mehrwertsteuerbefreiung in Anspruch genommen werden kann.

Mehr Flexibilität für Mitgliedstaaten

Weiterhin schlägt die Kommission vor, den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der Festsetzung ihrer Mehrwertsteuersätze einzuräumen. So sollen die Mitgliedstaaten zwei ermäßigte Steuersätze zwischen 5 Prozent und dem vom jeweiligen Mitgliedsstaat gewählten Normalsatz sowie einen Satz zwischen 0 Prozent und den ermäßigten Mehrwertsteuersätzen bestimmen können. Weiterhin sollen Mitgliedstaaten einen Mehrwertsteuernullsatz – also eine faktische Mehrwertsteuerbefreiung für eine bestimmte Ware einführen können.

Da die Europäische Kommission mutmaßlich selber einsieht, dass dieses System zu einer höheren Komplexität gerade im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr führen kann, soll eine Positivliste für Waren eingeführt werden, für die in jedem Fall der normale Mehrwertsteuersatz gilt.

Gerade der letzte Teil des Vorschlags wird Anlass zu weitreichenden Diskussionen bieten, denn der vorgeschlagenen Flexibilität für die Mitgliedstaaten steht eine Erhöhung administrativer Lasten für die Unternehmer gegenüber. Ob diese mit den angedachten KMU-Ausnahmemöglichkeiten kompensiert werden kann, bleibt weiterhin fraglich. Denn die angesetzten Freibetragsgrenzen scheinen faktisch lediglich Kleinstunternehmen zu betreffen und werden somit für das Gros des mittelständischen Handels schwer nutzbar sein.

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