Veltmann: "Wieselhuber-Studie irreführend und schädlich für Unternehmen"

Am 31. März wurde in der WirtschaftsWoche über eine Studie der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber Partner berichtet. Danach sollen namhafte Mitglieder des MITTELSTANDSVERBUNDES in einem unterschiedlichen "Bedrohungsgrad" durch den Online-Handel gefährdet sein. Hauptgeschäftsführer Dr. Ludwig Veltmann hat sich in einem offenen Brief an die Verfasser gewandt.

Berlin, 03.04.2014 —"Wäre es nicht bereits am 31. März 2014 in der Presse erschienen, hätten wir es für einen Aprilscherz gehalten!", schreibt der Hauptgeschäftsführer des Spitzenverbandes des kooperierenden Mittelstandes, Dr. Ludwig Veltmann, am 2. April an Dr. Norbert Wieselhuber in einem offenen Brief.

Unter dem Titel "Die rote Liste" hatte die WirtschaftsWoche zwei Tage zuvor über eine Studie der Münchener Unternehmensberatung zur Bedrohung von Handelsunternehmen durch den E-Commerce berichtet. "Online-Angreifern wie Amazon und Zalando haben Deutschlands Einzelhändler wenig entgegenzusetzen", schrieb die WirtschaftsWoche. Die Studie zeige, "wo die Wucht der Veränderungen am stärksten" sei und wen die Abwanderung der Kunden am härtesten treffe. Je nach dem "Bedrohungsgrad" - in der Studie wörtlich "Kill Thrill Index" - wurden die 50 Einzelhandelsunternehmen in einem Ranking aufgeführt, die angeblich am meisten durch Online-Giganten wie Zalando oder Ebay unter Druck gesetzt werden.

In einem offenen Brief kritisiert MITTELSTANDSVERBUND-Hauptgeschäftsführer Dr. Ludwig Veltmann die Studie von Wieselhuber Partner scharf:

"Sehr geehrter Herr Dr. Wieselhuber,

wäre es nicht bereits am 31. März 2014 in der Presse erschienen, hätten wir es für einen schlechten Aprilscherz gehalten! Irritiert und mit großem Unverständnis nehmen wir zur Kenntnis, dass ein namhafter Unternehmensberater gezielt mit einem Ranking eines höchst zweifelhaften und als suggestiv zu bezeichnenden Kennwertes an die Öffentlichkeit tritt. In munterer Abstufung wird dort der angebliche „Bedrohungsgrad“ namhafter Verbundgruppen und Handelsunternehmen mit Verweis auf die „wichtigsten Onlineangreifer“ einer überraschten bis erschrockenen Leserschaft anspruchsvoller Wirtschaftsmedien präsentiert.

Dass der Wettbewerb im Konsumgüterhandel in Zeiten digitaler Märkte und nach jeder möglichen Wertschöpfung greifenden globalen Internet-Giganten an Schärfe zunimmt, ist längst jedem klar. Dass man dem mit strategisch klugen Alternativen begegnen muss, stellt auch niemand in Zweifel.

Als überzeugende Alternative mittelständischer Handelsunternehmen zu marktmächtigen Großunternehmen gilt über Jahrzehnte die überbetriebliche und überregionale Zusammenarbeit, in der gerade die lokale Stärke des einzelnen Händlers gefördert wird. Mit ernsthaften wissenschaftlichen Instrumenten konnte längst nachgewiesen werden, dass in Verbundgruppen kooperierende Unternehmer gegenüber nicht kooperierenden deutlich weniger insolvenzgefährdet sind. Daran ändert sich auch im Online-Zeitalter nichts. Und bei weitem nicht in jedem Falle nehmen Entscheidungsprozesse in Unternehmensgruppen längere Zeit in Anspruch, als in filialisierten Einzelunternehmen. Bei richtiger Aufstellung wird dies nämlich durch die lokale Stärke der einzelnen Unternehmer einer Gruppe mehr als ausgeglichen.

Jeder weiß, dass mit suggestiven Fragen und einer leichtfertigen Interpretation der Antworten, gar als Ranking aufbereitet, verheerende Trugschlüsse möglich sind. Viele der von Ihnen namentlich herausgestellten Verbundgruppen haben den Beweis dafür längst angetreten, dass sie die Existenz und Fortentwicklung ihrer Anschlussunternehmen nachhaltig sichern. Solche Schlüsse lässt Ihre Studie aber nicht zu, da sie nicht einmal differenziert, ob es sich bei den Bewerteten jeweils um Anschlussunternehmen oder die Zentrale einer Verbundgruppe handelt. Eine wie auch immer zu rechtfertigende Kundenbefragung hätte insofern mindestens mit der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage und der Entwicklung der betreffenden Gruppen abgeglichen werden müssen. Ob dies geschehen ist, lässt sich jedenfalls aus der Publikation nicht ersehen. Und einmal kritisch nachgefragt: Welcher einzelne Kunde kann aus seiner Perspektive wirklich zutreffend den „Bedrohungsgrad“ eines Händlers beurteilen?

Kurzum: Gäbe es einen "Seriositätsindex" für Beratungsunternehmen im Handel, wären Wieselhuber Partner spätestens nach dieser Veröffentlichung deutlich abgerutscht. Schließlich sind die Ergebnisse und daraus abgeleiteten Interpretationen nicht nur hinsichtlich der zugrunde gelegten Daten und Fakten höchst zweifelhaft, sondern auch dazu geeignet, Ruf und Ansehen der betreffenden Unternehmen und Marken zu schädigen. Deshalb kann ich derzeit nicht ausschließen, dass die Betreffenden sich rechtliche Schritte vorbehalten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ludwig Veltmann"

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